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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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schon.“
    Edda war in diesem Moment überzeugt, dass ihre Mutter wirklich wieder die „alte“ war. Es erinnerte Edda alles an damals, als sie nach Indien gingen. Kein Argument hatte die Mutter stoppen können. So war Edda in die dunkelste Zeit ihres Lebens geraten. Die erst durch Shiva erträglich und besonders und schön geworden war ...
    „So lebst du also jetzt“, sagte die Mutter und sah sich in Eddas Zimmer um. „Hast du schon einen Freund?“
    Edda schüttelte den Kopf und räumte an der Kiste mit Maries Sachen herum, weil sie auf das Thema Jungen bestimmt keine Lust hatte.
    Die Mutter mhmte in einer Weise, die Edda suggerieren sollte, dass sie ihr nicht glaubte.
    „Hast du eigentlich diesen Bernikoff gekannt?“, lenkte Edda ab. Sie hielt ihr ein Foto hin. Die Mutter kam zu ihr, setzte sich auf das Bett.
    „Nein“, sagte sie. „Aber in Maries Leben hat er immer eine große Rolle gespielt.“
    „Er war ein Magier!“
    „Mehr als das!“ Ihre Mutter blickte sie an. „Sagt jedenfalls Marie. Sie behauptet, Bernikoff wäre vor dem Dritten Reich einer der führenden Denker Deutschlands gewesen. So was wie ein Universalgenie. Bis die Nazis ihm verboten haben zu arbeiten.“ Sie lächelte überlegen. „Aber wenn das so wäre, warum kennt ihn dann niemand sonst, nicht?“
    „Wenn sie alles vernichtet haben, von ihm? Vielleicht war das mit dem Magier nur eine Tarnung.“
    Eddas Mutter sah Edda mitleidig an und zuckte mit den Schultern.
    „Hab nie danach gefragt. Vielleicht hast du recht ... Merkwürdig, wie wenig man sich für das Leben seiner Eltern interessiert, nicht?“
    Edda wusste nicht, ob das eine Spitze gegen sie war. Sie wollte es auch nicht wissen. Sie schauten auf die Papiere und Fotos, die auf ihrem Bett lagen, und Edda fiel auf, dass ihre Mutter sich weigerte, etwas in die Hand zu nehmen oder die Bilder näher zu betrachten. So als habe sie eine Abneigung gegen diese Dinge.
    „Irgendwie hab ich gedacht, er wäre dein Vater“, sagte Edda.
    „Nein“, sagte Eddas Mutter. „Mein Vater war ein junger Amerikaner, ein Offizier, der in West-Berlin stationiert war. Ich habe meinen Vater nie getroffen.“
    „Hast du nie versucht, ihn zu finden?“
    Eddas Mutter schüttelte den Kopf.
    „Ich hab jedenfalls kein Strandgut gesammelt, so wie du. Marie wusste ja nicht einmal seinen vollständigen Namen. Es war ein One-Night-Stand.“
    „Soll das eine Entschuldigung sein?“ Edda regte sich auf. „Muss man Verantwortung für sein Kind erst übernehmen, wenn man 10-mal oder 100-mal miteinander gevögelt hat?“ Sie verstummte, als sie den Blick der Mutter sah, und lenkte ein wenig ein. „Ich begreif wirklich nicht, wie man so was machen kann!“
    „Es war eben eine andere Zeit!“, sagte die Mutter sanft.
    „Kinder sind Kinder!“, sagte Edda. „Die brauchen Eltern. Egal in welcher Zeit. Wozu gibt es denn sonst Vater und Mutter?“
    „Du brauchst Menschen nicht zu verurteilen, nur weil sie sich entschieden haben, anders zu leben als du“, sagte ihre Mutter plötzlich streng.
    Edda spürte, wie ihr Blut in die Wangen schoss. Wie oft sie diese Sprüche gehört hatte! Verurteile nicht! Sei tolerant! Hab Verständnis! Immer dann, wenn Edda nicht gewollt hatte, was die Sekte wollte! Wenn sie sich mit Shiva in den Bus zurückgezogen hatte. Wenn sie ihre Mutter mal einen Tag für sich haben wollte! Wer hatte für Eddas Wunsch, normal zu sein, Verständnis gehabt? Niemand ist normal, dachte Edda. Man wird normal gemacht! Normalität ist eine Krankheit!
    Edda schluckte die Wut, die in ihr aufstieg, herunter. Sie wollte nicht streiten. Nicht jetzt.
    „Hast du Hunger?“
    Die Mutter nickte.
    „Ist doch seltsam. Wir beide haben keine Väter“, sagte Edda, nachdem sie eine Weile stumm beim Essen gesessen hatten. „Und wer waren Maries Eltern? Ich weiß kaum etwas über unsere Familie.“
    „Männer haben Frauen seit Jahrhunderten unterdrückt und über die Biologie versklavt. Marie und ich wollten keinen Mann, der unsere Kinder mit diesen Mustern prägt. Der Sklavinnen aus unseren Töchtern macht, die sich den Männern unterwerfen. Wir wollten Töchter, die ihre Stimme nicht mausimäßig eine Oktave höherschrauben, sobald ein Mann den Raum betritt, Mädchen, die eigenverantwortlich sind und die sich nicht unterordnen.“
    Eddas Mutter sprach, als hätte sie die Worte auswendig gelernt und Edda spürte, wie das altbekannte Gefühl der Hilflosigkeit in ihr aufstieg. Der hilflosen Wut über den

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