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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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Herkunft heißt das dann.“
    „Er kommt aus Frankreich, nicht aus Afrika,“ beharrte Simon. „Also, wenn schon, dann ‚Neger französischer Herkunft‘.“ Er sprach sehr entschieden. „Wenn Ihre Mutter so viele Negerfreunde gehabt hätte wie meine, wüssten Sie auch den Unterschied zwischen einem Neger aus Frankreich und einem aus Afrika. Oder Amerika. Amerika wäre cool.“
    „Neger ist ein Schimpfwort!“, rief ein blondes Mädchen. Theresa. Sie war eine, die genau wusste, wie sie sich bei Erwachsenen ein Lob abholen konnte. „Das ist rassistisch!“
    Simon zuckte die Schultern.
    „Neger ist Neger und kein Schimpfwort. Außer man macht es dazu. In Amerika nennen sich die Neger selbst Nigger.“
    „Es ist aber etwas grundlegend anderes, ob man sich selbst abwertet oder jemand anderer es tut“, meinte die Campleiterin.
    „Was auch immer.“ Simon zuckte wieder die Schultern. Er mochte es, wenn sich jemand aufregte. Das verlieh ihm Energie und den Mut, den er brauchte, um eine solche Situation zu meistern. Er fingerte einen kleinen, zerknitterten Zettel aus der Tasche und begann zu lesen.
    „Für die Zukunft unserer Welt wäre es am besten, wenn sich die Menschen in den einzelnen Ländern um ihre eigenen Probleme kümmern würden. Anstatt in der Welt herumzufliegen, um ihr Glück woanders zu suchen oder fremde Länder auszubeuten. Die Umwelt wäre weniger verschmutzt und die Kulturen würden sich nicht so vermischen. Dadurch bliebe viel Schönes erhalten, was andernfalls verloren geht. Viele Ideen und Lösungsvorschläge könnten auf diese Weise entstehen, statt des Einheitsbreis, den wir im Moment haben.“
    Dem Gesichtsausdruck der Campleiterin war nicht zu entnehmen, was sie davon hielt.
    „Darüber werden wir unbedingt später noch einmal reden“, sagte sie zu dem jugendlichen Publikum und wandte sich wieder an Simon. „Es sind interessante Ansätze in dieser These. Ich glaube nicht, dass du es rassistisch gemeint hast.“
    Simon verzog keine Miene, als er die Bühne verließ. Ein Sebastian, ein Max, eine Jeanette und eine Emma waren die Nächsten. Bei ihren Vorschlägen ging es um Rettung. Die Rettung der Eisbären, der Flora und Fauna und der Urvölker. Dann kam Linus an die Reihe.
    „Zukunft ist Vergangenheit!“, sagte er. Das war seine These. Und er begründete es damit, dass die ganze Welt aus Kreisläufen bestand. „Die Erde dreht sich. Um sich selbst und um die Sonne. So wie die Planeten. Alles dreht sich im Kreis. Warum nicht auch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft? Was die Begriffe dann auch völlig überflüssig macht. Zukunft ist Vergangenheit. Und umgekehrt. Alles ist immer und überall. Ewig. Wir können nichts verlieren. Kein Wissen. Keinen geliebten Menschen ...“
    „Und wie erklärst du das wachsende Wissen der Menschheit?“, fragte Thorben und hoffte ein wenig, Linus damit in die Enge treiben zu können.
    „Scheint nur so, dass es wächst. Ich glaube, es ist immer da, dieses Wissen. Fragt sich nur, ob wir es wissen wollen ...“
    Edda hatte den Kopf schräg gelegt, während sie Linus zuhörte. Keinen blassen Schimmer, was der da redet, dachte sie. Aber wie er das macht ... Sie lächelte. Thorben gefiel dieses Lächeln gar nicht.
    Aber er konnte sich jetzt nicht damit beschäftigen, denn nun standen seine drei Minuten an.
    Siegessicher schritt er nach vorne und passierte Linus, der an seinen Platz zurückging. Und musste dann von der Bühne aus beobachten, wie Edda Linus lächelnd empfing und keine Anstalten machte, ihm, Thorben, zuzuhören.
    „Ruhe. Bitteschön ...“, sagte er als Erstes in das Mikro und machte sich damit nicht gerade viele Freunde. Immerhin erreichte er, dass Edda jetzt zu ihm schaute.
    „Es geht um Geld“, sagte Thorben mit gewichtiger Stimme. Und blitzschnell verwandelte er sich vor Eddas geistigem Auge in einen 08/15-Politiker. Anzug und Krawatte. Geschniegelte Frisur. Aber immer noch das schrecklich bunte Hemd unter dem Jackett. Sie musste lachen. Was Thorben ein wenig irritierte. Schließlich erläuterte er gerade den zentralen Punkt seiner Zukunftsthese, nämlich die Abschaffung des Geldes. Geld hatte sich in den Jahren der Finanzkrise als absolut untaugliches Zahlungsmittel erwiesen. Thorben legte dar, wie man das Geld abschaffen und durch Tauschhandel die Welt verbessern könnte. Applaus für ihn.
    Und auch für Theresa, die als Nächste ans Mikro trat; für ihren Plan, wie man die Welt durch Vegetarismus verändern könnte.
    Die Campleiterin

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