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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Lieblingstag für Buchhaltung und Bankgeschäfte. Bis gegen Mittag tut sich meist noch was, aber danach hat man Ruhe. Ich habe sonntags eigentlich nur den Laden auf, weil ich sonst vor Langeweile eingehen würde. Komm also mit ins Büro, setz dich und trinke einen Kaffee. Ich habe dein Zeug schon geholt,“ zeigte er auf ein Tresorfach, wie sie in Bankschließfächern verwendet werden.
    Er wollte mir kein Angebot für den Schmuck machen. „Jon, ich müsste dich beleidigen. Ich kaufe das Zeug für ungefähr ein Viertel seines Handelswertes. Wer seinen Familienschmuck ins Pfandhaus trägt, holt ihn meist wieder. Und ein Pfand löst hier einen solchen Papierkrieg mit Polizei und Finanzamt aus, dass sich ein gewöhnliches Pfandleihgeschäft kaum lohnt. Interessant wird es erst, wenn mir das Pfand verfällt. Dann kann ich ein paar Dollar verdienen. Und du hast doch einen Notverkauf nicht nötig. Also behalte das Zeug als schnell konvertible Sicherheit. Soll es deine Freundin tragen, oder Frau, wenn du eine hast.“
    „Meinetwegen. Stimmt, der Billigverkauf muss nicht sein. Aber ich brauche deine Hilfe bei einer anderen Sache. Ich muss Geld ins Ausland transferieren, und ich kann meine Bank damit nicht beauftragen.“ Abgesehen davon, dass ich keine hiesige Bankverbindung hatte. Was ihn ja nichts anging.
    Er stand auf, schaltete den Ventilator ein, der sofort ein Mordsradau veranstaltete. Hustete, schliff, keuchte und wimmerte einen hohen, gleichbleibenden Ton, sobald er seine Arbeitsdrehzahl erreicht hatte. Dann drehte Wong noch den Fernseher auf.
    „Was willst du wann wohin schicken? Und etwa wie viel? Keine genaue Zahl, sondern nur einen Anhaltspunkt.“
    Ich schätzte, dass es einige Hunderttausend Dollar sein würden, die ich irgendwo ins westeuropäische Ausland schicken würde. Bald, in einer Woche oder so.
    „Kein Problem. Kostet dich fünfzehn Prozent, ist hundertprozentig papierlos und sicher, du kannst hier einzahlen und das Einbezahlte minus Provision zehn Minuten später am Bestimmungsort abholen oder abholen lassen. Wenn du soweit bist, lasse mich wissen. Am besten spätabends, gegen Mitternacht. Dann ist es früher Morgen in Europa, und du kannst das Geschäft sofort abschließen.“
    Gut. Ich würde die Sache vorbereiten und ihm Bescheid geben. Wir schüttelten wieder markig, wie üblich, verzichteten jedoch auf die rassistischen Scherze. Weder er noch ich hatten wohl den Magen dazu.
    Erst nach Santa Maria runter, ein paar Sachen einkaufen, dann wollte ich noch mal an der Morenokneipe vorbei, nur aus Neugierde, und über Cuyama und Carrizo Plain nach Cornwall, zurück zu den Nazis.
    Einen stabilen Spaten holte ich, eine Packung extrastarker Plastikbeutel für Gartenabfälle, kaufte einige Meter dickes Kunststoffseil und eine feste Plane. Die Morenobude stand noch immer da, wie ich sie zuletzt sah. Ein paar Autos vor der Kneipe, ansonsten schien das Anwesen ausgestorben. Ich fuhr weiter auf den Berg, hielt an meiner alten Eiche noch mal an, aber eher aus Nostalgie, denn ich hatte kein Fernglas dabei und sah außer Dunst an diesem heißen Tag nicht viel. Dann fuhr ich weiter nach Cuyama. Bei Rodriguez hielt ich kurz und sagte Guten Tag, erkundigte mich nach dem Häuschen – „alles bestens, Chef. War niemand da, hat sich keiner erkundigt“ – und fuhr ins Carrizo Plain.
     
    Das verunfallte Auto mit den drei Leichen war weg. Ich schätzte, dass es entweder von den Perezmenschen geholt wurde, oder dass irgendjemand draufgestoßen war und die Bullen anrief. Obwohl das weniger wahrscheinlich war, denn die Cops sind immer gern bereit, den Medien solche Funde zu melden. Es soll Belohnungen für derartige Tipps geben, und es soll sogar Bullen geben, die sich Geld zustecken lassen.
     
    Meine Stelle unter den Bäumen war noch immer unberührt. Meine kleine Schatzinsel, meine Wüstenbank. Ich wartete ein Viertelstündchen, saß unterm Baum und tat, als würde ich lesen, aber kein Mensch ließ sich blicken. Also begann ich, mit dem Spaten den Dreck über den Kohlekisten auszuheben.
    Zehn Minuten später lagen sie da, mit silberglänzender Klebefolie abgedichtet, und als ich die Folie am Deckelrand schnitt, sah ich die vielen Greenbacks wieder, die ich Jahre zuvor auf dem Hügel unten im Tal zweimal gezählt hatte.
    Siebenhundertsechsunddreißigtausend Dollar mussten es noch sein. In Plastikfolie eingewickelt, die Folie doppelt und dreifach gebördelt und gefaltet, damit ja keine Feuchtigkeit drankommt und uns

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