Abendstern - Roman
morgendlichen Papierkram erledigte. Anschließend hatte er ein Treffen mit seinem Vater und dem Videoverleiher, bevor das Center gegen Mittag aufmachte.
Er dachte an die Feuerwand auf der Hauptstraße am Abend zuvor. Das und Quinns Erlebnisse deuteten wirklich darauf hin, dass der Dämon dieses Mal früh anfing.
Ihr Traum bereitete ihm Sorgen. Er hatte an den Details genau erkannt, wo sie war und was sie gesehen hatte. Dass sie so lebhaft vom Teich und von der Lichtung geträumt hatte, dass sie sogar blaue Flecken davongetragen hatte, konnte nur bedeuten, dass sie etwas mit dem Ganzen zu tun hatte.
Natürlich konnte sie entfernt mit ihm verwandt sein, aber bis jetzt hatte eigentlich nur seine engste Familie jemals irgendetwas gespürt, und das auch nur während der sieben Tage.
Als er durch das Bowlingcenter ging, winkte er Bill Turner zu, der die Bahnen bohnerte. Die große, schwere Maschine brummte laut in dem leeren Gebäude.
In seinem Büro überprüfte er zuerst seine E-Mails. Erleichtert stieß er die Luft aus, als er eine von Gage entdeckte.
Prag. Muss noch etwas erledigen, bin aber in zwei Wochen
bestimmt zurück in den USA. Unternehmt nichts ohne mich, was ihr mit mir nicht auch tun würdet.
Kein Gruß, keine Unterschrift. Das sah Gage ähnlich, dachte Cal. Aber fürs Erste musste es reichen.
Meld dich sofort, wenn du im Land bist, schrieb Cal zurück. Es grummelt bereits. Ich warte auf dich, bevor ich etwas Unüberlegtes tue, weil du besser darin bist.
Nachdem er die Mail abgeschickt hatte, schrieb er noch eine andere an Fox.
Wir müssen reden. Bei mir, heute Abend um sechs. Bier habe ich. Bring etwas zu essen mit, aber keine Pizza.
Mehr konnte er im Moment nicht tun, dachte Cal.
Quinn ging ins Hotel zurück, um ihren Laptop zu holen. Wenn sie schon in die Bibliothek musste, dann konnte sie wenigstens ein paar Stunden arbeiten. Vielleicht erwies sich diese Mrs Abbott ja als wertvolle Quelle.
Caleb Hawkins würde sicher vor morgen nicht den Mund aufmachen.
Als sie die Hotellobby betrat, sah sie die kecke blonde Angestellte am Empfang - Mandy, dachte Quinn nach kurzer Überlegung -, die gerade eine Brünette eincheckte.
Quinn registrierte sofort, dass die Brünette Mitte bis Ende zwanzig war. Sie wirkte mürrisch und unlustig, was jedoch ihrer Schönheit nichts anhaben konnte. Jeans und ein schwarzer Pullover schmiegten sich um ihre sportliche Figur. Neben ihr standen ein Koffer, ein Laptopkoffer, ein Kosmetikköfferchen und eine tolle geräumige Hobo aus glattem rotem Leder.
Kurz überfiel Quinn Handtaschenneid.
»Willkommen, Miss Black. Ich bin sofort für Sie da, wenn Sie etwas brauchen«, sagte die Empfangsdame und lächelte sie an.
»Nein, ich brauche nichts. Danke.«
Quinn wandte sich zur Treppe. Als sie hinaufging, hörte sie, wie Mandy fröhlich sagte: »Ich sage Harry Bescheid, Miss Darnell, damit er Ihnen mit dem Gepäck hilft.«
Was mochte die attraktive Miss Darnell wohl hier machen, überlegte Quinn, während sie in ihr Zimmer ging. Ob sie auf dem Weg nach New York hier Station machte? Nein, unwahrscheinlich.
Ob sie wohl Verwandte oder Freunde besuchte? Aber dann würde sie doch sicher dort übernachten.
Vielleicht eine Geschäftsreise?
Na ja, wenn sie länger als nur ein paar Stunden blieb, würde Quinn es schon herausfinden. Darin war sie schließlich gut.
Quinn packte ihren Laptop in die Tasche und steckte einen leeren Notizblock und zusätzliche Stifte ein für den Fall, dass sie Glück hatte. Ihr Handy stellte sie auf vibrieren. Es gab kaum etwas Ärgerlicheres als Handyklingeln in Büchereien und Theatern.
Zum Schluss schob sie noch einen Stadtplan in ihre Tasche, falls sie etwas nachsehen musste.
So ausgerüstet, machte sie sich auf den Weg in die Hawkins Hollow Bibliothek, die sich am anderen Ende der Stadt befand.
Von ihren Recherchen wusste Quinn, dass das ursprüngliche Ziegelgebäude auf der Main Street jetzt das Gemeindezentrum und das Sportstudio, das sie besuchen
wollte, beherbergte. Um die Jahrtausendwende war die neue Bibliothek auf einem Hügel am südlichen Ende der Stadt erbaut worden, ein zweistöckiges Steingebäude mit einem von Säulen flankierten Eingangsportal. Der Stil war auf attraktive Art altmodisch, worauf die historische Gesellschaft am Ort wahrscheinlich Wert gelegt hatte.
Als sie ihren Wagen auf dem Parkplatz abstellte, bewunderte sie die Bänke und die Bäume, die sicher in der wärmeren Jahreszeit Schatten spenden
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