Abaddons Tor: Roman (German Edition)
wie viele Leute er …«
Anna stemmte die Füße gegen den Türrahmen, packte Monica an den Schultern und schob die Reporterin gegen die Wand. »Funktioniert die Sendeausrüstung noch?« Sie staunte selbst, wie ruhig ihre Stimme klang.
»Etwas ramponiert, aber …«
»Funktioniert sie?«
»Ja«, antwortete Monica. Es kam eher als verängstigtes Quietschen heraus.
»Schalten Sie mich auf den Kanal, den unser Angriffsteam benutzt hat, und geben Sie mir einen Kopfhörer.« Anna ließ Monicas Schultern los. Die Reporterin tat, worum sie gebeten wurde, und sah Anna gelegentlich verängstigt an. Ich mache den Leuten Angst, dachte Anna. Sie kostete die Vorstellung aus und stellte fest, dass sie nicht ganz so unangenehm schmeckte wie erwartet. Es waren schreckliche Zeiten.
»Verdammt!«, rief Amos nebenan. Als Anna hinüberblickte, entdeckte sie einen jungen marsianischen Offizier, der mitten im Raum schwebte und ringsherum kleine rote Kugeln versprühte. Ihr Freund Chris stieß sich mit dem unversehrten Bein ab und segelte durch den Raum, um den Mann mit dem verbliebenen Arm zu packen und in Deckung zu ziehen.
»Uns läuft die Zeit davon«, sagte Anna zu Monica. »Beeilen Sie sich.«
Monicas Reaktion bestand darin, ihr ein Headset mit Mikrofon in die Hand zu drücken.
»Hallo? Hier ist Anna Volovodov bei Radio Freie Langsame Zone. Hört auf diesem Kanal noch jemand zu?«
Irgendjemand antwortete, doch die Worte waren wegen der Schüsse in der Nähe nicht zu verstehen. Anna drehte die Lautstärke voll auf. »Wiederholen Sie bitte.«
»Wir sind noch da«, dröhnte James Holdens Stimme in ihren Ohren.
»Wie viele sind Sie, und wie ist die Lage?«
»Also.« Holden hielt inne und grunzte einige Sekunden lang, als müsste er sich sehr anstrengen. Als er fortfuhr, klang es, als sei er außer Atem. »Wir haben uns im Aufzugschacht direkt vor der Luftschleuse des Kommandodecks verbarrikadiert. Wir sind hier zu dritt. Bull und die anderen Marinesoldaten bekämpfen weiter unten im Schacht die Gegner, die uns verfolgt haben. Ich habe keine Ahnung, wie es dort läuft. Wir haben keine Rückzugsmöglichkeit mehr, und solange sich nicht jemand entschließt, die Luke zu öffnen und uns auf die Brücke zu lassen, stecken wir fest.«
Die letzten Worte gingen in einem starken Beschuss, der ihr Büro traf, beinahe unter. Amos und seine Leute mussten sich ducken und lehnten sich an die Panzerplatten, die sie an die Wände geheftet hatten. Die Schüsse und das Knallen der Kugeln, die auf Metall trafen, waren ohrenbetäubend. Als das Feuer nachließ, stürmten zwei Angreifer in der Rüstung der Wachleute herein und schossen aus automatischen Waffen. Zwei Verteidiger aus Amos’ Team wurden getroffen, weitere rote Kügelchen spritzten in die Luft. Amos packte durch die Tür den zweiten Mann, riss dessen Magnetstiefel vom Boden ab und warf ihn in die Richtung seines Partners. Die beiden taumelten zusammen durch den Raum. Dann gab Amos eine lange Salve mit seiner Waffe ab. In der Luft schwebten so viele rote Kugeln unterschiedlicher Größen, dass man kaum noch etwas sehen konnte. Amos’ Leute erwiderten jetzt ebenfalls das Feuer und trieben Ashfords angreifende Truppe anscheinend zurück, denn es kamen keine weiteren Soldaten mehr durch die Tür herein.
»Können wir etwas für Sie tun?«, rief Anna.
»Mir scheint, Sie sitzen selbst ziemlich in der Patsche, Pastorin«, erwiderte Holden. Es klang müde und traurig. »Solange Sie nicht in der Nähe die Zugangssteuerung für die Brücke finden, würde ich sagen, Sie sollten sich auf Ihre eigenen Probleme konzentrieren.«
Wieder knallten draußen Schüsse, wenngleich nicht mehr so konzentriert wie vorher. Amos hatte den Großangriff abgewehrt, und jetzt versuchten es die Gegner mit gezielten Schüssen. Monica starrte Anna an und wartete auf die nächste Anweisung. Irgendwie war sie auf einmal zur Befehlshaberin befördert worden.
»Schalten Sie mich auf den Feed von Radio Freie Langsame Zone«, verlangte Anna. Am Ende konnte sie doch nicht mehr tun als reden. Monica nickte und richtete eine kleine Kamera auf sie aus.
»Hier ist Anna Volovodov aus dem Studio von Radio Freie Langsame Zone. Ich wende mich an alle, die auf der Behemoth noch zuhören. Es ist uns nicht gelungen, das Maschinendeck zu halten, deshalb ist auch unser Plan, den Reaktor herunterzufahren und alle nach Hause zu bringen, nicht mehr durchführbar. Im äußeren Aufzugschacht stecken einige unserer Leute fest und
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