Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen
war, vor uns liegen sahen, blieb Halef stehen und sagte:
»Effendi, es überkommt mich ein Verdacht!«
»So?« fragte ich. »Welcher denn wohl?«
»Daß du auch hier wieder Pöntsch kochen sollst! Was sagst du dazu?«
»Ich sage, daß du höchstwahrscheinlich ganz recht vermutest.«
»Ja, ganz recht! Ich bin überzeugt, daß auch der persische Achmed Agha Zitronen, Zwiebeln und Knoblauch besorgt hat!«
»Vielleicht sogar auch Aloe!« fügte ich hinzu.
»Was wirst du machen, wenn man das von dir verlangt?«
»Pöntsch werde ich machen, Pöntsch, Pöntsch, Pöntsch! Diese Leute wollen ihn ja haben, und du wirst sehen, daß heut abend auch der Dicke mit demselben Wunsche kommen wird, wenn er sich inzwischen nicht selbst geholfen hat!«
»Allah verhüte es!« rief er aus. »Der täte ja wirklich hinein, was du nur scheinbar hineingegeben hast! Wie soll das schmecken und bekommen?«
»Hoffentlich gut, sehr gut, nämlich uns! Für einen Menn, der uns in die Luft sprengen will, kann der Pöntsch gar nicht genug Zwiebeln und Knoblauch haben! Vorwärts!«
Wir traten aus dem Walde und gingen auf die hintere Seite der Douane zu. Dennoch wurden wir gesehen, denn als wir um das Hauptgebäude herumgegangen waren und uns dem Eingange näherten, kam der Kommandant heraus, um uns schon an der Tür zu empfangen.
»Welche Freude! Welches Glück!« rief er aus. »Kommt schnell herein, schnell, schnell! Es liegt schon alles bereit!«
»Was liegt bereit?« fragte Halef.
»Alles, alles! Der Rum, der Arrak, die Aloe und alles andere, was dazu gehört.«
»Woher hast du die Aloe?«
»Von Abdahn Effendi. Ich ließ ihm sagen, daß ich das bittere Zeug zum Beizen des Holzes brauche. Du weißt doch wohl, daß man es auch hiezu zu verwenden pflegt? Also kommt herein! Ich habe dafür gesorgt, daß kein Mensch uns stört! Wir sind vollständig allein!«
Er führte uns in das Haus, und zwar zunächst in den Raum, wo sich der Herd befand. Dort lagen auch die Ingredienzien. Sogar das Feuerholz hatte er bereits so angeschichtet, daß man nur das Schwefelholz daran zu halten brauchte, um die Flamme hervorzurufen.
»Siehst du, wie liebreich ich das alles eingeleitet habe?« sagte er. »Ja, ich bin eine Seele von einem Menschen! Und darum wirst du mir den Pöntsch so gut und so stark wie möglich machen! Wir verlassen dich, der Verse wegen, die du zu sagen hast. Wenn du fertig bist, so komm in die Stube gegenüber; da warten wir auf dich!«
Er führte Halef fort und ich konnte mein spirituoses Werk beginnen. Ich will Szenen, die ich schon beschrieben habe, nicht abermals wiederholen; es sei nur kurz erwähnt, daß der Mann mit der Bulldoggenphysiognomie durch den Punsch wenigstens ebenso unvorsichtig und plauderhaft gemacht wurde, wie drüben der Mann mit dem Vogelgesicht. Ich erfuhr ziemlich viel. Beide waren Kreaturen des dicken Effendi, überragten ihn in Beziehung auf die Intelligenz aber ganz bedeutend. Beide haßten ihn und betrogen ihn. Beide haßten und betrogen auch einander. Der persische Selim Agha lachte über den Abscheu, den sein türkischer Kamerad und Namensbruder gegen den Geruch der Leichen hatte, und die Art und Weise dieses Lachens ließ vermuten, daß der erwähnte Abscheu auf der anderen Seite eine ganz befriedigende Wirkung habe. Schließlich schlief der diesseitige Kommandant ebenso lallend ein, wie der jenseitige in Schlaf gefallen war. Wir betteten ihn bequem auf seine Kissen und gingen dann fort, ohne uns um weiteres zu bekümmern.
Es war erst zwei Stunden nach Mittag, für eine ausführliche Bärensuche aber doch bereits zu spät. Wir beschlossen also, wieder nach der Schneidemühle zu gehen, und suchten von der anderen Seite an sie heranzukommen. Wir stiegen also nicht wieder in das Tal hinab, sondern wir blieben auf der Höhe, um an dem Rand desselben hinzugehen. Indem wir dieses taten, bemerkten wir, daß Spuren von Stiefeln und Hufen in das Gebüsch hinunterführten. Das fiel uns auf. Wir folgten den Spuren und kamen an eine Stelle, an der es fürchterlich stank. Wir untersuchten sie.
Hier waren nach unserer Meinung unbedingt die drei Särge gefüllt und die drei Maultiere beladen worden. Die beiden Achmed Agha betrieben im Verein mit Abdahn Effendi eine großartige, sehr einträgliche Schmuggelei. Sie schmuggelten aber auch außerdem heimlich gegeneinander, der eine mit Hilfe gestohlener Passiermarken, die er seinen Waren aufklebte, und der andere, indem er Leichen imitierte. Das hiezu nötige Wild
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