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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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war als der Vorraum seiner Unterkunft auf der Tycho-Station. Erst nach der Ausmusterung hatte er tatsächlich zum ersten Mal ein eigenes Apartment bewohnt. Die Ceres-Station hatte ihm nicht gutgetan. Das Loch in der Nähe der Drehachse, in das er gezogen war, hatte sich durch niedrige Schwerkraft und eine hohe Corioliskraft ausgezeichnet. Es war im Grunde nur ein Ort gewesen, an dem er den Rausch der jeweils letzten Nacht ausschlafen konnte, aber es hatte wenigstens ihm selbst gehört. Die kahlen Wände aus poliertem nacktem Fels, das Bett vom Schiffsausrüster mit Haltegurten für Flüge in niedriger Schwerkraft. Irgendein Vorbesitzer hatte die Worte BESSO O NADIE in die Wand gemeißelt. Im Slang der Gürtler bedeutete dies: »Ein besseres Leben oder gar keins.« Damals hatte er noch nicht gewusst, dass es sich um einen politischen Slogan handelte. Die Dinge, die er seit seiner Ankunft auf der Tycho-Station erworben hatte – den Bilderrahmen, der wechselweise ein Dutzend schöne Familienfotos von der Erde zeigen konnte, den Kerzenhalter aus Zinn, den seine Exfreundin beim Auszug dagelassen hatte, die Zivilkleidung –, hätten seine alte Unterkunft auf Ceres ausgefüllt und ihm kaum noch Platz zum Schlafen gelassen. Er hatte zu viel Zeugs, er musste einiges abstoßen.
    Aber nicht für diesen Einsatz. Die Suite des XO auf der Behemoth war sogar noch größer.
    Der Com schlug an und teilte ihm mit, dass jemand vor der Tür wartete. Aus alter Gewohnheit überprüfte Bull die Videoübertragung, ehe er öffnete. Es war Fred, der von einem Fuß auf den anderen trat. Der Mann trug Zivilkleidung, ein weißes Oberhemd und altmodische Hosen, die den Bauchansatz zu kaschieren suchten und den Kampf verloren. Fred war ebenso gut oder schlecht in Form wie Bull selbst. Sie wurden einfach nur alt.
    »Hallo«, sagte Bull. »Setzen Sie sich. Ich packe gerade.«
    »Wollen Sie jetzt umziehen?«
    »Ich will ein wenig Zeit auf dem Schiff verbringen, ehe wir starten«, erklärte Bull. »Abgängige Mormonen einsammeln.«
    Fred schnitt eine schmerzliche Grimasse.
    »Ich bin ziemlich sicher, dass wir sie beim ersten Mal alle erwischt haben«, ging er auf den Scherz ein. »Aber das Schiff ist riesengroß. Sie können sich selbst umsehen, wenn Sie wollen.«
    Bull öffnete die Kommode und zählte die T-Shirts. Er besaß zehn. Allein das war schon ein Anzeichen von Dekadenz. Wer brauchte schon zehn T-Shirts? Er zog fünf heraus und warf sie neben der Truhe auf den Stuhl.
    »Die werden uns die Hölle heißmachen, wenn sie wieder die volle Verfügungsgewalt über die Nauvoo haben«, sagte er. »Wir haben ziemlich viel umgebaut.«
    »Werden sie nicht«, entgegnete Fred. »Es war absolut legal, das Schiff zu beschlagnahmen. Es war ein Notfall. Ich könnte Ihnen zehn Stunden lang Präzedenzfälle aufsagen.«
    »Ja, aber dann haben wir es selbst geborgen und als unser Eigentum beansprucht«, erwiderte Bull. »Das ist ungefähr so, als hätte ich mir Ihr Auto geliehen, und da ich es in den Graben gesetzt und wieder herausgeholt habe, gehört es jetzt mir.«
    »Das Gesetz ist ein gar kompliziertes Ding, Bull«, entgegnete Fred. Es klang müde, über irgendetwas machte er sich Sorgen. Bull öffnete eine weitere Schublade, warf die Hälfte seiner Socken in den Recycler und legte den Rest auf seine T-Shirts.
    »Wenn der Richter es nicht so sieht, wird es fies«, meinte Bull.
    »Die Richter der Erde haben hier nichts zu sagen«, erklärte Fred, »und die Richter unserer eigenen Gerichtsbarkeit sind der AAP gegenüber loyal. Sie kennen das Gesamtbild und werden nicht unser größtes Schiff vom Spielfeld nehmen und es anderen Leuten geben. Im schlimmsten Fall verhängen sie eine Entschädigung.«
    »Können wir uns das leisten?«
    »Nicht im Augenblick«, gab Fred zu.
    Bull lachte schnaubend. »Haben Sie sich schon mal gefragt, was wir falsch gemacht haben, dass wir hier gelandet sind? Sie sitzen an einem der wichtigsten Schreibtische der AAP, und ich bin XO von Ashford. Mann, wenn das nicht ein Anzeichen dafür ist, dass wir im Leben was falsch gemacht haben.«
    »Was das angeht, es gibt da eine kleine Planänderung«, verkündete Fred.
    Bull öffnete den Schrank und presste die Lippen zusammen. Fred war nicht gekommen, um zu plaudern. Es gab ein Problem. Bull nahm zwei Anzüge heraus, die immer noch in den klebrigen Zellophanhüllen steckten. Seit Jahren hatte er keinen Anzug mehr getragen. Wahrscheinlich passten sie gar nicht mehr.
    »Ashford dachte, es

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