Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
andererseits meldete sich auch unser schlechtes Gewissen.
Die noch verbliebenen Kneipengäste teilten sich in zwei Gruppen auf. Eine Mannschaft lief an das Ende des Dorfes von Klösterle Richtung Bludenz, die andere auf Stuben zu. Ich war bei der Letzteren, und wir passierten natürlich irgendwann jene Stelle, an der Max und ich im hohen Bogen über die Mauer geflogen waren. Mitsamt dem Auto, das dort unten im Schnee lag. Ich hielt schön meinen Mund, und wir suchten weiter …
Die nächtliche Suchaktion blieb – dank mir – erfolglos, und ich war wahnsinnig froh, dass der Neuschnee alle verräterischen Spuren verdeckte. Darauf genehmigten wir uns noch etliche Biere und Schnäpse und machten uns schließlich zu Fuß auf den Weg nach Stuben. Zwei geknackte Autos in einer Nacht wäre auch für mich zu viel gewesen. Wir kamen nur mühsam voran und brauchten für die fünf Kilometer ein paar Stunden, was aber nicht nur am Tiefschnee lag.
Im Morgengrauen lag ich endlich erleichtert in meinem warmen Bett, Klösterle und das demolierte Auto waren weit weg, und ich schlief meinen Rausch aus. Doch bei Tageslicht wurde das Cabriolet entdeckt, und im Laufe des Tages hatte sich die Geschichte vom gestohlenen Auto auch bis hinauf nach Stuben rumgesprochen. Mein Ruf war zu dieser Zeit schon so etabliert, dass es nicht lange dauerte, bis man mich verdächtigte. Besonders mein Bruder Anton war davon überzeugt, dass ich mal wieder meine (Lang-)Finger im Spiel hatte: »Willi, gib ruhig zu, dass du den Wagen gestohlen hast.« Ich blieb eisern: »Wieso soll ich etwas zugeben, das ich nicht getan habe? Ich habe nichts damit zu tun!« Aber er glaubte mir nicht: »Sag, dass du es warst! Ich komme auch für den Schaden auf.« Er war gerade aus Australien zurückgekehrt, wo er zwei Jahre zuvor die erste österreichische Skischule am Mount Hotham im Bundesstaat Victoria eröffnet hatte. Geld hatte Anton während dieser Zeit genug verdient, damit wollte er die Geschichte einfach, schnell und reibungslos aus der Welt schaffen. Eine nette Geste, aber ich war damals für derartiges Wohlwollen leider nicht empfänglich.
Ich blieb bei meiner Aussage: »Ich kann doch nicht sagen, ich habe das Auto gestohlen, wenn ich es nicht gestohlen habe!« Max und ich hatten geschworen, den Mund zu halten. Und so konnte uns auch keiner auf die Schliche kommen. Großes Indianerehrenwort.
Die Tage vergingen, der Verdacht blieb, aber beweisen konnte man uns nichts. Ich ging also wieder zur Tagesordnung über. An einem Samstagabend, das VW -Cabriolet hatte ich längst vergessen, fuhr ich nach der Arbeit in Bregenz mit dem Zug nach Langen, um von dort mit dem nächsten Autobus nach Hause zu kommen, als plötzlich Toni, ein Polizist, vor mir stand. Ohne große Erklärung nahm er mich mit aufs Revier. »So, Willi, jetzt kannst du den Autodiebstahl endlich zugeben. Maxl hat nämlich gestanden.« Ich fiel aus allen Wolken: »Das darf doch wohl nicht wahr sein!« Da hatte der Mistkerl uns trotz Schwur verraten. Was blieb mir jetzt noch anderes übrig? »Gut, okay, wir waren es.« Da hatte Toni sein Geständnis. Der Polizist feixte. Der alte Trick hatte mal wieder funktioniert, Max war nämlich nie befragt worden und hatte folglich auch gar nichts gestanden. Ich schäumte vor Wut, weil ich mich hatte reinlegen lassen.
Den Schaden von 22 000 Schilling teilten sich meine Eltern und Maxls Onkel, denn Eltern hatte mein Spezi leider keine mehr. 11 000 Schilling für jeden von uns, das war damals ungeheuer viel Geld. Ob ich aus der Geschichte etwas gelernt habe? Nicht das Geringste, ich machte munter weiter. Leider war aber auch bei jeder Katastrophe klar, dass ich es war …
Freundschaftsdienst
Die Leidenschaft für Autos und Motorräder sollte mir in meinem Leben noch oft zum Verhängnis werden – und es blieb nicht immer bei einem harmlosen, wenn auch kostspieligen Blechschaden. Da ich aber nicht nur Flausen im Kopf hatte, sondern auch immer, sommers wie winters, fleißig arbeitete, konnte ich mir so manches Spielzeug leisten. Mittlerweile besaß ich sogar einen Führerschein, was für ein Fortschritt.
Nach einem harten Arbeitstag kehrte ich auf ein Gläschen ins Gasthaus »Berghaus« ein. An der Theke traf ich Hannelore und Max. Wir drei waren die einzigen Gäste, viel war also nicht los, und so schlug Max vor, nach Klösterle zu fahren. Wir hatten uns lange nicht gesehen und viel zu erzählen. Auch Hannelore gefiel die Idee eines Lokalwechsels, und so zahlten
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