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Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen

Titel: Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mann entfernte sich, und Achmed Agha wollte sich von seinem Sitze erheben, fiel aber, so oft er es versuchte, immer wieder nieder. Da zog er unter der Weste ein kleines Täschchen hervor, reichte es mir hin und lallte:
    »Nimm drei heraus, und geh’ hinaus! Klebe sie auf!«
    »Wohin?« fragte ich.
    »Den Ma–ma–maultieren a–a–auf den Sti–ti–tiruriemen. Da kl–le–lebt sie der Pe–pe–perser immer hi–hi–hin!«
    Ich öffnete. Das Täschchen enthielt Passiermarken.
    »Aber das sind ja persische!« sagte ich erstaunt. »Du darfst nur türkische aufkleben!«
    »Ich da–da–darf, was ich will!« schnauzte er mich an. »Du hast zu geho–ho–horchen! Packe Dich!«
    Ich gehorchte in guter Absicht, nahm drei Marken heraus, gab ihm das Täschchen zurück und ging hinaus. Da hielt der Mann mit den drei Maultieren. Ich klebte jedem eine Passiermarke auf den Stirnriemen. Der Mann bedankte sich und zog dann mit seinen Tieren davon. Er hielt mich für eingeweiht und ich war es nun allerdings. Der türkische Achmed Agha stahl sich von dem persischen Selim Agha persische Passiermarken, um auf eigene Hand Schmuggel zu treiben. Infolge dieser Marken unterließ es der persische Kommandant, das Gepäck zu untersuchen, weil er annahm, daß es schon von seinem Leutnant untersucht worden sei. Als ich wieder hineinkam, lag der Türke auf seinem Kissen und schnarchte. Wir gingen fort, ohne den Versuch zu machen, ihn aufzuwecken.
    Eben als wir aus dem Hause traten, sahen wir drei halbnackte Kerle kommen, welche die persische Grenze hier passiert hatten und an der türkischen Maut sich und ihr Gepäck untersuchen lassen mußten. Jeder von ihnen führte ein abgetriebenes Maultier, und jedes Maultier trug zwei geradezu pestialisch stinkende Särge, in welchen sich die faulenden Ueberreste eines verstorbenen Persers befanden. Die Schiiten glauben bekanntlich, daß man gerade und direkt in den Himmel komme, wenn man sich nach dem Tode nach Meschhed Ali oder Kerbela schaffen läßt, um dort begraben zu werden. Der Gestank war so groß, daß wir uns die Nasen zuhalten mußten. Da kein Beamter sich sehen ließ, gingen die drei Menschen langsam vorüber und lächelten einander dabei so triumphierend zu, daß es wirklich auffällig war.
    »Sihdi, den schleichen wir nach! Die haben etwas!« sagte Halef.
    Ich war einverstanden. Wir ließen sie erst um die nächste Wegbiegung verschwinden und gingen ihnen dann nach. Die Hochebene war noch auf eine große Entfernung hin, soweit die Feuchtigkeit des Tales reichte, mit Busch und Baum besetzt. Das bot uns gute Deckung. Die drei Maultiertreiber sahen nicht, daß wir ihnen folgten. Es verging eine Viertelstunde und noch eine, ohne daß irgend etwas geschah. Dann aber blieben sie plötzlich stehen, schauten sich lange und vorsichtig um und drangen dann, als sie sich unbemerkt glaubten, von der Straße ab in die Büsche ein. Wir folgten ihnen nicht, sondern warteten. Nach einiger Zeit erschienen sie an ganz derselben Stelle wieder, um den unterbrochenen Weg fortzusetzen. Als sie in der Ferne verschwunden waren, gingen wir bis an die betreffende Stelle und ließen uns dann von ihrer Spur, die sehr deutlich war, in das Gebüsch führen. Schon nach wenigen Schritten rochen wir, daß sie ihren Gestank hier zurückgelassen hatten. Je weiter wir kamen, desto fürchterlicher wurde er, bis wir eine tief eingesunkene Bodenstelle erreichten, wo der duftende Inhalt ihrer Särge lag, gräßlich faules, höllische Pestdünste aushauchendes Fleisch. Und zwar war es Wild, nur Wild.
    »Also keine wirkliche Leiche!« staunte Halef. »Man füllt die Särge halb mit stinkendem Fleisch und halb mit Schmuggelware! Hat man die Douane hinter sich, so wirft man das Fleisch weg und lacht Achmed Agha, den Türken, der den Gestank nicht vertragen kann und also keinen Sarg untersucht, aus! Wer mag der Pfiffikus sein, der sich das ausgedacht hat?«
    »Ich vermute, daß wir das sehr bald erfahren werden. Für jetzt wissen wir genug. Wir gehen.«
    Wir kehrten nach dem Tale zurück, durchquerten es aber nicht auf der Karawanenstraße, weil wir da von Abdahn Effendi oder seinen Leuten gesehen worden wären, sondern auf einer im Walde liegenden Stelle, wo der Bach schmal genug zum Ueberspringen war. Dann stiegen wir jenseits unter den Bäumen nach dem hohen Rande hinauf, um nun den persischen Achmed Agha aufzusuchen, denn der Mittag war inzwischen nahe herangekommen. Als wir die Douane, die genau wie die türkische gebaut

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