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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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mich, ob Sie überhaupt sterben würden, wenn ich auf Sie schieße.«
    Miller lachte, jetzt war seine Miene beinahe menschlich zu nennen. »Das kommt ganz darauf an.«
    Die Tür ging auf, und Miller verschwand. Naomi kam im Nachthemd mit einem Wasserbeutel herein.
    »Bist du wach?«
    Holden nickte, öffnete den Schrank und verstaute die Waffe.
    »Ja. Er ist verschwunden, als du die Tür geöffnet hast.«
    »Du siehst verstört aus.« Naomi stellte den Wasserbeutel weg und kroch neben ihm unter die Bettdecke.
    »Er ist beängstigender geworden. Vorher dachte ich … ich weiß es selbst nicht genau. Aber seit er von dem Tor weiß, bemühe ich mich herauszufinden, was er wirklich will. Es war leichter, als ich mir noch einreden konnte, es sei eine Art statisches Rauschen gewesen. Dass es … nichts zu bedeuten hatte.«
    Naomi rollte sich neben ihm zusammen und umarmte ihn. Langsam entspannte er sich.
    »Monica und ihre Leute dürfen nichts davon erfahren«, sagte er, worauf Naomi bekümmert lächelte. »Was ist?«
    »James Holden verrät nicht allen Leuten alles, was er weiß.«
    »Das hier ist etwas anderes.«
    »Schon klar. Was hat Miller denn gesagt?«, fragte Naomi. »Konntest du etwas damit anfangen?«
    »Nein. Aber es ging immer nur um den Tod. Alles, was er sagt, dreht sich um den Tod.«
    Im Laufe der folgenden Wochen stellte sich im Schiff eine Routine ein, die zwar nicht behaglich, aber zumindest kollegial war. Holden verbrachte etwas Zeit mit den Dokumentarfilmern, ließ sich ablichten, zeigte ihnen das Schiff und beantwortete Fragen. Wie war seine Kind heit? Liebevoll, kompliziert und bittersüß. Hatte er wirklich das halb bewusste Mädchen, das dem Protomolekül als Saatkorn gedient hatte, überredet, zur Venus zu fliegen, und dadurch die Erde gerettet? Nein, eigentlich war es fast von selbst geschehen. Bereute er irgendetwas?
    Er lächelte, ließ sich alles gefallen und tat so, als hätte er nichts zu verbergen. Natürlich flog er nur zum Ring hinaus, weil die Dokumentarfilmer ihn unter Vertrag genommen hatten. Natürlich hatte ihn das Protomolekül nicht abermals für irgendetwas ausgewählt, das er nicht begreifen konnte.
    Manchmal wandte Monica sich an die anderen, doch Alex und Naomi antworteten stets freundlich, höflich und oberflächlich. Amos flocht derart viele fröhliche und anzügliche Bemerkungen in seine Antworten ein, dass es fast unmöglich war, ein vernünftiges Zitat für ein zivilisiertes Publikum herauszufiltern.
    Wie sich herausstellte, war Cohen nicht nur Toningenieur. Seine dunkle Sonnenbrille barg ein akustisches Feedbacksystem, das ihm ein dreidimensionales Bild der Umgebung übermittelte, in der er sich jeweils gerade befand. Als Amos ihn fragte, warum er sich nicht lieber Prothesen einsetzen ließ, erklärte er, der Unfall, bei dem er die Augen verloren hatte, habe auch die Sehnerven verbrannt. Der Versuch der Therapeuten, die Nerven nachwachsen zu lassen, sei gescheitert und habe ihn fast das Leben gekostet, weil ein Gehirntumor entstanden und außer Kontrolle geraten sei. Die Schnittstelle, die es seinem Gehirn erlaubte, akustische Daten in eine dreidimensionale Landschaft zu verwandeln, half ihm zugleich, außerordentlich gute visuelle Effekte zu entwerfen. Während Monica die Geschichte über Holdens Leben nach der Zerstörung der Canterbury aufzeichnete, erschuf Cohen wundervolle visuelle Darstellungen der Szenen. Einmal zeigte er der Crew einen kurzen Clip, in dem Holden die Flucht von Eros nach der ersten Infektion mit dem Protomolekül schilderte und dabei durch perfekt nachgebildete Gänge von Eros schwebte, die voller Leichen waren.
    Einerseits genoss Holden die Interviews beinahe, andererseits konnte er die Darstellung von Eros nicht länger als ein paar Sekunden betrachten, bis er Cohen bitten musste, die Wiedergabe abzuschalten. Er war sicher gewesen, dass der Anblick irgendwie Miller auf den Plan rufen würde, doch das war nicht geschehen. Holden mochte die Erinnerungen nicht, die durch die Geschichte geweckt wurden. Die Dokumentarfilmer ließen es dabei bewenden und bedrängten ihn nicht weiter, als er von sich aus gehen wollte. Irgendwie fühlte er sich nur noch schlimmer, weil sie so freundlich mit ihm umgingen.
    Eine Woche vor der Ankunft am Ring holten sie die Behemoth ein. Monica saß bei der Crew auf dem Operationsdeck, als das riesige AAP-Schiff endlich nahe genug war, um von den Teleskopen der Rosinante erfasst zu werden. Holden hatte die Beschränkungen,

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