Abaton
helfen könnte?“
„Nur Bobo.“
„Ich kann mich beim besten Willen an keinen Häftling in Stammheim erinnern, der so aussah, wie du mir diesen Kerl beschrieben hast. Bobo, sagtest du ...?“ Er schüttelte den Kopf. „Auch diesen Namen kenne ich nicht.“
„Er ist okay! Ein ehrlicher Krimineller!“ Simon lachte.
Sein Vater blickte ihn ernst an. „Das ist kein Spiel, Simon! Diese Leute verstehen sich darauf, Menschen ins Unglück zu stürzen oder gar verschwinden zu lassen. Mein Anwalt hat gesagt, dass einige der Männer, die für sie arbeiten, früher für Blackwater tätig gewesen seien. Hast du schon mal von dieser Organisation gehört?“
Simon schüttelte den Kopf.
„Sie heißen jetzt »XE-Services« und beschäftigen Söldner, die sich von jedem anheuern lassen, der sie bezahlt. Sie sind ausgebildet, um Menschen zu jagen und zu töten. Vielleicht hat man euch deswegen verfolgt. Wahrscheinlich seid ihr gerade noch mal davongekommen!“
Unruhig ging Simons Vater auf und ab. Dann blieb er plötzlich stehen. Simon musste ihm nochmals ausführlich von seinem Abenteuer im Tunnelsystem unter der Stadt berichten. Sein Vater hörte aufmerksam zu. Dann erzählte er Simon, dass man in Berlin vor dem Ersten Weltkrieg mit dem Bau der U-Bahn ein System aus unzähligen Tunneln und Räumen unter der Stadt geschaffen hatte, das von den Nazis weiter ausgebaut worden war. Noch immer wusste niemand, wo genau sich diese Räume und Tunnel befanden und was sich in ihnen verbarg. Es gab die obskursten Gerüchte über Goldlager, Menschen, die man dort habe verschwinden lassen, und Luxusbunker. Das Ganze sei Teil des Plans der Nazis gewesen, eine gigantische Stadt namens »Germania« entstehen zu lassen. Nach dem Untergang der DDR hatte man zum ersten Mal umfassendere Pläne der unterirdischen Anlagen gefunden. Über 300 Tiefbunker gab es unter der Stadt. Simons Vater war auf diese Dinge gestoßen, als er sich mit den Forschungen beschäftigte, die im Dritten Reich auf dem Gebiet der Freien Energie angestellt wurden. Simon genoss es, endlich mit seinem Vater über diese Dinge reden zu können. Er liebte es, dass er seinen Vater abfragen konnte wie eine Suchmaschine. Sein Vater gab ihm Halt und Gewissheit.
Nach einer Weile kamen sie wieder auf die Sonnenräder zu sprechen und Simon musste sie ihm genau beschreiben und wie die Bildsequenz auf ihn gewirkt hatte. Dann fiel Simon ein, dass Linus ihm ein Foto auf sein Handy geschickt hatte. Er zeigte es seinem Vater. Fasziniert starrte der darauf.
Mit Simons Handy in der Hand setzte er sich an den kleinen Tisch und begann zu rechnen. Ein Blatt nach dem anderen füllte sich mit Zahlen, Formeln und Berechnungen. Nicht einmal setzte er ab oder strich etwas durch. Er schrieb und schrieb und schließlich hielt er erschöpft, aber glücklich inne.
„Heureka!“, sagte er laut.
Er stand auf und ging zu Simon und strich ihm über den Kopf. Simon, der inzwischen eingeschlafen war, schlug die Augen auf.
„Was ist?“, fragte Simon schlaftrunken.
„Der Durchbruch!“, sagte der Vater. „Ich habe die Lösung!“ Er lief in der kleinen Zelle auf und ab und reckte siegesgewiss die Fäuste in die Luft.
„Lösung wofür?“
„Für meine Forschung! Ich habe die Formel für die Freie Energie! Ich habe das letzte mathematisch-physikalische Problem aus dem Wege geräumt, um einen Prototypen zu bauen, der nur mit freier Energie aus der Atmosphäre betrieben wird. Das ist mehr, als ich zu hoffen gewagt habe. Ich bin weiter, als ich je war.“ Seine Augen glänzten. Simon hatte seinen Vater noch nie so glücklich gesehen.
„Heißt das, du bist fertig?“, fragte Simon erwartungsvoll.
„Nein, jetzt müssen die theoretischen Grundlagen erst noch im Experiment bewiesen werden. Aber das geht hier drinnen nicht.“
Simon betrachtete die unzähligen Blätter, die nicht nur den Tisch, sondern auch den Boden und einen Teil seiner Pritsche übersäten.
„Und du hast mir dabei geholfen!“
Simons Vater wirkte plötzlich um zehn Jahre jünger, als sei eine riesige Last von seinen Schultern gefallen. Er zeigte Simon das Schaubild mit dem Resultat seiner Berechnungen, doch dann verdüsterte sich sein Gesicht.
„Was ist?“, wollte Simon wissen.
Niedergeschlagen blickte sein Vater zu Boden. „Wenn sie erfahren, dass du hier warst, werden sie die Zelle durchsuchen. Wir müssen diese Zeichnung irgendwie hier herausschaffen … Es muss doch einen Weg geben!“ Er wirkte verzweifelt.
„Du
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