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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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sagte er nicht. Er versuchte zu überzeugen, voll gnadenloser Nächstenliebe und christlichem Verständnis. Und das war so was von ätzend, dass Linus schnell auf seine neue Taktik umgeschwenkt war. Er hörte Rob zu und gab ihm somit das Gefühl, ihn zu erreichen.
    Linus marschierte die zwei Treppen hinauf zu seinem Zimmer unter dem Dach. Dort warf er seinen Rucksack aufs Bett, schaltete das Smartphone ein und schaute nach, ob jemand angerufen hatte. Wie sehr hätte er sich über einen Kontakt von Edda oder auch von Simon gefreut. Aber nach seinem Auftritt bei ihrem Abschied konnte er das nicht wirklich erwarten. Keine neuen Nachrichten. Auch nicht auf Facebook.
    Linus schloss das I-Phone an den Laptop an und überspielte die Fotos, die er in den letzten Tagen gemacht hatte. Es überraschte ihn selbst, dass so viele Bilder von Edda darunter waren. Ein paar von Simon waren auch dabei. Außerdem Fotos von dem Stiefelabdruck im Sand. Von der Campleiterin und dem komischen Discjockey vor dem Disco-Bus. Und die Fotos aus dem Museum. Auf einem war Professor Schifter, ein anderes zeigte die Pflanzen, die Linus wiedererkannt hatte. Linus hielt den Speichervorgang einen Moment an.
    Diese Pflanzen ... War das ein Zufall? Was hatte es damit auf sich? Warum hatten sich seine Eltern damit beschäftigt? War das die Spur, der er hätte folgen sollen? Seine Eltern waren nach Berlin gefahren, um irgendjemandem die Ergebnisse ihrer Forschung zu präsentieren. Und sie hatten in den letzten Jahren an genau diesen Pflanzen geforscht.
    Er klickte weiter. Schließlich lud der Laptop auch die Fotosequenz der Sonnenräder aus dem stillgelegten U-Bahn-Tunnel. Linus schaute zu, wie sie der Reihe nach in seinem Fotoordner landeten.
    „In 15 Minuten hatte ich gesagt, mein Freund!“ Robs Singsang klang von unten herauf und störte Linus bei dem Gedanken, ob auch er sich auf das Hypnoseexperiment mit der Fotosequenz einlassen sollte.
    Er legte den Laptop in die Schreibtischschublade, verschloss sie und ging hinunter. Am unteren Treppenabsatz beschloss er, dass er die Sonnenrad-
Hypnose erst probieren würde, wenn jemand dabei war, der ihn wieder zurückholen könnte. Jemand, dem er absolut vertraute. Jemand wie Edda  ...? Ja, jemand wie Edda.
    [ 1207 ]
    „Wir müssen reden, mein Freund“, sagte Rob.
    Linus stellte auf Durchzug. Von links nach rechts. Er empfand dieses Bild als passend, auch wenn er nicht wusste, ob man tatsächlich von links nach rechts sprach oder hörte. Nicken! Der Befehl kam aus dem Unterbewusstsein und Linus nickte. Er schaute Rob ins Gesicht, sah, dass sich seine Lippen bewegten, aber was er sagte, blieb Linus verborgen. Nicken! Rob nickte auch. Weil Linus nickte. Und Rob fühlte sich verstanden und redete weiter.
    Linus schweifte mit den Gedanken ab, nicht aber mit dem Blick. Die Lippen von Rob ließen ihn an die gemeinsamen Mahlzeiten denken. „Frühstück, Mittagessen und Abendessen gehören der Familie. Da versammeln sich alle um den Tisch.“ Eine weitere von Robs Regeln. Linus war das nicht gewohnt. Außer an Wochenenden, wenn er für seine Langschläfer-Eltern das Frühstück hergerichtet hatte, hatte er allein gegessen. Er hatte immer für sich selbst gesorgt, so lange er denken konnte. Burger, Döner oder, wenn er zu Hause war, eine Pizza aus der Mikrowelle. Er aß am Küchentisch und in zehn Minuten war die Sache gelaufen. Hier aber, bei den Flanders, wurde gekocht und gebacken. Und immer nur Bio. „Bewusstes Essen fördert bewusstes Denken“ ... ätzend.
    „Was?“ Linus hielt den Fluss seiner Gedanken an. „Was?!“ Er hatte Rob unterbrochen, denn dummerweise hatte er doch ein paar von den Worten seines Pflegevaters mitbekommen.
    „Es muss sein, Linus. Wenn du in Zukunft dein Leben leben willst, dann musst du die Suche nach deinen Eltern endlich aufgeben“, sagte Rob. „So schwer dir das fällt.“
    „Aber sie gehören zu meinem Leben.“
    „Ja. Es ist aber vor allem das Leben mit deinen Eltern, das du suchst. Du willst dein altes Leben zurück. Aber das geht nicht mehr.“ Rob redete mit warmer Stimme. Linus hatte den Durchzug gestoppt und war jetzt ganz Ohr. Es war ihm sofort klar, dass Rob mit der Campleiterin gesprochen haben musste. Sie hatte ihm von dem nächtlichen Ausflug berichtet. Davon, dass man Linus im Untergrund der Stadt aufgespürt hatte. Dort, wo seine Eltern verschwunden waren.
    Und wie sich herausstellte, wusste Rob auch von Linus’ der Abhärtung dienenden Nächten auf dem

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