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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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Immerhin hatte sie die Idee gehabt, Sophie vor ihren Karren zu spannen.
    Edda kniete auf dem Boden vor ihrem Koffer und konnte sich nicht entscheiden, welches T-Shirt sie für die Präsentation anziehen sollte. Mit einem kleinen Spiegel in der Hand und in ihrem neuem Outfit kehrte sie zu Thorben zurück.
    „Halt bitte mal kurz.“
    Edda drückte Thorben den Spiegel in die Hand und er wusste für einen verwirrten Moment nicht wohin mit den Blättern, dann klemmte er sie einfach zwischen die Zähne. Edda begutachtete sich lange im Spiegel.
    „Also?“ Sie nahm ihm den Spiegel wieder ab.
    „Du siehst echt ... klasse aus! Noch cooler als vorhin“, brachte Thorben zwischen den Zähnen hervor.
    „Den Aufsatz meinte ich!“, sagte Edda.
    Schnell las er weiter.
    Sie beobachtete ihn dabei.
    „Findest du wirklich, ich seh klasse aus?“
    Thorben nickte eifrig und räusperte sich. Jetzt war er schon fast 30 Minuten mit diesem schönen Mädchen zusammen. Es war, als kenne er sie schon lange. Als gehörten sie zusammen. Er hatte noch nie eine Freundin gehabt und jetzt das! Es war Thorbens Glückstag.
    „Und meine Arbeit?“
    „Die Arbeit, ach ja. Großartig! Deine Vision ... wie sich die Welt verändern würde, wenn alle Menschen eine Ausbildung zur Kindererziehung absolvieren müssten. Bevor sie Eltern werden könnten. Topp!“
    „Genau. Und wie? Wie, Thorben? Das ist doch die eigentliche Frage. Wie würde sich die Welt und alles verändern?“
    Ungläubig starrte Thorben sie an.
    „Nur kurz!“, rief Edda. „Wie würdest du dieses ‚Wie‘ kurz zusammenfassen?“
    Sie legte die Stirn in Falten. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich Linus und Simon vor ihrem Zelt vor Lachen bogen. Auch Edda musste grinsen. Doch Thorben war ganz bei der Sache.
    „Nun, es gäbe keine Gewalt und weniger Verbrechen. Die Menschen wären weniger unglücklich. Wenn sie aber weniger unglücklich wären, müssten sie weniger konsumieren ...“
    „Weniger kaufen meinst du?“, fragte sie erschrocken und nickte dann würdevoll. „Warum wohl? Hast du das auch verstanden?“
    „Logisch! Weil man herausgefunden hat, dass Konsum persönliches Unglück sublimieren soll. Durch Konsumverzicht würden weniger Rohstoffe verbraucht, müsste weniger gearbeitet werden, die Erde könnte sich erholen. Die Menschen wären glücklicher! So schließt sich der Kreis.“
    Stille.
    „Geniale Idee!“
    Edda war wirklich beeindruckt von den Thesen des Aufsatzes. Obwohl ... Konsumverzicht ...?
    Das Signal ertönte. Die Stunde war um.
    Thorben gab Edda die Blätter zurück und holte tief Luft. Was für ein Tag. Und es lagen noch zweieinhalb Tage vor ihnen. Vor ihm und Edda. Und während alle zum Sammelplatz trotteten, dachte Thorben, was seine Mutter wohl zu Edda sagen würde.
    [ 1123 ]
    Es stank. Scharf und beißend. Linus wusste, dass hier unten, direkt neben ihm, die alten Rohre der Kanalisation verliefen. Er fingerte eine kleine Dose mit Mentholcreme aus einer der Westentaschen. Gut, dass er auch daran gedacht hatte! Er tupfte sich ein wenig von der Paste unter die Nase. So war’s einigermaßen erträglich. Auch wenn es ihm für einen Moment die Tränen in die Augen trieb. Viel besser.
    Linus blickte im Dunkel des U-Bahn-Schachtes zurück. Gut, die drei Sterne, die er an den Wänden des Tunnels hinterlassen hatte, wiesen ihm den Rückweg.
    Aber noch musste er weiter.
    Weit war es nicht mehr zum Nord-Süd-Tunnel. Er musste zu der Stelle, wo die U-Bahn damals der falschen Weichenstellung gefolgt war. Wo seine Eltern für immer in dem Tunnel verschwunden waren.
    Linus horchte wieder auf. Wieder meinte er, ein verdächtiges Geräusch hinter sich vernommen zu haben. Nein. Nur eine Bahn, die irgendwo im Tunnelsystem dahinratterte. Er leuchtete auf seinen Plan. Schaute auf die Uhr: 00:14. Er war noch in der Zeit. Alles lief perfekt, glaubte Linus.
    Jetzt kam der gefährlichste Teil seiner Mission.
    Linus hockte sich in eine Nische und wartete. Da rollte sie heran. Die S3. Planmäßig. Der Fahrtwind rupfte an Linus’ Klamotten. Die Lichter der Bahn flackerten über sein Gesicht. Und für den Bruchteil einer Sekunde sah Linus in der Bahn ein Mädchen. Dessen Lachen zu einem Entsetzen gefror, als es Linus passierte. In diesem Bruchteil einer Sekunde erkannte Linus, dass das Mädchen nicht ihn gesehen hatte. Es war nicht über ihn erschrocken. Es hatte über ihn hinweggeschaut. Linus erstarrte. Was war da? Er versuchte, in den vorüberhuschenden Bahnfenstern etwas zu

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