Abaddons Tor: Roman (German Edition)
Kampf mit den Haaren und ließ die Gedanken schweifen.
»Hast du nicht zugehört?«, fragte sie.
»Es ist Sonnabend.«
»Laden wir die Gäste zum Essen ein?«
Sie hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, einmal in der Woche zusammen zu essen, und dank einer unausgesprochenen Übereinkunft war es meist der Sonnabend. Auf einem Raumschiff spielten die Wochentage gewöhnlich keine große Rolle, doch Holden fand, wenn sie ihr Essen für den Sonnabend ansetzten, feierten sie in gewisser Weise gemeinsam das Ende einer und den Beginn der nächsten Woche. Es war eine kleine Erinnerung daran, dass es rings um sie immer noch ein Sonnensystem gab.
Bislang hatte er nicht daran gedacht, die Dokumentarfilmer einzuladen. Es hätte sich wie eine Invasion angefühlt. Das Essen am Sonnabend war für die Crew.
»Wir können sie nicht ewig draußen halten«, seufzte er. »Oder?«
»Es sei denn, wir wollen hier oben essen. Du hast ihnen ja den Zugang zur Messe gewährt.«
»Verdammt«, schimpfte er. »Ich hätte sie in die Quartiere sperren sollen.«
»Vier Monate lang?«
»Wir hätten ihnen Proviantriegel und Katheterbeutel unter der Tür durchschieben können.«
Sie lächelte. »Amos ist mit Kochen an der Reihe.«
»Na gut. Dann rufe ich an und sage ihnen, dass wir um acht Uhr essen.«
Amos machte Pasta mit Pilzen und reichlich Knoblauch und Parmesan. Es war sein Lieblingsgericht, und er verprasste eine Menge Geld, um echte Knoblauchzöpfe und echten Parmesankäse zum Reiben zu bekommen. Auch diesen kleinen Luxus würden sie sich nicht mehr leisten können, wenn der Mars sie tatsächlich vor Gericht zerrte.
Während Amos die Pilze und den Knoblauch andünstete, deckte Alex den Tisch und nahm die Getränkebestellungen auf. Holden saß neben Naomi auf einer Seite des Tischs, die Dokumentarfilmer auf der anderen. Das Tischgespräch war höflich und freundlich, und Holden fragte sich, warum ihm trotzdem nicht ganz wohl bei der Sache war.
Er hatte sie gebeten, keine Kameras oder Aufzeichnungsgeräte mitzubringen, und Monica hatte eingewilligt. Clip, der Marsianer, redete mit Alex über Sport. Okju und Cohen, die Naomi gegenübersaßen, erzählten Geschichten über ihren letzten Auftrag. Sie hatten über eine neue Forschungsstation berichtet, die sich in einer stationären Umlaufbahn um Merkur befand. Das Treffen mit den Gästen hätte angenehm sein können, aber das war es nicht.
»Normalerweise essen wir nicht so gut, wenn wir unterwegs sind, aber bei unserem allwöchentlichen gemeinsamen Mahl versuchen wir, etwas Besonderes zu machen.«
Okju lächelte. »Es riecht gut.« Sie trug ein halbes Dutzend Ringe, eine geknöpfte Bluse, einen silbernen Anhänger und einen elfenbeinfarbenen Kamm, der ihr krauses braunes Haar im Zaum hielt. Der blinde Tontechniker starrte heiter ins Leere, die schwarze Brille verbarg die obere Gesichtshälfte. Seine Miene war ruhig und offen. Monica beobachtete, wie Holden ihr Filmteam musterte, sagte aber nichts, sondern lächelte nur leicht.
»Mahlzeit.« Amos verteilte die Schalen mit dem Essen auf dem Tisch. Während sich die Gäste der Reihe nach bedienten, neigte Okju den Kopf und murmelte etwas. Holden brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, dass sie betete. So etwas hatte er seit Jahren nicht mehr gesehen – nicht mehr, seit er das Elternhaus verlassen hatte. Caesar, einer seiner Väter, hatte gelegentlich vor dem Essen gebetet. Holden wartete, bis sie fertig war, ehe er begann.
»Das ist sehr freundlich«, antwortete Monica. »Danke.«
»Gern geschehen«, gab Holden zurück.
»Wir haben Ceres vor einer Woche verlassen«, fuhr sie fort, »und ich glaube, allmählich haben wir uns eingerichtet. Ich frage mich, ob wir nicht bald mit den ersten Interviews beginnen könnten? Das wäre außerdem ganz nützlich, um unsere Ausrüstung zu testen.«
»Sie können mich interviewen«, bot Amos an. Es gelang ihm nicht ganz, seine lüsternen Blicke zu verbergen.
Monica schenkte ihm ein Lächeln, spießte einen Pilz mit der Gabel auf und starrte ihn an, während sie sich den Happen in den Mund schob und langsam kaute.
»Gut«, willigte sie ein. »Wir können mit einigen Hintergrundinformationen beginnen. Baltimore?«
Die Luft war zum Greifen dick. Amos wollte aufspringen, Naomi hielt ihn jedoch mit sanfter Hand zurück. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder und starrte den Teller an. Die sonst bleiche Kopfhaut und der Hals waren hellrot verfärbt. Monica konzentrierte sich unterdessen auf
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