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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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einem Handgriff, verfehlte ihn und suchte einen anderen. Die Hand des Mechs verankerte sich, drückte das Metall platt und riss es fast aus der Wand, doch die Gürtlerin war ihr voraus und segelte mit gebleckten Zähnen wie ein Hai durch die Luft. Melba wollte den freien Arm des Mechs heben und sie mit einem Schlag vertreiben. Die Gürtlerin war schon zu nahe, packte Melba vorne am Overall, raffte den Stoff zusammen und nutzte den Schwung, um Melba die Knie in die Rippen zu rammen. Bei jedem Stoß stieß sie ein Wort hervor.
    »Du … lässt … mein … Schiff … in … Ruhe.«
    Melba spürte, wie eine Rippe brach. Sie tastete mit der Zunge nach dem Gaumen, doch auch dieses Mal verzichtete sie darauf, sie kreisen zu lassen und ihre Adern mit flüssigem Feuer zu füllen. Sie musste wach und aktionsbereit sein, wenn der Kampf vorbei war. Also knirschte sie mit den Zähnen, zog den freien Arm des Mechs an, drehte ihn und schnappte zu. Die Gürtlerin schrie auf, denn die Klaue hatte sie an der Schulter erwischt. Melba drückte noch einmal und hörte das gedämpfte feuchte Knacken brechender Knochen.
    So fest, wie es die Motoren zulassen wollten, schleuderte sie die Gürtlerin durch den Raum. Die Frau prallte von der gegenüberliegenden Wand ab und hinterließ einen schmierigen roten Fleck. Melba wartete und sah zu, wie sich die Gürtlerin in der Luft drehte. Sie hatte die Orientierung verloren und trudelte hilflos wie eine Lumpenpuppe, die auf den Grund eines Schwimmbeckens sank. Um die Schulter und den Hals der Frau bildete sich eine rasch anschwellende Kugel aus Blut.
    »Ich tue, was immer ich will.« Melbas Stimme klang wie die eines anderen Menschen.
    Vorsichtig zog sie sich zum Steuerpult hinüber. Die Verkleidung war entfernt und mit Klebeband auf dem Boden fixiert. Das Innere war ein Gewirr von Drähten und Platinen. Die Rosinante hatte bei der Katastrophe einige Schäden erlitten, aber nicht so sehr, dass Melba nicht mehr tun konnte, was nötig war. Sie wand sich aus dem Mech heraus, ließ die Fingerknöchel knacken, suchte die wichtigsten Steuereinheiten und steckte sie in das Pult zurück. Die lokale Speicherprüfung dauerte nur wenige Sekunden, und die vollständige Systemprüfung übersprang sie. Als sie die Erde verlassen hatte, hätte sie so etwas noch nicht tun können, doch Melba Koh hatte Monate damit verbracht, alle Einzelheiten über Militärschiffe zu lernen. Dies hier entsprach den Anlagen, die Soledad, Stanni und Bob bei ihren Wartungsarbeiten überprüft hatten. Auch Ren hätte ihr viel darüber erzählen können.
    Ihre Finger spannten sich an, zauderten einen Moment über der Tastatur, dann hatte sie sich wieder in der Gewalt.
    Auf dem Display erschien die Steuerung des Reaktors. Es war konstruktionsbedingt und ganz bewusst besonders schwierig, die Magnethalterung zu lösen, die den Kern daran hinderte, sich durch das ganze Schiff zu brennen. Die Grenzwerte der Reaktion selbst zu verändern, bis sie das Haltevermögen der Sicherungen überstiegen, war ebenfalls schwierig, aber immerhin schon etwas einfacher. Außerdem blieb ihr damit ein wenig Zeit, um Holden zu erzählen, was sie getan hatte. Anschließend wollte sie das Schiff verlassen und zur Thomas Prince zurückkehren. In dem Chaos, das sie anzurichten gedachte, wäre nicht mehr zu erkennen, ob jemand den Tod der Rosinante überlebt hatte.
    Ein Flackern am Rande des Gesichtsfelds war die einzige Warnung, die sie bekam, doch dies reichte ihr. Melba wich aus, und der schwere Schraubenschlüssel der Gürtlerin zischte durch die Luft, wo gerade noch ihre Schläfe gewesen war. Melba stieß sich mit den Beinen ab und bemühte sich hektisch, wieder in den Mech zu schlüpfen. Sie spannte sich an, weil sie mit einem weiteren Angriff rechnete, doch es kam kein weiterer Hieb. Achselzuckend wand sie sich in das Metall hinein und rammte die Hände in die Greifarme, packte die Wand und drehte sich kampfbereit wieder um. Die Gürtlerin schaute vom Steuerpult auf. Das Blut klebte dank der Oberflächenspannung an ihrem Hals. Sie lächelte triumphierend. Das Steuerpult blinkte rot, auf einem Bildschirm liefen Codezeilen ab, die zu schnell vorbeizogen, um sie zu lesen. Dann erlosch das Licht im Raum, und die LEDs der Notbeleuchtung flammten auf. Melbas Kehle schnürte sich zu.
    Die Gürtlerin hatte den Kern abgestoßen. Die Kettenreaktion, die Melba auslösen wollte, verpuffte hinter dem Schiff in einer Gaswolke. Die Gürtlerin lächelte wild und

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