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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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und rauh: »Fliegeralarm! Flugzeug neun! Direkter Anflug! … Die dritte Welle!« Holt brüllte die Kommandos heraus, ohne es zu wissen. Die Kanoniere meldeten eingestellt. »Berta feuerbereit!« Er blickte zum Himmel, dort zog abermals eine Kette viermotoriger Bomber heran. »Gruppenfeuer! … Gruppe!« Wolzow lud rasch und sicher. Nur zwei Kanonen schossen. »Gruppe!« Wolzow zog schon ab. Das Rohr fuhr immer höher empor. »Wendepunkt!« Die Kanone schwenkte nach Osten. Das Rauschen der Bomben war im Schießen untergegangen, ringsum wuchsen die Rauchpilze und Erdfontänen zum Himmel, der Geschützstand bebte. Holt keuchte: »Gruppe!« Tatsächlich, Wolzow lud und zog ab; GottesknechtsStimme sagte im Kopfhörer: »Diesmal ging’s weit daneben!« Wolzow schob in einer wahren Raserei Patrone um Patrone ins Rohr und schoß ohne Befehl und ohne Pause, bis Vetter meldete: »Zünder über Bereich!«
    »Feuerpause!« Gottesknechts Stimme im Kopfhörer: »Einen Moment! Luftlage!« Es dauerte lange, bis er sich wieder meldete. »Alle Verbände im Abflug. Feuerbereitschaft aufgehoben.« – »Berta verstanden.« Holt war auf einmal unsagbar müde. Er riß die Hörergarnitur herunter und reichte sie Wolzow, der auf einem Holm saß, den verbundenen Kopf in die Hände gestützt.
    Holt lief zu Anton.
    Er fand sich in der Stellung nicht zurecht. Zwischen den Geschützen war die Erde wie umgepflügt. Bombentrichter gähnten. Der Geschützstand von Anton war ein Haufen Erde, aus dem zersplitterte Teile der Holzverschalung ragten. Holt kletterte über die Reste des Erdwalles zu der umgestürzten Kanone. Er stieß auf Rutscher, der mit dem Unterkörper zwischen dem Pfahlwerk des Bunkers und der Lafette eingeklemmt und zerquetscht worden war. Der Anblick war schrecklich. Holt wurde übel. Er erinnerte sich unvermittelt an Rutschers große und schöne Schwester … Er stieg über den Leichnam hinweg. Vor einem eingedrückten Munitionsbunker, aus dem die blanken Granatpatronen massenweise herausgerutscht waren, lagen zwei weitere Gestalten. Die eine, kleinere war nicht zu erkennen, denn das Gesicht war zertrümmert und der Stahlhelm bis über die Augen herabgeglitten. Daneben lag Günter Ziesche, noch durch die Geschützführerleitung mit der Kanone verbunden. Er lag mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken, in einer Blutlache, und das Blut war aus Ohren, Nase und Mund geflossen. Das Gesicht war seltsam in die Breite gezogen. Wie ist das nur geschehen? dachte Holt … Rutscher und Ziesche, dachte er … Er kauerte sich auf den Boden, öffnete Ziesche die Bluse, zog die Papiere hervor und steckte sie in die Hosentasche. Dann nahm er ihm die Erkennungsmarke ab, auch dem Kleinen, den er nicht erkennen konnte.
    Gomulka war plötzlich bei Holt, noch andere Luftwaffenhelfer und ein paar Mann vom Batteriekommando. Gomulka sahRutscher, und sein Gesicht wurde grau. Gottesknecht stand erhöht auf dem Erdhaufen, der einmal ein Geschützstand gewesen war, das Notizbuch in den Händen. Holt reichte ihm die beiden Erkennungsmarken. »Der Rutscher … Herr Wachtmeister …« – »Es ist gut. Kümmern Sie sich um Berta.«
    Gomulka sprang in einen Trichter, es würgte ihn, er erbrach sich. Dann sagte er: »Bei Frieda … die ganze Bedienung … in Stücke gerissen!«
    Holt dachte auf einmal weit zurück. Ich hab das Elternhaus sattgehabt, ich hab die Schule sattgehabt, ich hab es nicht mehr erwarten können, ich hab mich nach dem Krieg gesehnt …
    Bei Berta saßen alle bedrückt und schweigend an der Kanone. Nur Wolzow tat, als wäre nichts geschehen. »Sechsunddreißig Bombentrichter«, sagte er. »Bomben von fünfzehn oder zwanzig Zentnern! Und der Erfolg? Zwei Geschütze sind ausgefallen. Das nenn ich aus dem vollen wirtschaften!« – »Laß dich verbinden«, sagte Holt. Durch Wolzows Verband sickerte Blut. Das Haar war verklebt, das Gesicht blutbeschmiert. Wolzow verließ den Geschützstand. Holt teilte die Bedienung neu ein.
    Fehlt ein ordentlicher K 7, dachte er, nachts haben wir Flakwehrmänner, und was wird tagsüber? Er brüllte: »Los! Geschützreinigen!« Die Schlesier zogen gehorsam den Wischer durchs Rohr.
    Auf dem Fahrweg hielten Sanitätsautos. Gomulka sagte: »Ich werde nie begreifen, was bei Anton passiert ist!« Da traten Kutschera und Gottesknecht in den Geschützstand. Der Hauptmann brüllte: »Heißer Morgen, was? Die Banditen haben meinen Hund erschlagen, das verzeih ich denen nie!« Holt sagte: »Wir brauchen einen K 3, einen

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