Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
durcheinanderbrachte. Die Handwerker kämpften gegen Kälte,Frost und den Haderer, ein extrem kalter Wind in den Alpen, zudemschneite es unaufhörlich.
Im Dezember arbeiteten wir fast Tag und Nacht, denn am 24. wollten wir – wie es schon seit Jahren Tradition war – gemeinsam mit unseren Hausgästen und den Skilehrern, die nicht zu ihren Familien nach Hause konnten, den Heiligen Abend feiern. Am 22. Dezember sollte die Bauabnahme stattfinden, und nachdem die erfolgreich über die Bühne gegangen war, legten wir uns mächtig ins Zeug damit am folgenden Tag alles fix und fertig wurde.
Unsere Hausgäste, die schon seit 15 Jahren bei uns Urlaub machten, waren erleichtert, denn sie konnten am 24. Dezember alle ihre Zimmer beziehen. Jeder weiß, wie enttäuschend es ist, wenn der nach vielen Jahren liebgewonnene Urlaub und die damit verbundenen Rituale aus irgendeinem Grund plötzlich ausfallen. Diese Enttäuschung wollten wir unseren Gästen ersparen, für die dieser Abend meist der Auftakt zu einem schönen Winterurlaub in Stuben war.
Im frisch renovierten »Pilsstüble« deckten wir die große Tafel, an der bis zu 25 Personen Platz nahmen. Darunter etliche österreichische Skilehrer, aber auch Kollegen aus Australien und Argentinien. Sie alle waren froh, den Heiligen Abend nicht alleine in ihrem Zimmer oder einsam in einer Bar verbringen zu müssen. Und auch das Christkind beschenkte sie, denn die Skilehrer gehörten zur Familie. Das war unser Weihnachten, ein gemütliches Fest im engsten Familienkreis, wie die meisten Menschen es feiern, gab es bei uns nicht, denn die Weihnachtszeit war für uns nie ruhig und besinnlich. Dennoch habe ich schöne Erinnerungen daran. Meist bereitete Edeltrud ein leckeres Fleischfondue mit zahlreichen Saucen zu, und wir alle saßen lange um den großen Tisch herum, tauchten die Gabeln mit dem Fleisch in das heiße Fett und erzählten uns Geschichten. Natürlich gingen dabei auch mehrere Flaschen Wein und Bier zur Neige.
Draußen schlief das Dorf unter einer dicken weißen Schneedecke, am Himmel funkelten die Sterne, und in unserer warmen Stube sah man nur strahlende glückliche Gesichter. Der Heilige Abend endete immer in einer großen Party, denn nach Bescherung und Abendessen gesellten sich noch andere Gäste aus den Hotels und Ferienwohnungen hinzu. Für viele hatte der Urlaub gerade erst begonnen, sie freuten sich auf die verdiente Erholung, ihren Spaß und vor allem Schnee. (Davon sollten sie noch mehr bekommen, als ihnen lieb war!)
Für Edeltrud und mich dagegen war keine Verschnaufpause in Sicht. Hinter uns lagen anstrengende Monate, verbunden mit harter körperlicher Arbeit und großem Nervenstress, denn lange Zeit war unklar, ob wir die Wintersaison pünktlich beginnen konnten. Und vor uns lagen jetzt die arbeitsintensivsten Monate des Jahres. Alle Übergänge waren fließend, von einer Saison zur nächsten, eine klare Trennung zwischen Pflichterfüllung und Feierabend gab es nicht. Doch trotz der Erschöpfung waren wir sehr stolz auf unser umgebautes »Pilsstüble«, das vollste Zustimmung fand, und auf uns, dass wir es geschafft hatten, unseren Gästen ein schönes Weihnachtsfest zu bereiten. Selbst das Wetter war auf unserer Seite und schenkte uns bis Ende Januar viel Schnee, optimale Verhältnisse und zufriedene Urlauber. Aber das Blatt wendete sich …
Ein ungebetener Gast
Es begann noch einmal heftig zu schneien, für unseren Geschmack war das nicht nötig, wir hatten ja genug Schnee. Während draußen dicke Flocken aus einem grauen Himmel fielen, vergnügten wir uns mal wieder im »Pilsstüble«. Aber am nächsten Morgen verhieß der Blick nach oben nichts Gutes: Es schneite unaufhörlich, und der Wetterbericht hatte auch keine guten Neuigkeiten. Die Schneeberge am Straßenrand wurden von Stunde zu Stunde höher, die Schneemassen auf den Dächern türmten sich, und es sah so aus, als würden sie jeden Moment herabstürzen. Einige unerschütterliche Skifans fuhren weiterhin auf den Berg, andere hofften auf Wetterbesserung.
Schon morgens erkundigten sich die Leute bei mir in der Skischule, wann es endlich aufhören würde. Aber es war kein Ende in Sicht, und so beschlossen wir mal wieder den Notfallplan: Straße und Lifte sperren. Nun trat jene gespenstische Stille im Ort ein, die manche als Faszination, andere als Beklemmung empfinden. Ich schlüpfte in die Rolle des Entertainers und vertrieb den mittlerweile frustrierten Gästen die Zeit, was jedoch von Tag zu
Weitere Kostenlose Bücher