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Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Titel: Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Mathies
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die Büroarbeiten kümmern konnte. Gefeiert wurde bei uns nach wie vor, aber ich war nun nicht mehr der Letzte, auch die nächtlichen Dorfrunden nahmen ab. Schließlich musste ich als Leiter der Skischule am Morgen für einen reibungslosen Ablauf sorgen, und mittlerweile war der Andrang so groß, dass ich von Jahr zu Jahr mehr Skilehrer beschäftigte. Es herrschte Hochbetrieb, eine enorme Herausforderung für mich, aber trotz allem war es eine wunderbare Zeit. Der Wunsch nach mehr Ruhe in meinem Leben war zwar nicht in Erfüllung gegangen, aber die neue Position disziplinierte mich, und das war aufgrund der großen Verantwortung auch dringend geboten.
    Kollateralschaden
    Schon bald nachdem ich Skischulleiter geworden war, wurde ich auch ins Lawinenkomitee der Lifte und Straßen aufgenommen. In Stuben waren wir drei Personen, die bei akuter Lawinengefahr (wird vom Bürgermeister und der Polizei ausgerufen) dafür zuständig waren, die Straße und Lifte zu sperren. Sollten die Witterungsverhältnisse es zulassen, werden die Lawinen gezielt gesprengt. Das ist der Idealfall, aber es kann auch mal ins Auge gehen.
    In einem Winter hatte es extrem viel Schnee gegeben. Die Dächer hatten dicke Wattehauben, die Landschaft unter ihrer meterhohen Schneeschicht sah märchenhaft aus. Unsere Gäste freuten sich jeden Tag aufs Neue auf wunderbar präparierte Pisten. Dann sanken plötzlich die Temperaturen, und es fing an zu regnen.
    Regen war so ziemlich das Letzte, was man in einem Skiurlaub gebrauchen konnte. Ein paar Unverwüstliche standen auch bei strömendem Regen auf den Brettern, aber die meisten Urlauber überbrückten den Tag mit Ausflügen nach Bludenz oder faulenzten, in der Hoffnung, dass es bald vorbei sein würde.
    Doch auch am nächsten Tag hingen dicke dunkle Wolken über dem Arlberggebiet, die Klimascheide, mit ihren von Norden und Süden aufeinandertreffenden Luftmassen, machte uns einen Strich durch die Rechnung. Auch am Abend prasselte der Regen unaufhörlich vom Himmel herunter. Nun kam neben frustrierten Gästen ein zweites Problem auf uns zu: Lawinengefahr, denn auch in höheren Lagen bis zur Mittelstation gefror der Regen aufgrund der milden Temperaturen leider nicht. Der nun nasse Schnee wurde immer schwerer und drohte die Hänge hinabzurutschen. Als auch am dritten Tag kein Ende des Tiefs in Sicht war, beschloss das Lawinenkomitee eine Sprengung. Mein Kollege Sepp war Sprengmeister und Chef der Lawinenkommission der Lifte. Mit dem Sessellift ging es bis zur Mittelstation, wo wir die Munition vorbereiteten.
    Von dort oben hatten wir einen viel besseren Überblick über die prekäre Situation, die Hänge hingen voll mit klitschnassem Schnee. Ich zeigte ringsum auf die Hänge und sagte: »Die müssen alle abgesprengt werden.« Sepp war meiner Meinung.
    »Der Schnee ist komplett durchgenässt, es wäre viel zu gefährlich, nichts zu unternehmen.« Aber es hatte aufgehört zu regnen, mittlerweile schneite es auf der Mittelstation. Die erste Sprengladung schossen wir gleich unterhalb der Liftstation in den Hang. Da die Fläche groß und die Schneemassen gewaltig waren, entschieden wir uns für eine ziemlich große Ladung. Mit einem ohrenbetäubenden Knall, den man noch kilometerweit hörte, explodierte das Dynamit im Schnee, doch es löste sich kaum etwas. Sepp und ich setzten unsere Arbeit fort und fuhren mit Skiern und Rucksack, gefüllt mit Dynamit, Richtung Passage und zündeten erneut einige Sprengsätze. Natürlich machte diese Arbeit auch insgeheim Spaß, besonders mir, der ich ja schon immer den besonderen Nervenkitzel liebte. Hätte man mir als Jugendlichem Dynamit in die Hände gegeben, sämtliche Schneebretter an allen Hängen rund um den Arlberg wären zu Tal gegangen. Ein leichtsinniger Umgang mit den Sprengsätzen wäre mir natürlich nun nicht mehr in den Sinn gekommen, aber eine gewisse kindliche Freude hatte ich dennoch daran, wenn ich sah, wie die weißen Massen mit einem ordentlichen Getöse den Berg hinabdonnerten.
    Als wir an der Ziehwegabfahrt Richtung Stuben ankamen, wollten wir noch einmal sprengen, doch da sahen wir, dass die Lawine bereits abgegangen war. Wir vermuteten, dass sie durch die Erschütterung vom ersten Schuss auf der Mittelstation ausgelöst wurde, und trauten unseren Augen kaum. Bis zu 12 Meter hoch türmten sich dort unten im Rauztobel die Schneeberge, teilweise bis zur Albona-Talstation. Ein Starkstrommast war komplett weggerissen. (Was das für fatale Folgen hatte,

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