Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
Vom Netzwerk:
prallte die Kugel höchstwahrscheinlich gegen die Wände des Schachts und verbrauchte ihre Kraft, ehe sie irgendeinen Schaden anrichten konnte.
    Juarez drehte sich um und stabilisierte das Gewehr zwischen den Füßen. Die Gesichtszüge des Mannes entspannten sich und wurden weicher, dann blitzte die Mündung lautlos auf.
    »Einer erledigt, Verb«, meldete er. Dann: »Sergeant?«
    Verbinski antwortete nicht. Er schwebte in der Nähe an den Stahlschienen entlang, die den Aufzug führten, doch er hatte die Augen geschlossen. Seine Miene war erschlafft, Schaum stand vor den Lippen und der Nase. Bull hatte nicht einmal bemerkt, dass der Mann getroffen worden war.
    »Sergeant!«, rief Juarez.
    »Er ist tot«, antwortete Cass.
    Der Rest der Reise zur Aufzugkabine hätte aus einem Albtraum stammen können. Bulls untere Körperhälfte schlingerte wild hinter ihm, die Lungen fühlten sich voll und feucht an. Allerdings hustete er nicht mehr. Er wusste nicht, ob das ein gutes Zeichen war. Als sie den Aufzug erreichten, erwischte ein Zufallstreffer der Verfolger den Wachmann im Rücken und vernichtete dessen gesamten Luftvorrat. Bull sah, wie der Mann starb, hörte jedoch keinen Laut. Die Luke, die Corin geöffnet hatte, schien zu klein zu sein, doch er konnte einen Arm hineinschieben, und Naomi zog ihn ganz hindurch.
    In der Kabine bezog Juarez gleich wieder Position und schoss durch das Loch auf die Verfolger. Bull wusste nicht, wie viel Munition der Marinesoldat noch hatte, aber es konnte nicht mehr viel sein. Hätte es auch nur eine Spur von Schwerkraft gegeben, dann wäre Bull an der Wand in sich zusammengesackt. Stattdessen schaltete er sein Anzugfunkgerät auf Naomis Kanal um.
    »Geben Sie mir eine Waffe«, verlangte sie, bevor er sie überhaupt rufen konnte. »Geben Sie mir irgendetwas.«
    »Sie müssen weiter«, widersprach er. »Steigen Sie im Schacht bis ganz nach oben.«
    »Aber …«
    »Vielleicht können Sie ihnen die Luke öffnen, damit sie auf das Kommandodeck gelangen.«
    »Die Steuerung kann man vom Schacht aus nicht erreichen.«
    »Bei diesem zusammengeflickten Ding kann man nie sicher sein«, erwiderte Bull. »Vielleicht hat jemand irgendwo einen Selbstzerstörungsknopf eingebaut. Es würde mich nicht überraschen.«
    »Ist das Ihr Plan B?«
    »Ich glaube, inzwischen sind wir mehr oder weniger bei Plan Z angelangt«, erwiderte Bull. »Wie auch immer, Sie sind die Ingenieurin. Hier können Sie etwas bewegen. Außerdem habe ich vorhin Sie und Holden gehört. Sie können ruhig gehen und ihn wiedersehen, das kostet uns jetzt nichts.«
    Er beobachtete ihre Miene, als sie sich entschied. Furcht, Verzweiflung, Bedauern, Gelassenheit. In dieser Reihenfolge. Eine beeindruckende Frau. Er wünschte, er hätte eine Gelegenheit gehabt, sie besser kennenzulernen. Wenn sie fähig war, mit Jim Holden auf einem Schiff zu fahren und ihn sogar zu lieben, dann war der Mann vielleicht nicht so schlecht, wie Bull angenommen hatte.
    »Danke«, sagte sie. Dann drehte sie sich um und stürzte durch den Aufzugschacht zu ihrem Geliebten. Das war reizend, dachte Bull. Juarez’ Gewehr blitzte wieder, und Bull schaltete das Funkgerät um, damit die beiden Marinesoldaten ihn hören konnten.
    »Ihr zwei solltet ebenfalls gehen. Steigt bis ganz nach oben und versucht, die Brücke zu stürmen.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte Cass. Es klang ruhig und professionell. »Wir haben hier Deckung. Weiter oben sind wir ungeschützt.«
    »Ja, ich bin sicher«, erklärte Bull.
    »Was ist mit Ihnen?«, fragte Juarez.
    »Ich bleibe hier.«
    »Na gut, Mann.« Damit waren auch er und Cass verschwunden. Bull überlegte, ob er durch den Schacht nach unten blicken sollte, um zu sehen, wie nahe der Feind schon war, aber er verzichtete darauf. Es hätte ihn zu viel Kraft gekostet, und wenn er jetzt einen Schuss ins Auge bekäme … nun ja, das wäre wirklich traurig gewesen.
    Die Aufzugkabine war einfarbig oder hatte überhaupt keine Farbe, denn das einzige Licht war der Widerschein der Lampe in seinem Anzug. Er holte so tief Luft, wie es nur ging. Trotzdem war der Atemzug recht flach. Schließlich zog er die Handgranaten aus der Tasche, nahm in jede Hand eine und stellte den kürzesten Zündzeitpunkt ein.
    Er würde hier sterben. Nicht das, was er sich freiwillig ausgesucht hätte, aber was konnte man machen. Wahrscheinlich war das immer noch besser, als sich zurückzuhalten und zusehen zu müssen, wie das Rückgrat falsch zusammenwuchs. Er hatte Typen

Weitere Kostenlose Bücher