Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)

Titel: Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Mathies
Vom Netzwerk:
erfuhren wir aber erst später.) Wie konnte das passieren? Unterhalb des Hanges, den wir auf der Mittelstation gesprengt hatten, war wohl durch die gewaltige Vibration ein weiterer Hang gebrochen – eine Art Dominoeffekt. Sepp und ich waren erschüttert. Alles sah vollkommen verwüstet aus. Davon hatten wir dort oben nichts mitbekommen. War die Sprengladung zu stark gewesen oder die Schneemassen zu schwer? Mein Kollege bekam es mit der Angst zu tun: »Willi, jetzt werden sie uns einsperren!«
    Tatsächlich mussten Sepp und ich schon kurze Zeit später bei der Polizei Rechenschaft ablegen. Doch wir hatten uns nichts vorzuwerfen: »Wir haben weiter oben in der Mittelstation geschossen, das war ein unglücklicher Unfall!« Die Polizei glaubte uns, niemals hätten wir in Talnähe einen Hang gesprengt.
    Die Auswirkungen dieser »kontrollierten Lawinensprengung« waren immens: Die Nobelskiorte Zürs und Lech waren tagelang ohne Strom. Man sprach von einem Schaden von über fünf Millionen Schilling. Bis die Hotels ihre Notstromaggregate aktiviert hatten, saßen die Gäste im Dunkeln. Die Versorgung kam teilweise zum Erliegen.
    Aber glücklicherweise besserte sich wenigstens das Wetter. Die Lawine wurde von den Pistengeräten plattgewalzt, und irgendwann brannte in unseren Nachbarorten wieder das Licht. Und auch wenn mich nun ausnahmsweise wirklich keine Schuld traf, lautetet die einhellige Meinung: typisch Willi! Eine so brutale Lawinensprengung mit katastrophalen Folgen konnte ja nur mir passieren. Dementsprechend waren die Reaktionen im Dorf. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Die Wintersaison nahm ihren Lauf, und die Lage normalisierte sich schnell wieder, aber Sepp und mir saß noch lange der Schreck in den Gliedern.
    Eine Nacht- und Nebelaktion
    Die Lawinengefahr bereitet uns häufig schlaflose Nächte. Unser kleines Dörfchen wurde in der Vergangenheit schon oft von den mörderischen Schneemassen heimgesucht. Lawinenverbauungen rund um Stuben sollen das Schlimmste verhindern, aber leider passiert es immer wieder.
    An jenem Abend stand ich lange hinter der Theke, unsere Gäste wollten mal wieder nicht ins Bett, sondern die Zeit totschlagen, denn sämtliche Abfahrten sowie die Straße waren schon am Nachmittag wegen Lawinengefahr gesperrt worden. Auch morgen brauchten sie nicht früh aufzustehen, die Gefahr war noch nicht gebannt. Doch nun leerte sich der Gastraum allmählich. Nachdem auch meine Mitarbeiter heimgegangen waren, löschte ich die Lichter, stieg die Treppe nach oben und freute mich auf meinen wohlverdienten Schlaf. Ich hatte gerade die Wohnung betreten, da klingelte das Telefon. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Schnell nahm ich den Hörer ab, und binnen ein paar Sekunden war ich wieder hellwach. Die Polizei informierte mich über ein Lawinenunglück am Lüftungsschacht (Albona), von dort sei ein Notruf eingegangen. Der Schacht wurde als Be- und Entlüftungsanlage für den sich damals im Bau befindlichen Arlbergstraßentunnel errichtet. Mir war er gut bekannt, denn in jenem Sommer hatte ich mit dem LKW zig Fuhren Sand dort hinaufgefahren. Auch die Arbeiter, die dort oben in einer Wohnbaracke hausten, kannte ich, und die waren jetzt in größter Gefahr, denn die Lawine – so hieß es – habe viele Menschen unter sich begraben. Doch das Wetter ließ einen Rettungseinsatz mit Helikopter nicht zu.
    Ich klingelte Sepp aus dem Bett, um kurz Rücksprache mit ihm zuhalten, dann erklärte ich mich bereit, mit dem Sessellift bis zur Mittelstation hinaufzufahren. Eigens für diese Aktion wurde der Lift zu dieser späten Stunde in Betrieb genommen. Es war bewölkt, und dichter Nebel hing an den Berghängen.
    Oben angekommen schnallte ich mir Skier mit Fellen unter, und es ging zu Fuß weiter bis zum Schacht. Mein Atem bildete weiße Wölkchen in der Dunkelheit. Mit dem Funkgerät hielt ich die ganze Zeit Kontakt zu Sepp, der Aufstieg war mühevoll und anstrengend. Es dauerte sicher zwei Stunden, bis ich von weitem das erste Wehklagen hörte. Einzelne aufgeregte Stimmen und Wortfetzen wehten zu mir herüber, und der Himmel klarte ein wenig auf. Dazwischen Jammern und Schreie. »Das hört sich nicht gut an, wir brauchen hier oben Hilfe.«
    Ich gab Sepp die Meldung durch, dass das Wetter besser würde, und bat ihn sogleich, er möge den Hubschrauberpiloten Hans verständigen. »Er kann die Unglücksstelle über St. Christoph anfliegen.«
    Ich hoffte, dass sich bald ein paar meiner Kollegen

Weitere Kostenlose Bücher