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Abendruh: Thriller (German Edition)

Abendruh: Thriller (German Edition)

Titel: Abendruh: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Blut dieses Kindes getreten, hatte diesen Abdruck bei der Flucht aus dem Haus hinterlassen. Er war zu klein, um von einem Mann zu stammen. Das muss Teddy gewesen sein.
    »Die Kugel hat das Hinterhauptsbein des Mädchens durchschlagen, ist aber nicht wieder ausgetreten. Der Einschusswinkel lässt auf einen Schützen schließen, der größer war als sie und hinter dem Opfer stand.«
    »Sie hat sich bewegt«, sagte Jane leise. »Sie wollte davonlaufen.«
    »Nach der Lage des Leichnams zu schließen, ist sie wohl in Richtung eines der Schlafzimmer hier im zweiten Stock geflüchtet, als der Schuss sie traf.«
    »In den Hinterkopf.«
    »Ja.«
    »Verdammt, wer tut denn so was? Auf ein kleines Kind schießen?«
    Maura deckte die Leiche wieder zu und richtete sich auf. »Sie hat vielleicht unten etwas beobachtet. Vielleicht hat sie das Gesicht des Täters gesehen. Das wäre ein Motiv.«
    »Komm mir jetzt nicht mit deiner Logik. Wer immer das getan hat, war von dem Moment an, als er das Haus betrat, dazu bereit, ein Kind zu töten. Eine ganze Familie auszulöschen.«
    »Über das Motiv kann ich nichts sagen.«
    »Nur über die Todesart.«
    »Es dürfte sich um Mord handeln.«
    » Dürfte? «
    Maura sah sie fragend an. »Wieso bist du so wütend auf mich?«
    »Warum habe ich den Eindruck, dass dich das hier kaltlässt?«
    »Du glaubst, es lässt mich kalt? Du glaubst, ich kann dieses Kind anschauen und nicht empfinden, was du empfindest?«
    Sie starrten einander eine Weile über die Leiche des Mädchens hinweg an. Wieder einmal wurden sie an die Kluft erinnert, die sich seit Mauras folgenreicher Aussage im Prozess gegen einen Bostoner Polizisten zwischen ihnen aufgetan hatte, eine Aussage, die diesen Polizisten ins Gefängnis gebracht hatte. Auch wenn solche Verstöße gegen den Korpsgeist der Truppe nicht so schnell vergessen wurden, war Jane fest entschlossen, den Bruch in ihrer Freundschaft zu kitten. Aber sich zu entschuldigen fiel ihr schwer, und es waren zu viele Wochen vergangen, in denen der Graben immer tiefer geworden war.
    »Es ist nur …« Jane seufzte. »Ich hasse es, wenn die Opfer Kinder sind. Da möchte ich am liebsten jemanden erwürgen.«
    »Da sind wir schon zu zweit.« Obwohl Maura mit sanfter Stimme sprach, sah Jane die eiserne Entschlossenheit in ihren Augen aufblitzen. Ja, der Zorn war da, nur besser kaschiert und streng unter Kontrolle gehalten, so, wie Maura fast alles in ihrem Leben unter Kontrolle zu halten versuchte.
    »Rizzoli«, rief Detective Thomas Moore ihr von einer Tür aus zu. Wie Frost wirkte er niedergeschlagen, als ob er durch die Strapazen dieses Tages um zehn Jahre gealtert wäre. »Hast du schon mit dem Jungen gesprochen?«
    »Noch nicht. Ich wollte mir erst anschauen, womit wir es zu tun haben.«
    »Ich habe eine Stunde mit ihm verbracht. Er hat kaum ein Wort mit mir gesprochen. Mrs. Lyman, die Nachbarin, hat gesagt, als er heute früh um acht an ihrer Haustür auftauchte, sei er wie erstarrt gewesen.«
    »Hört sich an, als ob er eher einen Psychologen braucht.«
    »Wir werden Dr. Zucker hinzuziehen müssen, und die Frau vom Jugendamt ist auch schon unterwegs. Aber ich dachte, mit dir würde Teddy vielleicht reden. Du bist schließlich eine Mutter.«
    »Was hat der Junge gesehen? Wissen wir das?«
    Moore schüttelte den Kopf. »Ich hoffe nur, dass er nicht gesehen hat, was in diesem Zimmer ist.«
    Bei dieser Warnung fühlten sich Janes Finger in den Latexhandschuhen plötzlich eiskalt an. Moore war ein großer Mann, und seine Schultern versperrten ihr die Sicht, als ob er sie vor dem Anblick schützen wollte, der sie in diesem Schlafzimmer erwartete. Schweigend trat er zur Seite, um sie durchzulassen.
    Zwei Mitarbeiterinnen der Spurensicherung kauerten in einer Ecke; sie blickten auf, als Jane eintrat. Beide waren noch jung – Teil jener Welle von weiblichen Kriminaltechnikern, die inzwischen die Branche dominierten. Beide sahen aus, als wären sie noch nicht alt genug, um selbst Kinder zu haben – um zu wissen, wie es war, voller Sorge eine fieberglühende Wange zu küssen oder beim Anblick eines offenen Fensters oder eines leeren Bettchens in Panik zu geraten. Die Mutterschaft brachte alle Arten von Albträumen mit sich, und in diesem Zimmer war einer dieser Albträume Wirklichkeit geworden.
    »Wir glauben, dass es sich bei diesen Opfern um die Töchter der Ackermans handelt, die zehnjährige Cassandra und die neunjährige Sarah. Beide adoptiert«, erklärte Maura. »Da sie nicht

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