Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)
laufen.
„Frieren tut es jedenfalls nicht. Die Rohre sind warm. Steigwärme.“
Edda fand einen Schrank mit sauberen Tischdecken, Kissen und Handtüchern. Die Jungs schoben einen Tisch aus einer der Nischen und bereiteten auf dem Boden ein Lager aus Tischdecken und sauberen Handtüchern. Strom gab es keinen, aber wie in dem Bahnwärterhäuschen hatte Simon bald eine Leitung im Keller angezapft, sodass sie auf einer Elektroplatte, die sie gefunden hatten, kochen konnten.
Bald darauf sprudelte das Nudelwasser, während Simon die Zutaten für die Sauce klein schnitt. Edda deckte den Tisch mit den Tellern und dem Besteck, das sie in den Schränken fand. Linus briet die Zwiebel mit dem Hackfleisch an. Während der Geruch ihnen in die Nase zog, lief Edda das Wasser im Mund zusammen. Auch die Jungs wurden immer hungriger, bis sie sich schweigend um den Saucentopf versammelten und auf die blubbernde Sauce starrten, als könne man die Zukunft darin lesen. Edda schmeckte die Flüssigkeit ab, dann gossen sie die Sauce über die fertigen Nudeln auf den chinesischen Tellern. Sie aßen schweigend und nach zehn Minuten war nichts mehr übrig. Sie fielen zurück und Simon und Linus strichen sich über die runden Bäuche, während Edda eine Schokolade auspackte.
„Irgendwas von Marie gehört?“, fragte Linus.
Edda schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich war irgendwie ... ganz woanders.“
Die beiden Jungen schauten sich an und nickten. Keiner wollte den Anfang machen und erzählen. Zu viel war in den letzten Tagen passiert. Jeder war mit dem beschäftigt, was er erlebt hatte.
Eddas Miene verdüsterte sich.
„Ich frag mich, wie wir weitermachen sollen. Wieso wir hier wieder aufeinandertreffen. Als ob sie uns lenken. GENE-SYS . Vielleicht haben wir gar keine Chance. Egal, was wir machen.“
„Wo willst du denn sonst hin?“, fragte Simon. „In eine andere Stadt?“
„Ich kann Marie nicht hierlassen“, sagte Edda entschlossen.
„Also brauchen wir einen besseren Plan. Und einen freien Kopf“, sagte Linus. „Edda hat recht. Es hat keinen Sinn, wenn wir uns immer wieder wie kleine Kinder gegen die aufbäumen. So verschwenden wir unsere Energie.“
Simon richtete sich auf.
„Aber wir werden auch stärker. Vielleicht stärker als die. Vielleicht haben wir uns gefunden, weil wir in Kontakt miteinander stehen und nicht, weil die es gewollt haben.“
„Ist doch aber genau das, was sie wollen!“, entgegnete Linus.
„Aber wir doch auch!“
„Das ist ja das Vertrackte! Wer weiß, was denen als Nächstes einfällt und wann dieser Clint wieder auftaucht? Ich will mit diesem Experiment nichts mehr zu tun haben“, sagte Edda bestimmt.
„Clint ist tot“, flüsterte Linus. Er schaute vor sich hin, doch er spürte, wie die beiden ihn ansahen. „Ich ... ich habe gesehen, wie er gestorben ist.“ Er verstummte. Edda und Simon spürten, dass Linus’ Schreckliches erlebt haben musste. „Er hat wieder versucht, mich zu töten.“ Linus ließ erneut eine Pause. „Wer so einen auf uns hetzt, den kann man nur mit Waffen bekämpfen.“ Linus rollte sich in ein paar Tischdecken und zog die Beine hoch. „Wir müssen uns Waffen besorgen und einen von denen entführen.“
Simon nickte.
„Am besten die Alte. Wir finden raus, wo sie wohnt und wenn sie Marie nicht freigeben, dann: Bamm! Und dann der Nächste: Bamm! Anders kannst du mit denen nicht kommunizieren.“
Linus und Simon klangen entschlossen wie Krieger vor dem letzten Gefecht. Edda musste zugeben, dass ihr diese Entschlossenheit gefiel. Es gab den Ausblick, dass etwas geschehen würde. Open end. Aber egal. Es war etwas Entscheidendes. Und das fühlte sich gut an. Männlich.
„Scheißplan“, sagte Edda dann doch, nachdem sie sich besonnen hatte. Nachdem ihr klar geworden war, dass es viel zu gefährlich wäre. Dass sie ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen würden. „Echt ein Scheißplan!“
„Gar nicht“, verteidigte sich Linus. „Du und Simon, ihr geht zum Schein auf das Angebot von GENE-SYS ein und trefft euch mit dieser Greta. Dann setzen wir sie fest.“
„Eine Knarre kriegen wir von Bobo.“
„Oder Olsen“, bestätigte Linus. Er erwähnte kurz, dass er auch ihm begegnet war und dass er Clints Mordversuch überlebt hatte.
„Hat er Clint umgebracht?“, fragte Edda.
„Ich bin jedenfalls kein Opfer mehr“, wich Linus aus. Die Jungs blickten sich an. Sie waren sich einig. Edda spürte, wie sich Übelkeit in ihrem Bauch ausbreitete; sie legte sich hin.
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