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Abendkuss - Teil I

Abendkuss - Teil I

Titel: Abendkuss - Teil I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Loistl
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zurückzuhalten, die sich wie ein Schleier um meine Augen legen. Aber ich verliere den Kampf. Ich sehe das verschwommene Gesicht meiner Mutter vor mir und mit einem Schlag wird meine Enttäuschung umgewandelt in Wut.
    Sie ist erst drei Monate tot und er ersetzt sie einfach.
    Ich laufe die Straße über Kopfsteinpflaster entlang, vorbei an einer Autowerkstatt und einem Tante-Emma-    Laden. Einen Moment bleibe ich stehen und starre in die Dunkelheit, die mich umgibt. Rechts vor mir befindet sich eine Bushaltestelle, aber ich bezweifle, dass sich um diese Uhrzeit noch ein Bus hierher verirrt. Scheinwerfer     dringen durch die Nacht. Ich habe keine Ahnung, wo ich hier bin.
    Ich laufe weiter, klettere über ein Geländer und springe etwa zwei Meter hinunter, bis ich mich auf dem        Innenhof eines Lagergebäudes befinde. Am Ende des Parkplatzes befindet sich ein schmaler Weg und dahinter sehe ich eine stark befahrene Straße. Wieder drängt mich dieses Gefühl weiterzugehen und nicht stehen zu      bleiben. Ich weiß noch nicht einmal, warum ich noch renne, die Pizzeria liegt einige Straßen hinter mir und weder Paps, Leah oder Anna finden mich hier.
    Während ich mich ein paar Mal drehe und versuche, mich zu orientieren, bilde ich mir ein, hinter mir Schritte zu hören. Ich laufe schneller, bis ich an eine Querstraße komme, biege rechts ab und verstecke mich hinter der nächsten Hausmauer. Mein Herz schlägt bis zum Hals. Ich halte die Luft an, um mich nicht zu verraten. Die Schritte sind verstummt. Ich schnappe nach Luft und blicke mich um, doch es ist niemand zu sehen.  
    Verschwinde von hier, Mia. Nicht stehenbleiben!
    Ich habe keine Ahnung, woher diese Stimme kommt, aber ich folge ihr. Vertraue ihr, auch auf die Gefahr hin, es später bitter zu bereuen. Ich laufe weiter ins Nirgendwo, in der Hoffnung, ein Taxi zu finden, dass mich mitnehmen kann. Doch dieser Teil der Stadt scheint komplett ausgestorben zu sein. An einer Kreuzung bleibe ich stehen, stütze meine Arme an meinen Oberschenkeln ab und atme einige Mal tief durch. Von weitem kann ich Lichter sehen und fahrende Autos. In diesem Moment sehe ich auf der anderen Straßenseite einen Schatten. Katzenartig springt er zur Seite und mein Herz schlägt bis zum Hals, als mir bewusst wird, dass ich hier völlig hilflos herumirre. Niemand wird mich hören, wenn ich schreie!  
    Mir ist kalt und ich schlinge die Arme fest um meine Brust. In der Eile habe ich meine Strickjacke im Restaurant liegen gelassen. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin. Ich könnte Loulou anrufen und sie bitten, mich abzuholen, aber dafür müsste ich erstmal wissen, wo ich mich befinde. Vielleicht könnte ich ihr die Umgebung beschreiben, schließlich wohnt Loulou schon ihr ganzes Leben lang in München. Ich greife nach meiner Handtasche, doch das Einzige, dass sich darin befindet, sich eine Packung Taschentücher, ein Kugelschreiber, ein Notizblock und eine Packung Kaugummi. Mein Handy habe ich zuhause vergessen.
    Shit.
    Mir bleibt nichts anderes übrig, als alleine nach Hause zu kommen, aber eigentlich will ich dort gar nicht hin. Ich will weder Leah noch meinen Vater sehen und schon gar nicht seine neue Flamme. Irgendwohin, nur nicht nach Hause! Gerade als ich mich wieder zur Straße umdrehen will, sehe ich wieder, wie sich etwas im Gebüsch    bewegt und bevor ich näher hinsehen kam, gibt mir die Stimme in meinem Kopf das eindeutige Zeichen,         wegzulaufen. So schnell ich kann, laufe ich in die Dunkelheit, immer geradeaus, nur weg von hier. Nach einigen Minuten verschnaufe ich und gehe langsam den Bürgersteig entlang. Die Stimme in meinem Kopf drängt mich nicht stehen zu bleiben.
    Lauf, Mia, Lauf.
    Ich folge ihr immer weiter,  bis es plötzlich still um mich herum wird. Die Stimme ist verschwunden.
    Ich stehe vor einem kleinen Laden auf deren Leuchttafel
Lamberts Antiquitätengeschäft
steht. Im ersten Stock brennt Licht. Ich gehe um das Geschäft herum und finde auf der  Rückseite eine Eingangstür und eine Klingel. Das Messingschild ist vergilbt, der Name Lambert ist kaum noch zu erkennen. Ohne zu überlegen, drücke ich den Knopf und eine eigenartige Melodie erklingt.
    Nach einigen Minuten höre ich Schritte die Holztreppe hinunterlaufen, dann öffnet sich die Tür.
    „Hallo“, sage ich verlegen, "kann ich heute Nacht bei dir schlafen?“
     
     
     
     
     
     

10. Kapitel
     
    Noah
     
     
    Durch das Fenster fällt genug Licht, um

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