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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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Wolzow beugte sich aufmerksam über das Radio. Gomulka hielt den Mund offen und starrte wie hypnotisiert auf einen Fleck an der Wand. »… Bodenschatz, Heusinger, Scherff …« Vetter richtete sich auf, ganz langsam, und seinGesicht spiegelte Verständnislosigkeit. »… Führer selbst hat außer leichten Verbrennungen und Prellungen keine Verletzungen erlitten«, sagte der Sprecher im Radio. »Er hat unverzüglich darauf seine Arbeit wieder aufgenommen und wie vorgesehen den Duce zu einer längeren Aussprache empfangen …« – »Den Duce?« sagte Vetter. »Er hat den Duce …?« Wolzow herrschte ihn an: »Ruhe!« – »… traf der Reichsmarschall beim Führer ein.«
    Schluß, aus.
    Die harte Stimme war verstummt. Wolzow stand schweigend, den Kopf schräggelegt. Aus dem Radio ertönte Marschmusik. Vetter fragte, als habe er nichts verstanden: »Ein Attentat? Ein Bombenattentat? So ein richtiges Bombenattentat?« Wolzow entschloß sich: »Das müssen wir melden! Wer weiß, ob das außer uns jemand gehört hat!« Er nahm seine Mütze. »Komm, Werner!«
    Draußen war es noch immer heiß. Die Sonne stand in den Dunstbänken über dem Horizont. Holt packte Wolzow am Arm. »Was hat das zu bedeuten?« – »Woher soll ich das wissen?« sagte Wolzow. Sie liefen über den Lattenrost, der außerhalb der Feuerstellung unbeschädigt auf dem Acker lag. Zwischen den Geschützständen schaufelten die Gefangenen an den Trichtern.
     
    Gottesknecht stand vor der Schreibstube und rauchte seine kurze Pfeife. »Na, ihr Dioskuren?« fragte er freundlich. »Holt, wie sehn Sie denn aus? Ist Ihnen der Schock gestern so tief in die Galle gefahren?«
    Wolzow trat einen Schritt an Gottesknecht heran. Der Wachtmeister nahm die Pfeife aus dem Mund und zog ein eigenartiges, gespanntes Gesicht. Er blieb eine Weile schweigend stehen. Dann meinte er: »Es ist gut. Der Chef ist zur Untergruppe gerufen worden und noch nicht zurück …« Er rührte sich nicht vom Fleck. »Der … Führer lebt, sagen Sie?« – »Jawohl. Aber ein paar Generäle sind verletzt, Jodl, Heusinger, Admiral Voß, ich hab mir nicht alle Namen merken können …« Gottesknecht nickt abwesend, tief in Gedanken. Dann rückte er seine Mütze zurecht und verschwand wortlos in der Schreibstube. Wolzow sagte: »Beim Major, da wird der Chef vielleicht schon Einzelheiten erfahren.« – »Ich verstehdas alles nicht«, sagte Holt hilflos. »Denkst du, ich?« meinte Wolzow.
    In der Stube plärrte das Radio noch immer Marschmusik. Vetter und Gomulka stritten miteinander. »Und Badoglio?« schrie Vetter. »Wie war das bei Badoglio?« Gomulka machte eine abweisende Handbewegung. Er sah erschöpft und verfallen aus. »Hört doch mit dem Gequatsche auf«, sagte Wolzow. Er dämpfte die Musik. Holt saß verwirrt und apathisch auf einem Schemel. Ein paar Flakwehrmänner polterten durch den Korridor in die große Stube. Holt sah auf die Uhr, es war noch nicht acht. Wolzow fuhr ihn plötzlich an: »Sitzt der Kerl hier rum! Du bist mir ein schöner Geschützführer! Hast du denn deine Nachtbedienung schon beisammen?« Holt erhob sich widerwillig.
    Während der Leitungsprobe ging Gottesknecht von Geschütz zu Geschütz. »Sie bekommen einstweilen drei Mann von Dora, und Flakwehrmänner. Morgen früh wird neu eingeteilt.«
    Holt war so müde, daß er nur noch einen Gedanken kannte: Schlafen, mag kommen, was will! In der Stube warf er sich aufs Bett. Schon nach einer Stunde knuffte ihn Wolzow in die Rippen: »Raus! Gefechtsschaltung!« Der übliche schnelle Kampfverband flog über das Ruhrgebiet hinweg.
    Im Geschützstand warteten die Flakwehrmänner, die nun die Nachricht von dem Attentat in der Batterie verbreiteten. Vetter sagte: »Also, mir ist das jetzt restlos klar. Das sind diese Bolschewisten gewesen.« Wolzow meinte: »Und wie kommen die Bolschewisten ins Führerhauptquartier? Wo gibt’s denn so was!« – »Also dann waren das diese Kommunisten«, sagte Vetter.
    Einer der Flakwehrmänner sagte leise und gleichgültig: »Kommunisten? Deutsche Kommunisten? Die sind alle im KZ oder im Zuchthaus.« – »Da gehören sie ja wohl auch hin!« rief Wolzow scharf.
    Erst kurz vor Mitternacht meldete der Luftwarndienst den schnellen Kampfverband im Abflug über der deutschen Bucht. Wolzow und Holt zerrten die Persenning über die Kanone. Vetter sagte: »Die Flakwehrmänner sind komisch.« – »Proleten«, knurrte Wolzow.
    In der Stube drehte Vetter an dem kleinen Radio, aus dem noch immer

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