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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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gekannt, die das ganze Leben von Medikamenten benebelt verbringen mussten, weil beim Neuwachstum etwas schiefgegangen war. Bisher hatte er noch gar nicht richtig darüber nachgedacht, jetzt konnte er es tun.
    Er hätte über seinen Tod traurig sein müssen, war in Wirklichkeit aber viel zu müde, um sich daran zu stören. Außerdem konnte er einfach nicht mehr atmen. Es tat ihm nur leid, dass er Ashford nicht getötet hatte, aber das war nichts Neues. Außerdem bedauerte er, dass er Sam nicht gerettet hatte und nicht mehr herausfinden konnte, ob Pa noch lebte. Oder ob Ashford tatsächlich fähig war, den Ring zu vernichten. Wenn er überhaupt wegen einer Sache traurig war, dann darüber, dass alles, was jetzt in Bewegung kam, ohne ihn stattfinden und er nicht mehr erleben würde, wie es ausging. Er würde nicht erfahren, ob er auf irgendeine Weise dazu beigetragen hatte.
    Sein Handterminal blinkte. Die Verbindungsanfrage kam von Monica Stuart. Zuerst fragte er sich, was sie von ihm wollte, dann erinnerte er sich, dass Ashford die Walze gestoppt hatte. Da drinnen musste es grässlich aussehen. Er schaltete den Ruf auf seinen Anzug durch. Dort gab es keine Bilder, aber die akustische Verbindung reichte.
    »Bull«, sagte die Frau. »Wir werden hier oben angegriffen. Ich glaube, Anna ist tot. Was, zum Teufel, ist da unten los? Wie lange dauert es noch?«
    »Tja, wir haben das Maschinendeck verloren.« Über Annas Tod empfand er ein wenig Bedauern, doch sie war nur eine von vielen Toten. »Die meisten unserer Angreifer sind gefallen. Im Aufzugschacht haben sich schätzungsweise fünf Leute verschanzt, aber die bösen Buben haben die Zugänge besetzt, also sind wir ziemlich im Eimer. Den Kern konnten wir abstoßen, die Notstromversorgung läuft allerdings noch, und das wird reichen, um den Laser abzufeuern. Ashfords Leute sind wahrscheinlich sowieso schon auf dem Maschinendeck, um den Neustart einzuleiten, und ich wüsste nicht, wie wir sie daran hindern könnten.«
    »O mein Gott«, schnaufte Monica.
    »Ja, es sieht beschissen aus.«
    »Was … was wollen Sie dagegen tun?«
    Ein Lichtstrahl fiel durch die Luke im Boden herein. Winzige Staubpartikel und Metallspäne flimmerten, als trieben sie im Wasser. Er beobachtete es lächelnd. Die bösen Jungs waren fast da, aber es war ein hübscher Anblick. Dann erinnerte er sich, dass er Monica in der Leitung hatte. Sie hatte ihn etwas gefragt.
    »Na ja«, antwortete Bull. »Wir hatten doch vor, das Schiff herunterzufahren und alle zu retten. Wahrscheinlich werden wir das nicht schaffen.«
    »Sie dürfen nicht aufgeben«, entgegnete sie. »Bitte. Es muss doch einen Weg geben.«
    Nicht immer, dachte er, aber er sprach es nicht aus. Anna hatte auch gedacht, es gebe einen Weg. Wie weit war sie damit gekommen? Aber wenn es einen Ausweg gibt, dann werdet ihr ihn hoffentlich finden.
    »Wie schlimm sieht es bei Ihnen aus?«, fragte er.
    »Es … es ist schrecklich. Es ist, als wäre die Katastrophe noch einmal geschehen.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen«, antwortete Bull.
    »Wir können nicht weitermachen«, sagte Monica. »O Gott, was sollen wir nur tun?«
    Das Licht wurde stärker, heller. Inzwischen war es zu grell, um die Staubkörnchen zu erkennen.
    »Monica?«, entgegnete Bull. »Hören Sie, es tut mir leid, aber ich muss mich jetzt abmelden. Tun Sie einfach, was Sie können. Halten Sie da drin die Stellung, ja? Und wenn alles gut endet …«
    »Ja?«
    »Dann sagen Sie Fred Johnson, dass er mir, verdammt noch mal, was schuldig ist.«
    Damit trennte er die Verbindung und kappte auch den Link zum Handterminal. Er hob die Granaten und hielt die Zünder mit den Daumen fest. Ein Kopf spähte durch die Luke herein und verschwand sofort wieder. Als kein Schuss fiel, kam er langsamer wieder herauf. Bull lächelte und nickte freundlich. Das abgeblendete Visier wurde durchsichtig, Casimir starrte ihn an. Bull grinste. Endlich ein Lichtblick. Ein kleine Zugabe auf dem Weg ins Jenseits.
    »He«, sagte Bull, obwohl der Mann ihn nicht hören konnte. »Halten Sie das bitte mal für mich fest.«
    Er warf ihm die beiden Granaten zu und beobachtete, wie sich die Miene des Mannes veränderte, sobald dieser es begriff.

49    Anna
    Als Anna zu sich kam, schwebte sie in einem Knäuel, zu dem außer ihr noch die Kamerafrau Okju, zwei Bürostühle und ein Ficus samt Topf gehörten. Irgendjemand zündete eine lange Kette von Böllern. Jemand anders schrie. Vor Annas Augen war alles verschwommen.

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