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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sprache geschrieben. In dem türkischen wies der türkische Achmed Agha nach, daß der persische Achmed Agha damals den persischen Hauptmann, den persischen Oberleutnant und die ihnen beigegebenen Soldaten nach und nach erschossen habe, um selbst Kommandant zu werden. Und in dem persischen brachte der persische Achmed Agha die Beweise, daß der türkische Achmed Agha damals den türkischen Hauptmann, den türkischen Oberleutnant und ihre beiden Soldaten nacheinander weggeschossen habe, um die oberste Stelle hier zu bekommen. Dabei lagen einige Notizen von des Feldwebels Hand, aus denen hervorging, daß diese Berichte von den beiden Achmed Agha verfaßt worden waren, um einander gelegentlich zu vernichten, und daß der Basch Tschausch sie ihnen gestohlen hatte, um Erpressungen auszuüben. Ich wußte genug, rollte die Papiere zusammen und steckte sie wieder in das hohle Bein. Die Holzscheibe, deren Stifte genau in die kleinen Löcher paßten, wurden wieder festgeklopft und das Bett sodann genau an seine vorige Stelle gerückt.
    Nach diesem Erfolge machte ich mich an meine eigentliche Aufgabe, nämlich an den Pöntsch. Die guten Leute hatten mir ein Feuer angezündet, an dem ich ein Kalb hätte braten können. Ich warf die Zwiebel, den Knoblauch und die überflüssigen Zitronen hinein, und es dauerte nur kurze Zeit, bis ich sie in Asche verwandelt sah. Dann goß ich Arrak und Rum zusammen und verteilte beides derart in die zwei Krüge, daß der Punsch in dem einen recht mild und lieblich, in dem andern aber zehnfach stark geriet. Dann löschte ich das Feuer aus und trug das Getränk zu den sehnsuchtsvoll Wartenden hinüber. Natürlich stellte ich die Krüge so, daß die milde Sorte auf Halef und mich, die starke aber auf die beiden anderen kam.
    Wollte ich berichten, was während des Trinkens nun alles gesagt und gesprochen wurde, so würde diese Erzählung zur Burleske werden, und das soll sie nicht. Doch darf ich nicht verschweigen, daß wir nach einem kleinen Stündchen den Basch Tschausch hinüber auf sein Bett schaffen mußten, weil er sich nicht mehr aufrecht halten konnte. Ich war froh, als er fort war, denn nun Achmed Agha sich allein mit uns befand, konnte er freier reden als vorher. Auch er hatte bereits einen Rausch, doch befand er sich noch im Stadium des Prahlens, aus dem man dann in das Stadium der Aufrichtigkeit tritt. Ich übergehe alles nicht hierher Gehörige. Wir erfuhren, daß die beiden Douanen vollständig gleich gebaut seien. Nämlich ein großes Haus für den Oberst und ein kleines für den Leutnant; hierzu die nötigen anderen Räume. Aber die Leutnants waren nicht gleichnamig, sondern übereck verteilt, so daß der türkische Leutnant drüben auf der persischen Douane und der persische Leutnant hüben auf der türkischen wohnte, weil auf der türkischen Seite auch persisch und auf der persischen Seite auch türkisch expediert werden mußte. Als er uns dies erklärte, war er mit seinem Rausch bereits so weit gekommen, daß er die beiden Achmeds, die beiden Selims, die beiden Douanen und das Türkische und Persische schon nicht mehr auseinanderhalten konnte. Er verwechselte alles. Er kam nach und nach ins Lallen. Als ich ihn fragte, warum der persische Leutnant hier hüben und sein eigener Leutnant drüben beim Perser sei, sah er mich erst ganz verständnislos an und antwortete dann:
    »Wo sollte ich denn sonst die Passiermarken herbekommen?«
    Diese Worte verstand ich nicht. Während er sie sagte, ließ er den rechten Arm sinken und machte mit der Hand jene von vorn nach hinten gehende, schraubende Bewegung, welche soviel wie verschwinden lassen oder stehlen bedeutet. Ich fragte nicht weiter, denn solche Dinge darf man nicht erzwingen wollen, sondern man muß sie an sich kommen lassen. Als sich seine Betrunkenheit so vergrößert hatte, daß sie übermächtig wurde, war das letzte, was wir von ihm erfuhren, sein unüberwindlicher Abscheu vor den schiitischen Perserleichen, die hier sehr häufig, oft sogar in ganzen Karawanen, vorübergeschafft wurden, um drunten in den heiligen Städten des Irak Arabi begraben zu werden. Er konnte diesen Gestank nicht vertragen und ergriff die Flucht, so oft sich so etwas nahte. Eben, als er das erzählte, kam ein Mann herein, der sehr vertraut mit ihm zu verkehren schien. Der meldete, daß der persische Leutnant jetzt nicht aufpasse und daß die drei Maultiere also abgehen könnten. Er bitte um drei Marken.
    »Ich komme gleich,« antwortete der Kommandant.
    Der

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