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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sogar die Worte unterscheiden, nur war es unmöglich, sie zu verstehen. Das klang zwischen Halef und mir, von einer ganz bestimmten Stelle. Wir tasteten beide zu gleicher Zeit hin. Da war ein Loch gewesen, ein Loch, so ungefähr von dem Durchmesser eines runden, gewöhnlichen Ofenrohres. Das hatte man mit Lappen zugestopft und diese Lappen dann oben mit dem Fuße geebnet.
    »Du, Effendi, weißt du, wo wir sind?« fragte Halef leise. »Ich glaube, wir liegen gerade über der Stube, in der wir gegessen haben!«
    Er hatte recht. In dieser Stube stand ein Herd, oder vielmehr, er lag zu ebener Erde. Einen Herdmantel gab es nicht, sondern hüben und drüben einen vorstehenden Mauerpfeiler, zwischen denen der Rauch emporgeleitet wurde. Da oben ging ein rundes Loch durch das Dach, in welches im Winter jedenfalls ein Rohr gesteckt wurde, um als Schornstein zu dienen. Jetzt, im Anfange des Sommers, wo man nicht heizte, hatte man es herausgenommen. Es versteht sich ganz von selbst, daß wir uns beeilten, die Lappen herauszuziehen, und zwar so vorsichtig, daß nichts davon hinunter in die Stube fiel. Als das geschehen war und ich nun durch die Oeffnung schaute, konnte ich fast den ganzen Raum übersehen und jedes Wort ganz deutlich verstehen. Nach unserer Entfernung war ein Mann zu dem Effendi gekommen, den dieser uns nachgeschickt hatte, um uns zu beobachten, ob wir nach der Mühle gehen würden. Er hatte sich immer hart hinter uns gehalten und alles belauscht. Nun hatte er gewartet, bis wir schlafen gingen, und stand jetzt vor dem Effendi, um ihm Bericht zu erstatten. Der Dicke war sehr aufgeregt. Er schritt auf und ab, gestikulierte mit beiden Armen und sprach in lautem, zornigem Tone. Er war eben jetzt mitten in einem angefangenen Satze:
    »– – der Frau und den Kindern solche Schlechtigkeit zu lehren! Oder hast du etwa falsch verstanden?«
    »Nein,« versicherte der Mann. »Die beiden Fremden hatten sich unter den Bäumen niedergelegt; ich aber war über den Bach hinübergesprungen und konnte von drüben aus die Betenden viel deutlicher sehen und hören, als sie.«
    »Und du hast wirklich verstanden, was du behauptest?«
    »Ja. Sie beteten das Vaterunser der Christen. Sie sagten alle drei: Erlöse uns von dem Uebel! Erlöse uns von Abdahn Effendi und allen seinen Freunden! Dann später rief der Perser, der bei uns wohnt, dem Müller die Worte zu: Und Abdahn Effendi hat in eigener Person und mit seinem eigenen Munde zu bitten, daß er euch von ihm erlöse! Auch das habe ich ganz deutlich gehört.«
    »Wer ist das, den ich bitten soll?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Und sonst hast du weiter nichts verstanden?«
    »Weiter gar nichts. Der Deutsche stand mit dem kleinen Scheik, der so gern erzählt, im Gebüsch und lauschte. Diese beiden haben jedes Wort gehört, welches gesprochen worden ist. Ich aber konnte nur hören, was zu allerletzt so laut gerufen wurde. Später folgte ich unseren neuen Gästen dann weiter durch den Wald, kam ihnen aber nie so nahe, daß ich vernahm, was sie miteinander sprachen.«
    »Das ist schlimm, sehr schlimm! Es wäre außerordentlich gut, zu erfahren, was sie erlauscht haben. Der Türke ist nicht aus Basra und der Perser nicht aus Laristan. Beide sind Offiziere. Man hat Verdacht gegen uns geschöpft. Sie sind gekommen, eine Untersuchung einzuleiten. Das haben die beiden ›Seelen‹ sofort durchschaut. Bei uns hier hat man Wohnung genommen, um uns aus erster Hand beobachten zu können, und den Müller besucht man heimlich, um mit ihm zu konspirieren. Sie ahnen nicht, daß du sie schon so lange beobachtest, wie sie sich hier befinden. Sobald sie anfangen, es zu arg zu treiben, stechen wir sie einfach nieder und schießen den Deutschen mit seinem kleinen Hanswurst als ihre Mörder über den Haufen!«
    »Das ist nicht gut! Das ist zu gefährlich!« fiel der Berichterstatter ein. »Ich schlage vor, es genau wieder so wie damals zu machen: Pulver in die Schlafstatt und eine Zündschnur daran, die draußen am Stamm des Pfirsich herunterführt. Dann fliegen alle vier, die verkappten Offiziere, der Deutsche und der kleine Hadschi mit einem Male in die Luft, und alle Welt glaubt, daß sie selbst schuld sind, weil sie mit Pulver und Patronen gespielt haben.«
    »Ja, das ist besser und kürzer«, stimmte der Dicke bei. »Würdest du die Sache wohl wieder wie damals übernehmen?«
    »Gegen den damaligen Lohn, tausend Yäk quirahn (tausend Franken), sehr gern!«
    »Die gebe ich, wenn es wieder so gelingt wie

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