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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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Wahrheit sagte. Simons Angst, die ihr hässliches Haupt in seine neue Welt gereckt hatte, war wieder verschwunden.
    Er hatte das Richtige getan.
    [ 1254 ]
    In der Einsatzzentrale von gene-sys meldete der Jingle die Ankunft einer Mail. Die Frau am Schaltpult drehte sich zu ihrem Computer und klickte die Mail an. Sie kam vom Regionalbüro Mannheim. »Operation Zwei-Punkt-Ex« stand in der Betreffzeile. Die angehängte Datei enthielt Aufnahmen einer Überwachungskamera. Die Frau öffnete die Datei und sah sich die Standfotos an. Sie zeigten Simon vor dem Gefängnis in Stammheim. Und sie zeigten ihn auf dem Bahnhof Stuttgart. Bahnsteig sieben.
    Es war nicht schwer herauszufinden, dass der Junge in den Zug nach Berlin gestiegen war.
    [ 1255 ]
    „Das ist ziemlich genial“, sagte Olsen. „Wenn ich das alles richtig verstehe ...“, schob er nach. Er hatte sich die Unterlagen, die Linus mitgebracht hatte, angeschaut und untersuchte gerade die Metallplatten und die Verdrahtungen. „Im Grunde ist das wie die Welt in klein“, erklärte er Linus. „Zwischen den beiden Platten wurde ein statisches Elektrofeld erzeugt, wie es auch zwischen Erdoberfläche und Himmel besteht. Das sich hin und wieder entlädt und Blitze aus dem Himmel in die Erde einschlagen lässt. So wie es aussieht, wurden die Samen zwischen den beiden Platten ein paar Tage lang diesem elektrostatischen Feld ausgesetzt, was offenbar einen Ur-Gencode der Pflanzen aktivierte und diese Urpflanzen hervorbrachte.“
    Olsens Stimme klang besorgt. Er sah Linus ernst an.
    „Wenn das so ist, dann hast du recht. Dann kann das nicht im Interesse eines Konzerns wie M.O.T. Nanos sein. Sie würden keine Geschäfte mehr machen. Niemand mehr bräuchte Insektizide oder ihren Dünger ... Ihre Samen.“
    Beide verstummten und dachten über die Konsequenzen nach.
    „Glauben Sie, dass dieser Söldner für die arbeitet ...?“
    „Clint? Gut möglich“, sagte Olsen. „Spricht jedenfalls alles dafür. Auch dass er hinter dir her war. Wahrscheinlich dachten sie, du hättest Bescheid gewusst über die Arbeit deiner Eltern.“
    „Und Sie meinen, er wollte mich wirklich ...?“ Linus brachte das Wort nicht über die Lippen. Als könnte er es, wenn er es aussprach, heraufbeschwören. Olsen widersprach nicht.
    „Ich wünschte, ich hätte den Mut, diesen Dr. Ono zu stellen“, sagte Linus schließlich. Sein Blick wanderte von Olsen zu dessen Computer und wieder zu ihm zurück.
    Olsen verstand, was Linus meinte. „Nein. Vergiss es. Besser, du gehst zur Polizei.“
    „Wissen Sie, wie oft ich da schon war? Zuletzt haben sie mich nur noch ausgelacht“, sagte Linus. Nein. Das wollte er mit Sicherheit nicht noch einmal erleben. Er wollte die Männer stellen, die für das Verschwinden seiner Eltern verantwortlich waren. Für den Mord an ihnen. Linus musste sich überwinden, das auszusprechen, doch nach all dem, was er herausgefunden hatte, war er überzeugt, dass es so war. Er habe keine Hoffnung mehr, sagte er, und wolle auch keine mehr. Er wolle nur noch eins: Gerechtigkeit.
    „Nein, Linus. Du bist wütend. Und du willst Rache“, sagte Olsen. „Es gibt keinen schlechteren Ratgeber.“
    „Ich will es von diesem Dr. Ono persönlich hören, warum er das angeordnet hat. Ich will, dass er mir das ins Gesicht sagt!“ Linus’ Wut wandte sich gegen ihn selbst. Denn er wusste, dass er niemals den Mut dazu haben würde. Und dennoch hatte er das Gefühl, es seinen Eltern schuldig zu sein.
    „Wenn Sie heute noch etwas für Ihre Eltern tun könnten ...“ Noch während Linus sprach, wurde ihm klar, dass er damit einen wunden Punkt bei Olsen getroffen hatte. Nicht sein verletzter Schädel war seine wunde Stelle, sondern seine versehrte Seele. Einen Moment lang kehrte Olsen in die Vergangenheit zurück. Er saß in dem hellen Raum, in dem er nicht schlafen konnte. Er hörte wieder diese viel zu laute klassische Musik, die nicht einen Augenblick lang verstummte. Und er hämmerte wieder jammernd und flehend gegen die Tür. Er brüllte, dass er reden werde. Dass er alles sagen werde, wenn es nur endlich wieder still sei. Endlich still. Und dunkel ...
    Olsen seufzte. Dann setzte er sich an den Computer, rief das Programm auf, das dieses breite Spektrum an Frequenzen erzeugen konnte, und klickte dann einen Unterordner an. Es waren Schwarz-Weiß-Aufnahmen des MK-Ultra-Programms der CIA, das damals im Camp King in Oberursel erprobt wurde. Olsen deutete auf eine Reihe von Wissenschaftlern, auf

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