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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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Wagen herumging, die Ladeklappe öffnete und die beiden Männer begannen, ihre Fracht zu entladen. Auch Simon wurde in seinem Wäschesack aus dem Wagen gezerrt und unsanft auf den Boden gehievt. Dann hörte er, wie jemand die Tür der Wäscherei von außen abschloss und der Wagen wieder davonfuhr.
    Plötzlich war es still.
Sehr still.
Und Simon war allein.
    Er ließ das kleine Taschenmesser aufschnappen, das er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, und stach ein Loch in den Stoff des Sacks. Dann riss er daran, bis das Loch groß genug war, und kroch hinaus. Simon stand in einem Raum mit einigen Waschmaschinen und Trocknern. Es roch nach Chlor, Waschpulver und Weichspüler, den Simon nicht leiden konnte. Als sich plötzlich die Tür von außen wieder öffnete, blieb ihm keine Zeit, sich zu verstecken. Ein älterer Strafgefangener trat ein und warf Simon wortlos eine Anstaltskluft zu, die in der Ecke gelegen hatte, und bedeutete ihm, sie überzuziehen. Die Sachen waren groß genug, dass Simon sie über seiner Straßenkleidung tragen konnte. Der Alte spähte hinaus, um zu sehen, ob die Luft rein war. Dann gab er Simon ein Zeichen, ihm zu folgen.
    „Hofgang ist gleich um“, erklärte er. „Mach hinne.“
    Während sie den Gefängnishof überquerten, bemühte sich Simon auszusehen wie ein Sträfling. Wie gut, dachte er, dass er sich den Schädel rasiert hatte. Keiner der Wärter und Gefangenen schien an seiner Anwesenheit auf dem Hof Anstoß zu nehmen.
    „Hast du mir was mitgebracht?“, fragte der Sträfling leise, als sie einen der Blöcke erreichten und ins Treppenhaus traten. Simon zog das Päckchen aus der Tasche, das Geister-Bob ihm mitgegeben hatte.
    Der Alte ließ es in seiner Tasche verschwinden. „Dein Mann sitzt in der 32. Erster Stock.“ Mit diesen Worten ließ er Simon stehen und verschwand.
    Simon betrat den Eingang des genannten Zellenblocks und stieg die Treppe hinauf. Unterwegs traten Simon zwei ausländische Männer entgegen, die noch größer und breiter waren als Bobo. Obwohl Simon ihnen aus dem Weg gehen wollte, zwangen sie ihn, bis zum nächsten Treppenabsatz zurückzuweichen. Dabei starrten sie Simon an. Er hatte Mühe, ihren Blicken standzuhalten.
    Aber er tat es. Einer der beiden baute sich vor ihm auf, packte mit einer Hand sein Gesicht, das in seiner Pranke lag wie ein rohes Ei.
    „Hey, Babyface“, sagte der Schrank vor ihm. „Ich wette, du hast hier noch niemanden, der dich beschützt.“
    „Kann ich selbst!“, sagte Simon trotzig, obwohl das Herz ihm bis zum Hals schlug. Er wich zurück und mit einer schnellen Bewegung war er an dem Kerl vorbei. Er und sein Kumpel lachten.
    „Ich krieg dich, Schätzchen ...!“
    Nachdem er den beiden Riesen entwischt war, passte Simon seine Schritte an das Tempo im Knast an. Ja nicht zu schnell. Dann stand er vor der Zelle mit der Nummer 32.
    Die dicke, grünliche Metalltür war nur angelehnt und durch den Spalt erkannte Simon eine zusammengesunkene Gestalt, die sich über einen Papierstapel beugte; ein Anblick, der Simon noch immer vertraut war.
    Oft hatte er sich auf die Treppe zu Hause gesetzt und hatte seinem Vater einfach nur bei der Arbeit zugeschaut. Er war stolz, dass sein Vater eine wichtige Arbeit machte. So wie er immer sagte. Simon fand damals, als alles noch gut war, dass sein Vater den Nobelpreis verdient hätte. Je länger die Forschungen dauerten, desto häufiger saß Simon auf der Treppe. Der Vater redete immer vom Durchbruch, vor dem er unmittelbar zu stehen glaubte. Dieses „unmittelbar“ dehnte sich auf Wochen, Monate, auf zwei Jahre schließlich. Immer noch hatte der Vater keinen „Durchbruch“ erzielt. Immer noch hockte er Tag für Tag in seinem Arbeitszimmer. Nachdem Simon in der Schule etwas über das Gehirn gelernt hatte, hatte er sich entschlossen, seinem Vater zu helfen. Täglich saß er nun auf der Treppe und stellte dem Vater sein Hirn zur Verfügung. So hatte er sich das ausgemalt. Dass der Vater unbemerkt seine Denk-Kapazitäten anzapfen konnte. Um den „Durchbruch“ zu schaffen. Es hatte nicht gereicht ...
    Simon stellte sich in die metallene Tür und sagte kein Wort.
    Sein Vater blickte auf. „Was willst du?“, fragte er, wie früher manchmal, wenn Simon ihn bei der Arbeit störte. Im nächsten Moment wirkte er, als zweifelte er an seinem Verstand. „Simon!“, murmelte er entgeistert.
    Ein paar Blätter fielen ihm aus der Hand und rutschten über den glatten Boden der kleinen Zelle.
    Simon trat ein

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