Abendruh: Thriller (German Edition)
hielt ihre Bierflasche hoch, prostete in die Nacht hinaus und flüsterte: »Auf dein Spezielles, Nicholas Clock.«
Game over.
34
Blut lässt sich leichter abwaschen als Erinnerungen , dachte Claire. Sie stand in Dr. Wellivers Büro und ließ den Blick über die nagelneuen Teppiche und Möbel schweifen. Das Sonnenlicht funkelte auf makellos sauberen Flächen, und der Raum duftete nach frischer Luft und Zitronen. Durch das offene Fenster hörte sie Schüler lachen, die auf dem See ruderten. Samstagsgeräusche. Während sie sich im Zimmer umsah, konnte sie kaum glauben, dass hier je etwas Schreckliches passiert war, so gründlich hatte die Schulleitung es renoviert. Aber die Bilder, die sich in Claires Hirn eingebrannt hatten, ließen sich mit noch so viel Schrubben nicht auslöschen. Sie sah auf den hellgrünen Teppich hinab, und vor ihrem inneren Auge wurde das Muster aus Ranken und Beeren von einem toten Mann überlagert, der zu ihr hochstarrte. Sie hob den Blick zur Wand und sah sie mit Nicholas Clocks Blut bespritzt. Anschließend wandte sie sich zum Schreibtisch um, und in ihrer Einbildung lag immer noch Justines Leiche daneben am Boden, niedergestreckt von den Schüssen aus Detective Rizzolis Pistole. Wohin sie auch blickte in diesem Raum, überall sah sie Leichen. Und auch der Geist von Dr. Welliver spukte noch hier; sie konnte sie lächelnd hinter ihrem Schreibtisch sitzen sehen, in der Hand die unvermeidliche Teetasse.
So viele Geister. Würde sie je aufhören, sie überall zu sehen?
»Claire, kommst du?«
Sie drehte sich zu Will um, der in der Tür stand. Längst sah sie in ihm nicht mehr den dicklichen, pickelgesichtigen Will; jetzt sah sie ihren Will, den Jungen, der, als sie alle glaubten, sterben zu müssen, nur den einen Gedanken gehabt hatte, sie zu beschützen. Sie war sich nicht sicher, ob das tatsächlich Liebe war; sie war sich nicht einmal sicher, was sie für ihn empfand. Sie wusste nur, dass er etwas getan hatte, was kein anderer Junge je für sie getan hatte, und das hatte doch etwas zu bedeuten. Vielleicht sogar alles.
Und er hatte wunderschöne Augen.
Sie sah sich noch ein letztes Mal im Zimmer um, verabschiedete sich stumm von den Geistern und nickte. »Ich komme.«
Zusammen gingen sie die Treppe hinunter und traten vor die Tür, wo ihre Mitschüler diesen herrlichen Samstag genossen, im See planschten und sich im Gras sonnten. Manche schossen mit dem Bogen auf die Zielscheiben, die Mr. Roman am Morgen aufgebaut hatte. Claire und Will aber gingen den Waldweg hinauf, den sie beide inzwischen so gut kannten, einen Weg, der sich den Berghang hinaufschlängelte, vorbei an flechtenbewachsenen Felsen und dichten Wacholdersträuchern. Sie kamen zu den Steinstufen und stiegen hinauf zu der Terrasse mit den dreizehn Findlingen.
Die anderen erwarteten sie schon. Sie sah die bekannten Gesichter: Julian und Bruno, Arthur und Lester. An diesem heiteren Morgen sangen ringsum die Vögel in den Bäumen, und Bear, der Hund, döste friedlich auf einem sonnengewärmten Felsen. Sie ging zum Rand der Terrasse und blickte hinunter auf die Türme und Zinnen des Schlosses. Das Gebäude schien sich aus dem Talgrund zu erheben wie ein uraltes Gebirge. Abendruh. Unser Zuhause.
»Hiermit erkläre ich das heutige Treffen der Schakale für eröffnet.«
Claire drehte sich um und trat in den Kreis.
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Danksagung
Was ich in zwei Jahrzehnten als Autorin am meisten zu schätzen gelernt habe, sind die bleibenden Freundschaften, die ich bei dieser Arbeit geknüpft habe; und keine Schriftstellerin könnte sich bessere Freundinnen wünschen als meine fantastische Agentin Meg Ruley und meine exzellente Lektorin Linda Marrow. Ihr seid mit mir durch dick und dünn gegangen, und ich erhebe mein Martiniglas auf euch beide! Mein Dank gilt auch Gina Centrello, Libby McGuire und Larry Finlay, die all die Jahre an mich geglaubt haben; Sharon Propson, die dafür sorgt, dass meine Lesereisen immer ein Vergnügen sind; Jane Berkey und Peggy Gordijn für ihre stets goldrichtigen Ratschläge; und Angie Horejsi für ihren Witz und ihre Klugheit.
Bei den Recherchen für Abendruh habe ich mich auf bewährte Quellen verlassen. Ich danke meinem Sohn Adam für seinen fachkundigen Beistand beim Thema Feuerwaffen; Peggy Maher, Enidia Santiago-Arce und ihren wunderbaren Kollegen am NASA -Raumfahrtzentrum in Goddard für ihre Geduld beim Beantworten der Fragen dieses eingefleischten Trekkys; und Bob Gleason und Tom
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