Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
Vom Netzwerk:
Meuterei anzetteln«, erwiderte Sam. »Aber als die Crew hörte, was mit Ihnen und Ashford passiert ist, haben ein paar von uns ein kleines Geschenk gebastelt.«
    Bull wollte sich umdrehen und beherrschte sich. Er war so sehr an die Muskeln in seinem Rumpf gewöhnt, die ihn aufrecht hielten, dass es ihn jedes Mal überraschte, wenn er einknickte. Mühelose Bewegungen waren eine der wenigen angenehmen Seiten der Schwerelosigkeit, die er vermisste. Sam bemerkte es nicht oder tat zumindest so, als wäre es ihr entgangen. Sie trat zur Seite und packte die Verriegelung der Kiste wie ein Magier, der dem Publikum einen verblüffenden Trick zeigen wollte. Mit einem verschlagenen Lächeln erschien auch Dr. Sterling in der Tür. Bull hatte das unangenehme Gefühl, in seine eigene Überraschungsparty geplatzt zu sein.
    »Sie machen mich nervös«, gestand er.
    »Schon besser«, sagte sie. »Bereit?«
    »Ach, ich glaube nicht.«
    Die Kiste glitt auf. Der Mech, der darin steckte, wirkte kompliziert, klobig und schwer. Bull lachte, weil ihm sonst nichts einfiel.
    »Das ist ein ganz normaler Hebemech«, erklärte Sam. »Wir haben allerdings eine Menge Verstärkungen aus seinem Bauch genommen und eine Becken- und Bein-Orthese eingebaut, die mir die Ärzte überlassen haben. Die Beinsteuerung haben wir durch einen einfachen Joystick ersetzt. Sie können damit nicht tanzen, und Sie brauchen immer noch Hilfe, wenn Sie auf den Topf müssen, aber Sie sind nicht mehr ans Bett gefesselt. Es ist nicht so bequem wie ein teurer Rollstuhl, aber damit kommen Sie im Schiff an jeden Ort, den Sie erreichen wollen, auch wenn er nicht über einen behindertengerechten Zugang verfügt.«
    Bull dachte, er müsste wieder husten, doch dann spürte er die Tränen in den Augen.
    »Oh, Mann, Sam.«
    »Schon gut, großer Junge. Jetzt setzen wir Sie rein und stellen die Stützplatten ein.«
    Sam fasste ihn an einer, der Pfleger an der anderen Schulter. Das Gefühl, getragen zu werden, war seltsam. Bull wusste nicht mehr, wann ihn das letzte Mal jemand aufgehoben hatte. Die Klammer im Bauch des Mechs war wie ein Gürtel geformt, und Sam hatte an den Streben zusätzlich Gurte angebracht, damit seine Beine nicht hilflos umherpendelten. Es war eine Umkehrung der normalen Betriebsart. Statt mit den Beinen den Mech zu bewegen, benutzte er den Mech, um die Beine zu bewegen. Zum ersten Mal seit der Katastrophe konnte Bull den kurzen Flur hinuntergehen und die allgemeine Abteilung betreten. Sam blieb bei ihm und beobachtete den Mechanismus wie eine Ente, die den Nachwuchs zum ersten Mal zum Schwimmen ausführte. Das Gefühl, dass mit seinem Körper etwas nicht stimmte, verflog zwar nicht ganz, wurde aber schwächer.
    Auf der Station lagen die Schwerverletzten der drei Parteien – Männer und Frauen, Gürtler, Erder und Marsianer. Ein Glatzkopf mit ungesunder gelber Hautfarbe atmete mühsam, eine sehr junge Frau, die Bull beinahe wie ein Kind vorkam, lag nahezu nackt im Bett, weil ihre Haut fast vollständig verbrannt war, und starrte ins Leere, ein dicker Mann mit einem Prophetenbart aus dem Alten Testament und der Körperbehaarung eines Affen stöhnte und regte sich im Halbschlaf. Die Einmal-Krankenkleidung aus Kunststoff verriet nicht, wer zu welcher Fraktion gehörte. Alle waren Menschen, alle waren auf seinem Schiff, also waren sie alle seine Leute.
    Am Ende des Ganges stand Corin an der Tür. Sie war mit einer Pistole bewaffnet, und ihr Salut war halb ernst und halb spöttisch.
    »Das Ding macht einen schlanken Fuß, Scheffe«, sagte sie. »Sitzt wie angegossen.«
    »Danke«, antwortete Bull.
    »Wollen Sie die Gefangenen sehen?«
    »Klar«, bestätigte Bull. Er hatte kein bestimmtes Ziel gehabt, aber da er sich bewegen konnte, nahm er die Gelegenheit wahr. Die gesicherte Abteilung war kleiner als die anderen, aber abgesehen von seinen Wachleuten an der Tür gab es keinen Hinweis darauf, dass sich diese Patienten von den anderen unterschieden. Gefangene war ein viel zu starkes Wort. Keiner von ihnen war offiziell verhaftet worden. Zu ihnen zählten wichtige Zivilisten von der Erde und hochrangige Marsianer. Menschen, die nach Bulls Ansicht früher oder später nützlich sein konnten. Ein Dutzend Betten gab es hier, alle waren belegt.
    »Wie fühlt es sich an?«, fragte Sam.
    »Mir scheint, das Ding kippt ein wenig nach links«, berichtete Bull.
    Aus dem hintersten Bett kam eine schwache und verwirrte, aber unverwechselbare Stimme.
    »Sam?«
    Sam wurde sofort

Weitere Kostenlose Bücher