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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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jedenfalls an, dass es die gleichen Typen waren. Macmillan und sein Kollege.
     
    Ich hörte nichts, ich sah nichts, ich bewegte mich so wenig wie möglich, denn ich wollte nicht riskieren, dass einer im Haus war und hochschaute. Sicher zwanzig Minuten lag ich da und fing schon an, mich zu langweilen. Mein Bein juckte, ich bekam von der Sonne allmählich einen heißen Hinterkopf und ich schwitzte. Das Gras roch nach Erde und Vieh, die Vögel zwitscherten und eine Kuh erzählte der anderen was. Da ging die Tür zu Bobbys Werkstatt auf und Macmillan trat heraus. Der Baum vorm Haus verdeckte ihn teilweise, doch er hielt etwas in der Hand und starrte es an. Als er sich umdrehte, sah ich eine Kladde. An der oberen linken Ecke zusammengeheftete Blätter, die er sorgfältig las. Er machte Notizen im Text – es sah aus, als korrigiere er. Dann schaute er unvermittelt zu mir hoch und winkte.
     
    Verdammt! Der hatte die ganze Zeit gewusst, dass ich da bin. Und wo ich bin. Scheiße. Meine Backen glühten; ich schämte mich wie schon lange nicht mehr. Was bleibt dem Ertappten als schwach die Hand zu heben und zurückzugrüßen? Er lächelte, winkte mir, ich solle runterkommen, und ging in die Werkstatt zurück.
     
    Natürlich bin ich wieder heruntergeklettert. Als ich die Werkstatt betrat, saßen beide am langen Tisch und schauten zur Tür. „Mann", log ich los, „wenn ich gewusst hätte, dass Sie das sind.“
    Er war schnell. „Halt´s Maul. Setz dich. Erzähle keine Scheiße. Mein Boß, Mister Hartman,“ stellte er vor, und der etwas korpulente Boß nickte über den Tisch hinweg.
    „Zeig her, die Fleppe", verlangte Macmillan und hielt die Hand auf. Ich hatte das Zeug natürlich im Zimmer, also tat ich erstaunt. „Fleppe?“
    Macmillan war immer noch der Alte. Es klatschte, als er mir eine runterhaute. Ich sah Sternchen. Er wiederholte sich. „Gib her.“ Ich ging rüber zum Nachbarhaus und holte den Packen.
     
    Sie schauten die Papiere interessiert an, schoben sich gegenseitig Dokumente aus meiner Mappe zu und schienen sehr beeindruckt. Mich hatten sie vergessen.
    „Hol die Festplatte,“ verlangte Macmillan auf einmal.
    „Hab ich nicht mehr", sagte ich, und ehe er wieder zuschlagen konnte, erzählte ich, dass ich sie gestern Abend beim Spaziergang von der Klippe geworfen hatte. Hätte er wohl auch gemacht, denn er glaubte es mir. „Warte draußen", verlangte er knapp, ohne mich anzuschauen. Ich ging hinaus. Der Höhleneingang war nur fünfzig Meter entfernt. Ich schlenderte hinüber, schaute noch mal zurück, aber niemand war zu sehen.
     
    Wir hatten gerade Flut. Die Jolle lag noch da, mit dem Heck im Wasser. Ich nahm an, dass ich jetzt problemlos aufs Meer käme. Ein zusammensteckbares Ruder lag im Boot. Ich fügte die beiden Teile ineinander, prüfte, ob sie auch hielten, schob das Boot ins Wasser und ruderte zur Höhlenöffnung. Als ich sie erreichte, ließ ich den Außenborder an. Der machte zwar einen Höllenlärm, zog aber sofort los. Zwanzig Meter draußen, hinter den Brechern, drehte ich mich um und sah die beiden Cops zum Strand laufen. Ich winkte zum Abschied.
    Als ich den Knall vernahm, duckte ich mich, aber das hat bekanntlich wenig Sinn. Wenn einer zielen kann, ist man vorm Bücken schon längst tot, und wenn nicht, macht man sich so klein wie eben möglich und haut weiterhin ab.
     
    Ich blieb ein paar hundert Yards von der Küste aus der Reichweite der Polizistencolts. Der Flautenschieber ermöglichte keine Geschwindigkeitsrekorde, aber ich musste wenigstens nicht rudern. Hinterm Leuchtturm drehte ich das Boot nach Süden und fuhr parallel zum Strand, bis ich kurz vor San Simeon meine beiden Freunde sah.
    Sie ließen mächtig hängen, als ich mit dem Kurzbericht fertig war. „Siehste?", wollte Bobby von seinem Partner wissen. „Hab ich nicht immer gesagt, wir sollten das Geschäftliche woanders erledigen? Habe ich dich nicht immer gebeten, keinen ins Haus zu lassen? Und du weißt wieder mal alles besser. Gute Leute, liebe alte Freunde, heißt es dann immer, und wenn sie noch so geierhaft daherkommen. Liebe alte Freunde, my ass! Jetzt haben wir das Theater!“ Er schaute zu mir. „Du brauchst dir keine Sorgen machen. Die haben zwar deine schönen falschen Papiere, aber finden werden die nichts. Ist alles gelöscht, jede Spur ist weg.“ Wenn Macmillan fragte, woher ich die Fälschungen hatte, durfte ich ihm also irgendeinen Bären aufbinden. Die beiden Rentner hatten wohl Grund, auf der Hut zu

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