Abdahn Effendi. Kleinere Erzählungen
Pfund gefaßt, und da das ›Pfund fein‹ dreißig sächsische Taler wert ist, ergibt das einen Betrag von fünf-bis sechshundert Talern. Du weißt, daß ich dir in Beziehung auf das ›In die Zukunft schauen‹ über bin. Ich mache auch die Augen zu, und was sehe ich da? Einen gewissen Berthold Schwarz, der das erfindet, was wir Götter nicht erfunden haben, nämlich das Pulver. Mit diesem wird man unser Modell auseinandersprengen und das Silber finden. Ich vermute, daß es eine Stufe sein wird, denn ich verstehe mich auf die Metallurgie.«
»Siehst du, wer der glückliche Finder sein wird?«
»Nicht deutlich. Es ist zwar auch ein bißchen Gold dabei, aber höchstens für zwei Doppellouisdor. Das findet man wohl kaum. Jetzt aber frage ich dich, ob wir hier noch etwas zu schaffen haben?«
»Ich wüßte nichts.«
»So laß uns gehen!«
Als sie den Platz verlassen wollten, sah Pluto, daß Vulkan hinkte.
»Hast du Schmerzen?« fragte er.
»Na, und ob!« antwortete der Gefragte, indem er die Zähne zusammenbiß. »Dieser Hexenschuß geht mir bis in die Zehen. Der Anprall an die Felsenwand ist doch zu stark gewesen. Untersuche doch einmal, ob es kurabel ist!«
Pluto erfüllte diesen Wunsch und sagte dann im Tone des Bedauerns:
»Es ist irgendwo eine Flechse gesprungen. Du wirst also das Hinken behalten und zwar für immer.«
Da sah ihn Vulkan erschrocken an.
»Wirklich?« fragte er.
»Ja, ganz gewiß!«
»Du, das ist schlimm, sehr schlimm! Wir Götter sind leider öffentliche Persönlichkeiten, über welche jeder Narr sprechen oder schreiben zu müssen glaubt. Man wird fragen, warum ich hinke. Wenn man dabei auf unseren heutigen Mißerfolg und gar auf den unfreiwilligen Bergrutsch kommt, ist es mit unserem guten Rufe zu Ende. Ja, wenn die Mythologie nicht wäre, besonders die griechische und römische! Man weiß ja ganz genau, daß einst jeder Quartaner seinen ›Mythologischen Leitfaden von
Dr.
Ebeling‹ in der Tasche haben wird, und infolgedessen ist es einem immer zu Mute, als ob man einige Dutzend Steckbriefe hinter sich her hätte. Es wäre geradezu fürchterlich, wenn in diesem Leitfaden erzählt würde, daß Vulkan hinkt, weil er seine Gase nicht zusammengehalten hat!«
»Dem ließe sich wohl abhelfen, lieber Bruder!«
»Wodurch?«
»Wir geben einen anderen Grund an.«
»Welchen?«
»Mir fällt da der Zwist ein, den es im vorigen Herbst zwischen Jupiter und Juno gab. Du kamst dazu und hieltest es für deine Ritterpflicht, die hohe Göttin gegen ihren Gemahl in Schutz zu nehmen. Der aber nahm das übel und warf dich auf die Erde herunter. Du kannst es gar nicht verhindern, daß diese Affäre mit in die mythologischen Schulbücher kommt. Darum würde ich an deiner Stelle das Hinken als eine Folge dieses hohen Sturzes bezeichnen.«
»Hm! Nicht übel! Es ist allerdings besser, man hinkt infolge einer höflichen Umgangsform, als daß es heißt, man sei lahm geworden, weil das Modell mit einem durchgegangen sei. Es muß unbedingt verschwiegen werden, daß ich mir hier im Königreich Sachsen, zwischen Jöhstadt und Ehrenfriedersdorf, einen Hexenschuß oder einen Flechsenriß zugezogen habe, weil ich mit meinen unterirdischen Gasen nicht umzugehen weiß. Diese Schande würde ich wohl kaum überleben, obgleich mir meine Unsterblichkeit das ewige Dasein sichert. Ich nehme also deinen Vorschlag an und bitte dich, soviel wie möglich für die Tradition zu sorgen, daß ich infolge jenes Sturzes auf die Erde mir diesen kleinen Schönheitsfehler zugezogen habe. Nun laß uns gehen! Erlaube mir, daß ich mich auf dich stütze! Komm! Ich habe genug. Hier lasse ich mich gewiß nicht wieder sehen!«
Sie entfernten sich und sind dann niemals wiedergekommen. Wie man weiß, ist den beiden Göttern die beabsichtigte Täuschung sehr gut gelungen. Noch heute glaubt jedermann, daß Vulkan wegen Jupiters Gewalttat hinke. Aber wie jede Wahrheit endlich einmal an den Tag kommen muß, so hat auch diese durch den Mund des Herrn Pastors schließlich doch ihr Recht erhalten, und es steht zu erwarten, daß alle Leitfäden der Mythologie hiernach geändert werden. Man kann das mit der besten Ueberzeugung tun, denn das ›Bergle‹ ist als glänzender Beweis noch heute vorhanden, wenn auch in etwas veränderter Gestalt. – – –
Nun wissen wir also, wie es entstanden ist, das ganz, ganz, ganz kleine Bergle. Wie es sein heutiges Aussehen bekommen hat, das werden wir, wie wir bereits hörten, auch noch erfahren. Es genügt für
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