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Abbau Ost

Titel: Abbau Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Baale
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finden und eine Familie gründen und sich für Kinder entscheiden, ein schnell wachsender »Männerüberschuss«. Wolfgang Weiß
     ist der Überzeugung, »dass sich ohne dieses Korrektiv, diesen Kulturfaktor Frau, Verhaltensmuster innerhalb der Gesellschaft
     verändern werden, bis hin zur Verselbstständigung kleiner Männergesellschaften, die ihre eigenen Wertvorstellungen entwickeln.«
     Für den Wissenschaftler ist es nicht verwunderlich, dass besonders viele junge Frauen Ostdeutschland verlassen. »Das Selbstverständnis
     der gelernten DDR-Frau, unabhängig vom Mann, ökonomisch selbstständig zu sein, sich auch in beruflicher Tätigkeit persönlich
     zu verwirklichen, wirkt wahrscheinlich von der Müttergeneration auf die Töchtergeneration. |139| Das ist die Frage der Selbstbewusstheit der jungen Frauen im Osten Deutschlands, eine besondere Form von Emanzipation, die
     auch dann dazu führt, dass man mit Selbstbewusstsein und mit Übersicht über das Land, über das Land Bundesrepublik als Ganzes,
     seine Standorte wählt, wo man sich verwirklichen kann. Und wenn das eben hier nicht möglich ist, dann geht man – oder dann
     geht besser gesagt Frau.«

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Transferleistungen
    Der Begriff »Mezzogiorno« ist für den Osten Deutschlands ein
Kompliment, das dieser nicht verdient. Denn der Süden Italiens
liegt bei einem Leistungsbilanzdefizit von 12,5 Prozent, der deutsche
Osten hingegen kommt auf sagenhafte 45 Prozent.
     
    Thomas Betz, freier Publizist und Consultant in Berlin, in: ›Am Ziel vorbei. Die deutsche Einheit – Eine Zwischenbilanz‹,
     Berlin 2005
    Inzwischen gilt es als ausgemacht, dass jährlich etwa vier Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes vom Westen in den
     Osten transferiert werden. Die Transferrate liegt damit deutlich über den Wachstumsraten und zehrt von der in Westdeutschland
     noch vorhandenen Substanz. Solche statistischen Erhebungen setzen immer voraus, dass geografisch umrissene Regionen einer
     Volkswirtschaft isoliert betrachtet und dann miteinander verglichen werden. Nach der Logik dieser Berechnungen wäre ein vom
     Osten in den Westen umziehender Arbeitsloser, der auch im alten Bundesgebiet keine Beschäftigung findet, ein Ost-West-Sozialtransfer.
     Neben diesen allen Bürgern gleichermaßen zustehenden Sozialleistungen fließt ein großer Teil der Transfers in die Unterhaltung
     eines aufgeblähten Verwaltungsapparates. Dagegen beliefen sich die Zahlungen für den Bau von Autobahnen, Bundesstraßen, Schienenwegen
     und Wasserstraßen, von deren Aufträgen vor allem im Westen beheimatete Firmen profitierten, in den ersten zwölf Jahren der
     Einigung auf insgesamt 53 Milliarden |140| Euro, nur rund vier Prozent der theoretischen West-Ost-Transfers.
    Letztlich sagt das alles nicht viel. Solche Gegenüberstellungen reduzieren die ganze Ambivalenz wirtschaftlicher Beziehungen
     auf eine statistische Momentaufnahme. Geschichtliche Aspekte, Wanderungsbewegungen, staatliche Subventionen und die Funktion
     von Absatzmärkten werden dabei bewusst ausgeklammert. Es ist nicht bekannt, dass derlei Gegenüberstellungen einer Nation außer
     Ressentiments jemals etwas gebracht hätten. Die wirtschaftlich stärkeren Regionen profitieren nicht nur von der Schwäche der
     anderen, durch ihre Vormachtstellung verschärfen sie die Zustände, die sie öffentlich beklagen. In den eigenen Staatsgrenzen
     bleiben derlei Betrachtungen ein Nullsummenspiel. Will eine Nation ihren Wohlstand mehren, dann bringen sie Verteilungskämpfe
     nicht weiter, dann muss sie mit anderen Nationen in Wettbewerb treten.

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Drei Engel für Deutschland
    Unter den vielen Hiobsbotschaften, die von der deutschen Wirtschaftspresse im Sommer des Jahres 2005 verkündet werden mussten,
     ragte eine besonders heraus: Der Verkauf der Siemens-Handy-Sparte an den jungen taiwanesischen Hightechkonzern BenQ. Insider
     ahnten schon damals, dass sich die deutschen Produktionsstandorte nicht mehr halten ließen. Tatsächlich sollte es nur noch
     ein Jahr dauern, ehe BenQ die Werke in München, Kamp-Lintfort und Bochum in die Insolvenz schickte. Auch wenn es anfänglich
     noch Hoffnung gab, der neue Eigentümer könne die deutschen Produktionsstandorte sanieren, war das Selbstbild der einstmals
     erfolgreichen Industrienation erschüttert. Täglich gingen in Deutschland offiziellen Schätzungen zufolge etwa 1 000 Arbeitsplätze
     verloren, davon 600 Industriearbeitsplätze, aber das, hieß es, habe bislang

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