Abaton
bringen, als ich es ihnen vorgebe.“ Er lächelte und Simon spürte, wie sich seine Anspannung langsam legte. Er drängte seinen Vater nicht, sondern wartete geduldig, bis er weitersprach.
„Ich habe eine Möglichkeit entwickelt, Energie aus der Atmosphäre zu gewinnen und in winzigen Batterien zu speichern. Mein Partner und ich haben damals daran gearbeitet, die Endgeräte zu entwickeln, die mit freier Elektrizität betrieben werden konnten. Kurz vor ...“ – er lächelte – „dem Durchbruch wurde ich verhaftet.“
Simon fragte ihn nach dem Grund.
„Steuerhinterziehung. Offiziell. Aber da ist nichts dran. Am Tag zuvor gab es einen Unfall in Mannheim, bei dem mein Partner fast gestorben wäre.“ Einen Augenblick lang zögerte er. „Deine Mutter hatte ein Verhältnis mit ihm ... Das habe ich erst hinterher erfahren.“
Schweigen. Simon hörte das zum ersten Mal. „Und dann?“, fragte er in die Stille.
„Die Staatsanwaltschaft hat falsche Unterlagen vor Gericht vorgelegt. Die Aufzeichnungen zu den Erfindungen, die ich beim Patentamt angemeldet habe, sind spurlos verschwunden. Ich konnte praktisch noch mal von vorn anfangen.“
„Steckt dein Partner dahinter?“
Simons Vater zuckte die Achseln. „Es kann sein, dass man diesen Unfall inszeniert hat, um ihn zu bedrohen, ihn dazu zu bringen, aufzuhören. Ich habe nie wieder mit ihm gesprochen.“
Die beiden schauten sich an.
„Jedenfalls stecken mächtige Leute dahinter, die mühelos Menschen manipulieren können. Leute, die nicht wollen, dass unsere Forschung auf den Markt kommt, dass Freie Energie wirtschaftlich genutzt wird.“
Simon schwieg einen Augenblick. „Du meinst die Energiekonzerne?“
Der Vater schwieg, hob nur die Schultern.
„Du hast Angst davor, dass sie dich umbringen lassen könnten ...“
Simons Vater schaute seinem Sohn tief in die Augen. „Wenn die wüssten, dass ich den ‚Durchbruch‘ noch gar nicht geschafft habe.“ Er lächelte. „Vielleicht habe ich mich einfach zu sehr in die Sache verbissen und habe mir selbst dabei im Weg gestanden.“ Er schaute Simon an. „Aber so ist es im Leben: Man muss dem Glück die Chance geben, von selbst zu einem zu kommen ...“ Er lachte laut auf. „Mein Gott, jetzt klinge ich schon wie die Anstaltspastorin.“
Simon stimmte in sein Lachen ein und es fühlte sich großartig an. Plötzlich hatte Simon eine Idee. „Wir könnten doch einen Mann hier reinschleusen, der dir ähnlich sieht. Und wenn Besuchstag ist, spazierst du an seiner Stelle nach draußen. Er kann dann behaupten, dass er irrtümlich eingeschlossen wurde, und sie müssen ihn freilassen. Ich kenne Leute, die uns dabei helfen würden.“
Simons Vater lächelte und wurde nachdenklich. „Ich will ehrlich sein mit dir, Simon. Einer der Gründe, weshalb ich mich nach Berlin habe verlegen lassen, ist, dass ich hoffe, hier meine Forschungen zu Ende bringen und die Ergebnisse Stück für Stück nach draußen schaffen zu können. Draußen bin ich nicht sicher. Aber auch hier drinnen wird meine Arbeit sabotiert. Immer wieder sind in letzter Zeit meine Forschungsergebnisse im entscheidenden Augenblick verschwunden. Deshalb habe ich mich verlegen lassen. Denn wenn ich mich beschwere, komme ich in die Psychiatrie und man gibt mir Medikamente. Angeblich gegen Schizophrenie.“
Simon nickte traurig. Er hatte sich so etwas gedacht. Und wenn er ehrlich war, hatte er sich so etwas erhofft. Denn nun wusste er, dass sein Vater ihn nicht auf Abstand hielt, weil er ihn nicht liebte, sondern weil er selbst unter Druck stand.
„Die Eltern von Linus haben auch an was geforscht“, sagte Simon. „Irgendwas mit Pflanzen. Er war überzeugt, dass man seine Eltern entführt oder getötet hat.“
Überrascht blickte Simons Vater auf. „Wer ist der Junge?“
„Er war mit mir in dem Camp. Wir sind Freunde. Das heißt, wir waren es, aber wir haben uns zerstritten. Und Eddas Mutter sitzt in einer Anstalt ...“ Simon stockte. Ja, wie hatte er das nur vergessen können? Die ganze Zeit hatte er gespürt, dass ihn etwas mit Edda und Linus verband, doch dass sie drei Teil einer Verschwörung gegen ihre Eltern sein könnten, darauf war Simon nicht gekommen!
„Vielleicht wollen diese Leute uns entführen, um unsere Eltern zu er-
pressen ...“
„Hast du noch Kontakt zu deinen Freunden?“, fragte sein Vater.
„Im Augenblick nicht.“
„Wohnen sie in Berlin?“
Simon schüttelte den Kopf.
„Kennst du jemanden in dieser Stadt, der dir
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