Abaton
anbot, dort die Nachbehandlung zu übernehmen, wenn er operiert worden sei. Simon bedankte sich artig.
Bobo brachte wahrlich das Beste in den Menschen hervor!
Als der Zug nach ein paar Stunden in Göttingen einlief, leerte sich das Abteil und auch der wärmende Glanz, den die mitfühlenden Menschen verstrahlt hatten, verflüchtigte sich allmählich. Mit einem Schlag fühlte sich Simon, als hätte er eine Tüte billiger Weingummischlangen gegessen.
„Wie herzlich die Menschen doch sind“, sagte Bobo tief ergriffen und erfüllt von den sentimentalen Regungen, die Simons angebliches Schicksal bei ihrem Publikum hervorgebracht hatte. „Ich hätte Pastor werden sollen!“
Mit flinken Fingern ging er durch eine Reihe von eben geklauten Brieftaschen, entfernte das Bargeld daraus und schleuderte sie dann einfach unter einen Sitz.
„Du hast die Leute von vorn bis hinten angelogen!“, rief Simon vorwurfsvoll. Plötzlich hatte er eine Stinkwut auf Bobo, weil er sich auf das Spiel eingelassen und nicht die Kraft gehabt hatte, Bobos Schwindel zu enttarnen oder sich wenigstens woanders hinzusetzen und ihm aus dem Weg zu gehen. Stattdessen war er zu Bobos Komplizen geworden.
Bobo winkte ab. „Mach nich’ so’n Wind, Freundchen! Die Leute lieben gute Geschichten. Ich mache sie glücklich und sie geben mir was dafür. Was soll daran schlimm sein?“
„Hast du kein Scheißgefühl, wenn du sie belügst und mit ihren Gefühlen spielst? Und ihnen dann auch noch das Geld aus der Tasche ziehst?“
Bobos Stirn legte sich in tiefe Falten. Er sah aus, als würde er lange und gründlich über Simons Frage nachdenken. Er zückte sein Diktafon.
„Ist die Erfindung des Geldes schon patentiert? Prüfen!“ Er klackte das Gerät aus und sah Simon an.
„Alles hat seinen Preis! Ich erwecke gute Gefühle in ihnen, die sie ohne mich nicht hätten. Wie viel Kohle bezahlen die Menschen für Filme? Mein Lieber, da hüpft aber richtig was in die Kralle! Nicht bloß so ein paar verhungerte Kröten hier.“ Er steckte das Geld weg.
„Aber in Filme gehen die Menschen freiwillig! Sie wissen, was sie erwartet und was in dem Film gezeigt wird.“
Bobo wiegte den Kopf hin und her. „Hat sie keiner gezwungen, hier an den Tisch zu kommen und zuzuhören, mein Freund. Außerdem sind meine Geschichten besser; gerade weil man NICHT weiß, was einen erwartet! Ich weiß es ja selbst nicht!“
Bobo war sichtlich zufrieden mit sich und Simon wusste keine Antwort mehr. Er zog sich in seinem Sitz zurück und der Zug raste weiter durch die Nacht, während die beiden schwiegen.
Ab und an lächelte Bobo Simon an, doch Simon war sauer.
[ 1249 ]
Kaum hatte Edda Linda rausgeschmissen, stand auch schon Marco vor der Tür, außer A tem u n d herrlich d urchnässt. Edda trug ihr bestes Outfit und hatte sich perfekt geschm i nkt. Auf Li n das Rat hatte sie ihre hochhackigen Schuhe angezogen und fühlte si c h so sexy wie an dem Tag, als sie in Berlin angek o m m en war.
Alles lief glatt: Marco küsste sie zur Begrüßung direkt auf den Mund. Er hatte eine Flasche Sekt mitgebracht und eine Weile albert e n sie herum. Edda s tellte ihn nicht zur R ede. Er räumte v o n sich aus ein, dass er einen Fehler ge m acht habe – Sophie habe ihm einfach leidgetan. Und dass er g e merkt habe, dass er und Edda zusammengehörten. Dass er sich die ganze Zeit nur Edda v o rgestellt h ab e , wa s ih m nicht schwergefallen sei, schließlich habe S o phie Edd a s Stil eins zu eins kopiert.
Geko n nt entkorkte Marco d i e Flasche, dan n g ingen sie zu Edda aufs Zimmer und Edda wählte die Pla y list aus, die seit Monaten für diese Gelegenheit auf ihrem Smartphone wartete. Marco sch o b sie zu ihrem Bett und setzte sich neben sie. Seine Hand wanderte unter Eddas Shirt. Sanft drückte er sie auf die Matratze z u rück und küsste sie. Edda spürte Marcos steifen Schwanz.
Sophie ... Warum dachte Edda ausgerechnet jetzt an Sophie?
„Wieso hast du mit ihr geschlafen?“, fragte sie leise. Kaum hör b ar.
Marco hob den Kopf und sah sie an. „Das ist jetzt doch nicht mehr wichtig.“
„Hast du schon mit vi e len Mädchen geschlafen?“
Marco wusste nicht, was die richtige Antwort auf diese Frage war. Also versuchte er, Edda wieder zu küssen, doch die drehte das Gesicht zur Seite.
„Ich hab noch nie mit jemandem gesch l afen“, sagte sie.
„Echt nicht? Hätt ich nicht gedacht.“
„Ja. Die meisten denken, ich wär ganz anders.“
„Ist mir egal“, sagte Marc o
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