Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
Pechvögel hatten ein Auto mit Sommerreifen geklaut! Zum Glück kam Herbert, ein guter Freund, zufällig vorbei, er half uns, den Wagen anzuschieben, und schon waren wir auf dem Weg nach Hause. Die Fahrt führte uns zunächst drei Kilometer rauf nach Oberlangen. Das Auto mühte sich redlich, aber an einer Stelle war es extrem steil und zu glatt, wir hatten keine Chance. Lauft mal mit Sommersandalen eine vereiste Piste hoch! Die Räder rotierten erneut, der Wagen brach aus, und wir rutschten zurück. Nach mehreren Versuchen änderte ich meinen Plan. »Wir kehren um und stellen das Auto wieder dort ab, wo wir es entwendet haben.« So als wäre nichts geschehen.
An guten Vorsätzen hat es mir nie gemangelt, doch so einfach war das natürlich nicht. Ich konnte zwar Motorroller, Motorräder und Autos in Sekundenschnelle kurzschließen, aber im Schnee fehlte mir eindeutig Fahrpraxis. Vor allem aber fehlte mir ein Führerschein. Und dem Auto Winterreifen. Hier mangelte es also an allem. Vor Klösterle, in einer Rechtskurve, passierte es dann: Max und ich fuhren mit dem schönen Cabrio einfach weiter geradeaus in eine Schneewand. Glücklicherweise waren wir nicht so schnell unterwegs gewesen. Ich bat Max nachzuschauen, wie groß der Schaden war, und er lief schnell um den Wagen herum und rief: »Halb so schlimm, nur der Kotflügel ist leicht eingedrückt.« Also aus unserer Sicht ein Bagatellschaden, wir fuhren weiter. Es war eben nur ein Kotflügel leicht beschädigt, der andere war ja noch heil, und so schnell gaben wir beide nicht auf. Die wilde Fahrt ging weiter bis zur nächsten Linkskurve. Ich hatte dazugelernt und wollte das Lenkrad einschlagen. Dummerweise ging das nicht, was vermutlich mit dem verbeulten Kotflügel zusammenhing, und wir landeten erneut im Schnee. Diesmal schaute ich mir das Dilemma selber an, ich stieg aus und sah, dass nun auch der andere Kotflügel hinüber war. Da ich aber schon immer handwerklich begabt war, nahm ich kurzerhand vorlieb mit dem mir zur Verfügung stehendem Werkzeug: Am Straßenrand standen Schneestangen, die im Winter vom Landesstraßenbauamt aufgestellt werden, damit sich die Fahrer der Räumfahrzeuge am Straßenverlauf orientieren können. Ich schnappte mir eine und drückte damit die Dellen aus den Kotflügeln heraus. Und schon war alles wieder in bester Ordnung!
Gut gelaunt gab ich Gas, und wir sausten volles Rohr den Berg runter Richtung Klösterle. Wie gesagt, es lag viel Schnee, und ich war nicht gerade ein Ass hinter dem Steuer. Das Auto geriet bei vollem Tempo mit seinen »Sandalen« ins Schleudern, ich fuhr erst rechts an die Schneewand, dann schleuderte ich nach links, flog über eine zwei Meter hohe Mauer, und wir landeten genau auf dem Dach. Diese Erschütterung versetzte meinem Gehirn offenbar den dringend benötigten Impuls: Mir wurde schlagartig bewusst, was wir gerade für einen Mist anstellten. Auto geklaut, Totalschaden, betrunken und ach ja: keinen Führerschein. Zum ersten Mal an diesem Abend bekam ich es mit der Angst zu tun: »Da brauche ich gar nicht mehr heimkommen, der Papa erschlägt mich!« Jammernd kroch ich aus dem Wrack heraus und stellte erstaunt fest, dass sämtliche Knochen heil geblieben waren. Aber meine Nerven waren am Ende. Max beruhigte mich: »Na, na, Willi, das ist kein Problem, das hat niemand gesehen!«
Damit hatte er eindeutig recht. Erstens war es spät am Abend, und zweitens tat uns der gerade einsetzende, leise rieselnde Schnee einen großen Gefallen und deckte sämtliche Spuren gnädigerweise zu. Im Nu war nichts mehr zu sehen. Mutterseelenallein in dieser kalten Unglücksnacht liefen wir zu Fuß nach Klösterle, an unseren Ausgangspunkt zurück, die Gastwirtschaft. Schweigend stampften wir durch den wunderbaren Pulverschnee, froh mit ein paar blauen Flecken davongekommen zu sein. Das schöne VW -Cabriolet lag einsam und verlassen vollkommen zerdeppert an einem Abhang kopfüber im Schnee.
Endlich in der warmen Gaststube angekommen mussten wir uns auf den Schreck erst mal einen ordentlichen Schluck genehmigen. Wir hätten das Ganze so gerne vergessen, aber dummerweise kam plötzlich der Besitzer des Autos aufgeregt hereingestürzt: »Mein Auto ist weg!« Er war vollkommen aufgelöst, verständlicherweise. Wir hatten unseren kleinen Ausflug mit Hilfe von ein paar Schnäpsen erfolgreich verarbeitet und waren schon wieder zu Scherzen aufgelegt: »Wir helfen dir suchen!« Das war einerseits typisch für meine Unverfrorenheit, aber
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