Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
noch immer viel Geld verdient. Verstehst du das? Reacher Gilt und seine Bande, sie gaben sich freundlich, o ja, aber sie kauften die Hypotheken auf und kontrollierten Banken und schoben Zahlen hin und her, und schließlich nahmen sie uns den Großen Strang ab, sie stahlen ihn wie Diebe. Ihnen geht es nur darum, Geld zu machen. Der Strang ist ihnen völlig gleich. Sie ruinieren ihn und verdienen noch mehr Geld, indem sie ihn verkaufen. Als mein Vater die Gesellschaft leitete, waren alle stolz auf ihre Arbeit. Und als Ingenieure sorgten sie dafür, dass die Türme richtig funktionierten, die ganze Zeit über. Es gab sogar so genannte ›wandernde Türme‹: fertige Teile, die auf einigen Karren transportiert und neben einem defekten Turm aufgebaut werden konnten, um die gesamte Nachrichtenlast zu übernehmen, ohne dass sich die Weiterleitung verzögerte. Sie waren stolz, sie alle, sie waren stolz darauf dazuzugehören!«
    »Du hättest dabeisein sollen! Du hättest es sehen sollen!«, sagte Feucht zu sich selbst. Er hatte es nicht laut aussprechen wollen. Auf der anderen Seite des Raums schlug jemand einen Mann mit seinem eigenen Bein und bekam dafür sieben Punkte.
    »Ja«, sagte Fräulein Liebherz. »Das hättest du. Und vor drei Monaten brachte mein Bruder Claus genug Geld zusammen, um dem Strang Konkurrenz zu machen. Das war alles andere als leicht. Gilt hat überall seine schmutzigen Finger drin. Claus ist ums Leben gekommen. Angeblich hatte er vergessen, seine Sicherheitsleine zu befestigen. Aber das vergaß er nie. Und jetzt sitzt mein Vater da und starrt an die Wand. Er hat sogar seine Werkstatt verloren, als ihm alles genommen wurde. Natürlich mussten wir unser Haus aufgeben. Wir wohnen jetzt bei meiner Tante in den Tollen Schwestern. So ist es uns ergangen. Wenn Reacher Gilt von Freiheit spricht, so meint er seine eigene, nicht die der anderen. Und jetzt tauchst du auf, Herr Feucht von Lipwig, ganz neu und glänzend, und läufst herum und machst alles gleichzeitig. Warum?«
    »Vetinari hat mir den Job angeboten, das ist alles«, sagte Feucht.
    »Warum hast du ihn angenommen?«
    »Es war der Job meines Lebens.«
    Fräulein Liebherz richtete einen so durchdringenden Blick auf Feucht, dass ihm unbehaglich wurde. »Du hast es geschafft, innerhalb einiger weniger Stunden einen Tisch im Le Foie Heureux zu bekommen«, sagte sie, als sich ein Messer in den Balken hinter ihr bohrte. »Willst du noch immer lügen, wenn ich dich frage, wie du das gemacht hast?«
    »Ich denke schon.«
    »Gut. Gehen wir?«
     
    Eine kleine Lampe brannte in der muffigen Gemütlichkeit des Umkleideraums, und ihr gelber Schein war ungewöhnlich hell. Mitten darin saß Stanley, das Vergrößerungsglas in der Hand, und untersuchte seine Briefmarken.
    Dies war… das Paradies. Erbsen sind für ihre Gründlichkeit bekannt, und Stanley war extrem gewissenhaft. Herr Rolle, vom Lächeln des Jungen ein wenig beunruhigt, hatte ihm alle Testbögen und fehlerhaften Seiten gegeben, und Stanley katalogisierte sie sorgfältig: wie viele wovon, die Art der Fehler, alles.
    Eine kleine Ranke der Schuld wand sich durch sein Bewusstsein: Dies war tatsächlich besser als Nadeln. Für Briefmarken gab es kein Ende. Man konnte alles auf ihnen abbilden. Sie waren erstaunlich. Sie bewegten Briefe, und anschließend konnte man sie sammeln und hübsch säuberlich in ein Buch stecken. Man bekam auch keinen »Nadlerdaumen«.
    Stanley hatte in den Nadelmagazinen von diesem Gefühl gelesen. Es hieß, dass man irgendwann »entnadelt« sein konnte. Manchmal wurden in diesem Zusammenhang Mädchen und Hochzeiten erwähnt. Es kam vor, dass ein Exnadler seine ganze Sammlung verkaufte, einfach so. Oder bei einem Nadeltreffen warf plötzlich jemand seine Nadeln in die Luft, rannte fort und rief: »Aargh, es sind doch nur Nadeln!« Für Stanley war so etwas bisher undenkbar gewesen.
    Er hob den Beutel mit den noch nicht sortierten Nadeln und starrte darauf hinab. Vor einigen Tagen hätte ihm die Vorstellung, einen Abend mit seinen Nadeln zu verbringen, ein warmes, behagliches Gefühl bereitet. Doch jetzt wurde es Zeit, die kindischen Nadeln beiseite zu schieben.
    Etwas schrie.
    Es klang rau und kehlig. Es war die Stimme von Bosheit und Gier. Kleine zusammengekauerte mausartige Wesen hatten einst so etwas gehört, das über den Sümpfen kreiste.
    Nach einem Moment uralten Schreckens schlich Stanley zur Tür und öffnete sie.
    »H-hallo?«, rief er in die höhlenartige Dunkelheit

Weitere Kostenlose Bücher