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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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gerade gelabert?“
    Die Campleiterin erläuterte den Ablauf der nächsten Tage.
    „Vielleicht solltest du dich mal ein bisschen im Multitasking üben, Edda. Gleichzeitig sprechen und zuhören kann in bestimmten Situationen durchaus von Vorteil sein“, sagte Thorben gelassen, ehe er referierte: „In einer Stunde sollen wir unsere Visionen vor den anderen vorstellen. Für die wir das Ticket für das Camp bekommen haben. Das wird super.“
    „Was?!“ Eddas Herz sank.
    In ihren Magen.
    Das kannte sie. War schwer, dieses Gefühl wieder loszuwerden. Vor allem, weil sie einfach noch keinen Namen dafür gefunden hatte. Wie soll man gegen Feinde ankämpfen, die keinen Namen haben? Wie soll man sie verfluchen?
    „Scheiße!“
    „Wo?“, fragte Thorben und schaute sich um. Lachte. „War auch ’n Witz ...“
    Edda schaffte es, nicht hinzuhören. Sie hatte jetzt dieses unbenennbare Gefühl und ein großes Problem. Denn sie hatte nicht den blassesten Schimmer, was in dem Referat stand, das Sophie für sie verfasst hatte.
    Und schon gar nicht hatte Edda damit gerechnet, die darin enthaltenen Thesen jemals vorstellen zu müssen.
    Womit zum Teufel hatte sie überhaupt gerechnet? Mit Schlangen? In Berlin? Warum mussten ihre Gedanken auch immer abschweifen? Doch jetzt füllte allein der Gedanke daran, sich vor allen zu blamieren, ihren Kopf. Alle anderen Gedanken waren wie weggeblasen. Scheißescheißescheiße, lass dir was einfallen, Edda! Und zwar schnell!
    Die Campleiterin faselte irgendetwas über eine Nachtwanderung und einen Abschlussabend in einer Disco, dann löste sich die Versammlung allmählich auf. Nur Edda stand noch da. Wie erstarrt. Oh, sie kannte das. Wenn sie jetzt nichts tat, konnte das den ganzen Tag gehen! Dann war sie wieder am Rande des Wahnsinns. Edda fühlte sich allein. Unter 50 Jugendlichen. So allein wie in Indien; so allein wie immer! Tränen schossen ihr in die Augen. Sie klemmte die Lippen zusammen. Holte tief Luft. Nein! Nicht heulen. Nicht jetzt!
    „Thoooorben ...?“, säuselte es aus Edda heraus. Und sie schenkte ihm einen ihrer längsten Augenaufschläge und ein Lächeln, das sie so lange vor dem Spiegel geprobt hatte, dass es sich ganz automatisch einstellte und seine Wirkung noch nie verfehlt hatte. Thorbens Gesicht ging noch ein wenig mehr in die Breite. Wie sie seinen Namen ausgesprochen hatte! Nicht mal seine Mutter hätte je so viel Zärtlichkeit in das Wort »Thorben« legen können. Er blickte Edda an und es war ihm, als sähe er sein Glück. Sein vollkommenes Glück für jetzt und immerdar ...
    Er grinste und Eddas Laune hob sich, denn der bleiche Thorben in seinem hässlichen Hemd schmolz dahin wie ein kleiner, runder Schneemann in der Hölle. Edda wusste, dass sie diese Wirkung auf Jungs haben konnte. Auch wenn Thorben nicht gerade in ihr Beuteschema passte, seine Reaktion gab ihr neuen Mut.
    „Kannst du mir vielleicht ’n winzigen Gefallen tun?“
    Thorben nickte, ohne zu wissen, worum es ging. Sie hätte sagen können, er solle nackt durchs Camp marschieren und krähen, Thorben hätte selig genickt.
    „Würdest du so lieb sein und ...?“
    Thorben nickte weiter. „So lieb sein“ – mein Gott, wie das klang aus ihrem Mund. Wenn überhaupt einer „so lieb sein“ konnte, dann nur er.
    „Würdest du so lieb sein und meine Arbeit kurz durchlesen ... und eine klitzekleine Zusammenfassung von dem Papier machen?“
    Ach, wenn es sein muss, schreibe ich auch eine riesengroße Zusammenfassung, dachte Thorben und lächelte verzückt.
    „Aber du hast es doch selbst geschrieben: Wozu noch eine Zusammenfassung?“
    Es war Linus, der den Einwand formulierte und Thorben aus seinen Schwelgereien riss.
    Das Lächeln auf Thorbens Gesicht wich einem doppelten Fragezeichen. Denn leider hatte er recht, dieser Kerl ihm gegenüber, der größer war und natürlich besser aussah als er. Aber das war Thorben ja gewohnt.
    Linus hatte in einigem Abstand gewartet, um mit Edda zum Zelt zurückgehen zu können. Ganz zufällig versteht sich ... Jetzt stand er vor Edda und Thorben und forderte eine Antwort.
    „Schon ... Natürlich habe ich es geschrieben“, sagte Edda. „Aber ich bin leider nicht so gut im Zusammenfassen. Meine Gedanken sind einfach zu groß für eine kleine Zusammenfassung.“
    Ihre klaren Augen begannen verräterisch zu schimmern.
    „Das versaut mir irgendwann noch mein ganzes Leben“, fügte sie leise und kläglich hinzu, als sähe sie den Eingang zum Fegefeuer vor sich und

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