Ab 1000 Meter wird geduzt!: Aus dem abgefahrenen Leben eines Skilehrers (German Edition)
können, weshalb man nicht auf ihnen herumfahren sollte. Wechtenbrüche haben schon so manchen Menschen, vor allem Bergsteiger, das Leben gekostet. Und so eine Schneeablagerung lauerte neben mir am Abgrund. Nach ein paar Schwüngen war ich ganze zehn Meter zu weit links, und das war zu viel. Ich sprang über die etwa eineinhalb Meter hohe Wechte, doch bei der Landung lösten sich beide Bindungen der Skischuhe, und ich stürzte mit dem Kopf voraus nach vorne. Normalerweise gelingt mir so ein Sprung stehend, aber die Bindung meiner Leihskier war zu leicht eingestellt, und genau das wurde mir zum Verhängnis. Es war natürlich meine Schuld, denn wenn man andere Skier ausprobiert, sollte man zuerst überprüfen, ob die Bindung hart genug eingestellt ist. Hinter mir brach ein Schneebrett und deckte mich vollständig zu. Meine Gäste folgten in kurzen Abständen, und da meine Skistöcke herausragten, konnten sie mich orten. Auch unsere Lawinenpiepser waren in Betrieb, sie wurden aber Gott sei Dank nicht gebraucht, denn ich konnte sofort aus den Schneemassen befreit werden. Auch wenn ich nur etwa 50 Zentimeter unter dem Schnee lag, wäre ich ohne Hilfe nicht mehr rausgekommen.
Wie sagt man so schön: Glück im Unglück. Als ich dann alle Utensilien beisammenhatte und die Skier wieder an den Beinen angeschnallt waren, bedankte ich mich bei meinen Kollegen und fuhr mit gewaltig schlottrigen Knien zurück ins Tal.
Dass die Gefahr aber auch bei schönem Wetter lauert, erlebte ich an einem Tag wie aus dem Bilderbuch. Die Sonne strahlte, und auf der Albona glitzerte es, als hätte man Kristalle gesät. Ich packte meine Filmkamera in den Rucksack, denn so etwas muss festgehalten werden, und machte mich in Begleitung meiner drei Skischüler und dem Skilehrer Wolfgang auf den Weg zur Albona. Es hatte tags zuvor geschneit, und so lag dieser Berg buchstäblich jungfräulich vor uns. Wir fuhren mit eleganten Schwüngen in die Mulde ein. Nach etwa 15 Schwüngen bat ich Wolfgang mich zu filmen, denn ich hatte eine wunderbare Wechte erspäht, der ich nicht widerstehen konnte. Mit einem eleganten Sprung wollte ich über sie hinwegfliegen. Wolfgang wedelte über den Hang und setzte die Filmkamera ans Auge. Mit einem Wink deutete er mir, ich solle losfahren. Genau auf den Punkt setzte ich meinen Sprung an, doch als ich in der Luft war, bekam ich einen riesengroßen Schreck: Der Hang unter mir war gebrochen. Die gewaltige Lawine war fast eineinhalb Meter hoch, 80 Meter breit und 300 Meter lang, und ich landete unmittelbar auf ihr. »Nichts wie weg«, dachte ich und schoss nach rechts aus der Lawine hinaus. Wolfgang ließ vor lauter Angst die Kamera fallen und suchte ebenfalls das Weite.
Glücklicherweise ging alles gut. Mein Schutzengel war an Ort und Stelle und führte mich aus der Lawine hinaus; meine Schüler warteten oben in sicherer Entfernung, und selbst die Kamera war unversehrt, so dass mich der entstandene Film noch heute an diesen Schicksalstag erinnert.
Unkaputtbar
Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt noch lebe. Mein unsolider Lebenswandel hätte mir schon früh zum Verhängnis werden können, auch meine zahlreichen Unfälle gingen immer glimpflich aus. Schon mit sechs Jahren fuhr ich Ski wie der Teufel (und konnte meinen ersten Bruch verbuchen!), daran änderte sich auch 60 Jahre später nichts.
Ob Schien- und Wadenbein-, Knöchelbruch oder Kreuzbandriss, ich könnte ganze Fotoalben mit Röntgenbildern füllen.
Mit 13 Jahren bekam ich den ersten Innenbandriss, natürlich beim Skifahren, sechs Jahre später brach ich mir erneut das Schienbein, auch aufgrund meiner unvorsichtigen Eskapaden auf der Piste. Salto vorwärts, rückwärts – schon damals mit zwei Meter langen Skiern – , mit Gipsbein und betrunken – kein Wunder also, dass ich mir dauernd die Haxen brach. Ich kann von Glück sagen, dass mich irgendwann die Altersvernunft einholte und ich mir einen Helm besorgte, der mir dann auch tatsächlich das Leben rettete.
Doch ich zog mir die Verletzungen ja nicht nur beim Skifahren zu, der ein oder andere Verkehrsunfall hat auch seine Spuren hinterlassen: Im Sommer 1997 hatte ich in Pettneu am Arlberg einen schweren Motorradunfall. Auf der Heimfahrt nach einem Wochenende in Südtirol kam ich – zugegeben, nicht gerade langsam – um eine Kurve, als ungefähr 20 Meter vor mir ein Auto plötzlich schräg aus einem Parkplatz herausfuhr. Einfach so. Ich bremste, so gut es ging, streifte den linken Kotflügel, dann
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