Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
nicht lange schneefrei, und so fieberten alle Biker dem Tag entgegen, an dem es wieder losging. Kein Wunder also, dass wir Pläne schmiedeten, wo unsere nächsten Ausflüge hingehen sollten. Es gab viele schöne Vorschläge, doch wir einigten uns auf Sardinien, denn dazu gab es einen besonderen Anlass: Thomas, ein ausgezeichneter Pilot und ehemaliger Aushilfsskilehrer meiner Skischule, war in Sardinien mit dem Flugzeug tödlich verunglückt. Ihm zu Ehren wollten wir an der Unglücksstelle ein Gedenkkreuz aufstellen und seinem Vater damit einen Wunsch erfüllen. Abgesehen von unserem traurigen Auftrag, freuten wir uns dennoch auf dieses Bikerparadies.
Die italienische Insel Sardinien ist mir besonders ans Herz gewachsen, sechsmal war ich mit meiner Gold Wing dort und habe den größten Teil des Eilandes schon abgefahren. Auf einer Küstenlänge von 1848 km gibt es Kurven (ich stehe eben auf Kurven aller Art) und Serpentinen mit atemberaubendem Panorama, hier findet man extreme Pässe, lange Geraden und hügelige Strecken, also alles, was das Bikerherz begehrt. Und auch auf meine geliebten Berge muss ich hier nicht verzichten, denn die Punta La Marmora, mit 1834 Meter der höchste Punkt der Insel, ist auf jeden Fall einen Ausflug wert.
Wir beschlossen, Ende Juni eine Woche in Sardinien zu verbringen. An einem verregneten Samstag in aller Herrgottsfrüh fuhren wir (14 Personen, acht Motorräder und ein Auto) los Richtung Genua in Norditalien, ich mit meiner 1500er Gold Wing, übrigens dieselbe treue Seele, die mich auch durch Amerika begleitet hatte.Knapp 500 Kilometer lagen auf dieser ersten Etappe vor uns, aber diese Motorradtouren bedeuteten Urlaub von Anfang an. Schon die Reise war ein Genuss.
In Genua angekommen lenkten wir unsere in der Tat »heißen Öfen« gegen 18 Uhr auf die Fähre, um nach Sardinien überzusetzen. Nun lagen 450 Kilometer Mittelmeer vor uns. Das Wasser glitzerte in der Sonne, unsere Maschinen kühlten aus. Nach ein paar erfrischenden Getränken und etwas fester Nahrung betrachteten wir den wunderschönen Sonnenuntergang. Welch melancholische Stimmung. Rasch telefonierte ich noch mit meiner Frau, wünschte ihr eine Gute Nacht, und dann ging es ab in die Kajüte zum wohlverdienten Schlaf.
In der Früh erblickte ich in der Ferne Sardinien. Langsam manövrierte sich der große Pott in den Hafen vor Olbia und fuhr seine Rampe aus, wir schwangen uns auf die Maschinen und rollten langsam auf die Insel. Eine grandiose Urlaubswoche lag vor uns, und nachdem wir unser Hotel in der sardischen Hauptstadt Cagliari bezogen hatten, erkundeten wir auf zwei Rädern die Straßen.
Und dann schlug das Schicksal wieder zu, es verfolgte mich sogar bis nach Sardinien. Drei Tage vor unserer Abreise entschieden sich 13 Personen unserer Gruppe für einen Tag am Meer. Nur einer nicht: Ich konnte vom Motorradfahren nicht genug bekommen. Die Straßen, das Panorama, der Fahrtwind – ich wollte jede Minute auskosten und fuhr alleine über die Insel. Doch irgendwann senkte sich die Sonne, und auch ich machte mich so langsam auf den Weg zurück zum Hotel – das allerdings mit einer ziemlich hohen Geschwindigkeit. Vor mir lag eine fantastische Serpentinenstraße mit einem sagenhaften Ausblick. Nur der Mercedes vor mir störte das Bild. Also gab ich noch etwas mehr Gas und setzte zum Überholmanöver an. Auf gleicher Höhe trat der Fahrer plötzlich auf die Bremse, und da wurde es verdammt knapp, denn eine leichte Rechtskurve lag vor uns.
Also gab ich erneut Gas, überholte den Mercedes und bremste sogleich wieder, damit es mich nicht aus der Kurve haute. Doch im gleichen Augenblick stubste mich der PKW von hinten an – und das bei einer Geschwindigkeit von beinahe 100 Kilometer pro Stunde!
In hohem Bogen flog ich rechts in die Felsen, prallte dort ab, und landete auf der Straße. Ich war zwar vollkommen erschrocken, blieb aber nur kurze Zeit liegen. In diesem Schockzustand stellte ich die 280 Kilogramm schwere Maschine auf und startete sie erneut. Gott sei Dank: Sie funktionierte!
Damit der Verkehr wieder rollen konnte, lenkte ich das gute Stück auf die rechte Fahrbahnseite, und erst dann hielt ich Ausschau nach dem Mercedes und traute meinen Augen kaum: Er war nicht mehr da, Fahrerflucht! Das muss man sich mal vorstellen, da fegte der einen von der Straße und haute einfach ab! Später erblickte ich am hinteren Koffer, eine Verkleidung, in der man das Gepäck verstauen kann,eine kleine silberfarbene Delle, ein
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