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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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hatte. Es waren Bilder. Bilder, die vor seinen geschlossenen Augen auftauchten. Ein Gewächshaus. Ein Hund. Olsen ... Eine rote Kappe. Drähte? Waren das Drähte? Und ein Junge. Clint atmete schwer. Was waren das für Bilder, die sich da in sein Bewusstsein drängten? Er zwang sich, die Bilder zuzulassen. Und damit den Schmerz, der sie hervorbrachte. Er atmete, atmete tief in den Schmerz hinein. Und die Bilder reihten sich langsam auf, brachten sich nach und nach in eine logische Reihenfolge. Clint erinnerte sich. An Köln. An seinen Auftrag dort. An das, was in Olsens Haus tatsächlich passiert war ...
    Keine zehn Minuten später saß Clint in seinem silbernen Van in Richtung Autobahn. Am Wiesbadener Kreuz bog er nach Norden ab. Auf die A3 in Richtung Köln.
    [ 1251 ]
    Mit seinem Fahrrad war Linus unterwegs in die Aachener Straße. Es war so spät in der Nacht, dass die Bahnen nicht mehr fuhren, und ein Taxi war  ihm zu teuer gewesen. Er hatte nicht mehr warten können. Er musste mit jemandem reden, dem er vertraute, der sich auskannte.
    Je länger sich Linus im Internet mit dem Forschungsprojekt der Eltern befasst hatte, desto klarer wurde ihm die Gefahr, in die sich seine Eltern begeben hatten. Jetzt verstand er, warum sich die versteinerte Pflanze auf dem Museumsprospekt und die Farne, die seine Eltern gezüchtet hatten, so ähnelten. Es war seinen Eltern gelungen, aus den Samen heutiger Pflanzen so etwas wie deren Urversion herauszuzüchten. Diese Samen hatten sie einem elektrischen Feld ausgesetzt. Die Pflanzen, die sie schließlich gezüchtet hatten, benötigten keinen Dünger und keine Insektizide. Und versprachen überdies einen höheren Ertrag als alle Mais- oder Getreidesorten, die heutzutage auf dem Markt waren.
    Den letzten Anstoß, das Verschwinden seiner Eltern mit ihrem Forschungsobjekt in Zusammenhang zu bringen, gab Linus, was er im Internet über den »Urzeitcode« gefunden hatte. Schon in den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhundertes hatten zwei Schweizer Forscher erfolgreich ähnliche Experimente mit Mais und sogar mit Forellen durchgeführt. Doch das Patent, das der Konzern, für den sie arbeiteten, beim Europäischen Patentamt eingereicht hatte, verschwand ungenutzt in den Tresoren der Firma.
    Wieso hatten seine Eltern nicht begriffen, in welcher Gefahr sie schwebten, als sie den Termin mit Dr. Tomas Ono vereinbarten? Für dessen Chemie- und Düngerkonzern konnte die Züchtung seiner Eltern den Bankrott bedeuten.
    Linus’ Herz pochte. Er war sich sicher, auf der richtigen Spur zu sein. Auch wenn er sich immer noch keinen Reim darauf machen konnte, warum exakt diese Urzeit-Farne auf den Hypnosebildern im Berliner Untergrund zu sehen waren. Vielleicht hatte er die Abbildungen einfach falsch interpretiert, weil er krampfhaft eine Spur hatte finden wollen.
    Bestürzt über seine neuesten Erkenntnisse schaute sich Linus noch einmal die letzten Bilder an, die er von seinen Eltern besaß. Die Aufnahmen der Überwachungskamera, die sie beim Einsteigen in die U-Bahn zeigten. Traurig verfolgte Linus, wie seine Eltern im Waggon verschwanden. Plötzlich fiel ihm etwas auf, das er vorher nie beachtet hatte. Das er vorher nie beachten konnte. Denn bis vor Kurzem hatte er den Mann, der als Letzter denselben Waggon wie seine Eltern betrat, nicht gekannt. Es war der Söldner. Clint ...
    War sein Vater bei ihrem letzten Telefonat über den Anblick des Söldners so irritiert gewesen? Denselben Mann, der die Eltern schließlich hatte verschwinden lassen wie ein böser Zauberer? Linus war bei diesem Gedanken furchtbar erschrocken. In seinem Hirn summten und brummten die Gedanken wie ein Bienenschwarm. Olsen hatte ihm die alten Skizzen des Magiers aus Berlin gezeigt. War dieser Furioso ein böser Zauberer? Wie hing das alles zusammen?
    Während er schnell durch die Nacht radelte, stand alles klipp und klar vor Linus’ geistigem Auge: Dr. Ono und sein Konzern hatten den Söldner beauftragt, seine Eltern zu beseitigen. Ihre Züchtung hätte den Weltkonzern M.O.T. Nanos seine Umsatzmilliarden gekostet und über kurz oder lang in den Ruin getrieben.
    Linus bog von der Aachener Straße in den Hinterhof ab, fuhr vorbei an den Gewächshäusern und hielt vor Olsens Gartenhaus an. Er schnappte sich den Karton mit den Erinnerungsstücken an die Eltern, den er auf den Gepäckträger geschnallt hatte, und eilte zur Tür. Olsen, den Linus benachrichtigt hatte, wartete schon und ließ ihn herein. Timber wedelte und

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