Abenteuer des Werner Holt
der Fahrzeuge hielt bei den Shermans vor der Stadt.
Wolzow brüllte den Laufgraben entlang: »Die Panzer … vorbeilassen!«
Die zehn Shermans rollten in rascher Fahrt die Landstraße hoch, näherten sich dem Ortseingang und drangen in den Flecken ein, sehr nahe an Holt und Wolzow vorbei. Die beiden Pak, in ihren gut gedeckten Stellungen im Gebüsch, begannen zu feuern.
Wolzow schrie: »In die Stadt! Schnell!«
Holt tauchte ins nahe Gebüsch, lief an einer feuernden Selbstfahrlafette vorbei, hörte stadtwärts Panzerfäuste detonieren, wieder und wieder. Dann hämmerten Maschinengewehre, Sprenggranaten donnerten in die Gärten, Obstbäume zerknickten, blühende Fliederbüsche segelten durch die Luft, ein Schuppen sprang in Fetzen, Feuer, Qualm. Holt rannte über die bebende Erde, erreichte die Hauptstraße, kletterte durch die Ruinen und stieg durch einen Kellergang in den ersten Bunker. Der Keller war verqualmt, durch das Fenster leuchtete gelber Flammenschein, ein paar Soldaten brüllten durcheinander. Jemand drückte Holt eine Panzerfaust in die Hand.
Draußen faßte sein Blick, wie im Traum, einen brennenden Panzer. Aber drei oder vier schossen Sprenggranaten in die Ruinen. Holt lief zur Hauptstraße. Zu seiner Linken, auf dem Marktplatz, flog ein Sherman in die Luft … Rechts ein brennendes Wrack, davor ein Panzer, der mit der Kanone in die Stadt hineinfeuerte.
Jemand warf sich neben Holt aufs Pflaster, das war Wolzow. »Geh ihn an, es ist der letzte!«
Holt lag unbeweglich. Er hatte das rasende Herzklopfen derTodesangst. Aber auf einmal war es vergangen, er spürte seinen Körper nicht mehr, als sei er schwerelos. In seinem Inneren sagte eine herausfordernde Stimme: Geh! Es ist die beste Lösung.
Er erhob sich. Einen imaginären Punkt suchen, festhalten mit dem Blick … und vorwärts, marsch! Er lief gegen den Panzer, fixierte die Walzenblende am Turm; er traf, und die Detonation schmetterte ihn zu Boden.
Ringsum war alles still, nur das Feuer brauste. Wenig entfernt stand ein Haus in Flammen. Holt wischte sich die Augen, die von Staub und Pulverdampf brannten.
»Die Infanterie sitzt ab!« schrie es, und dann: »Vier Panzer sind zurück zur Chaussee!«
Am Ortseingang, zwischen den Büschen, in einem Meer von Flammen, brannten die beiden Selbstfahrlafetten … Unteroffizier Winkler keuchte. »Die dritte ist heil … Und die beiden Besatzungen hier …« – »Scheiß auf die Besatzungen!« schrie Wolzow. »Die Kanone brauch ich! Die dritte Pak zurück in die Stadt!« Er stieß Holt in den Graben. Vetter kroch zu ihnen hin, mit einem Maschinengewehr. Holt sah, daß man hinter der Chaussee Granatwerfer in Stellung brachte. Die vier Shermans richteten ihre Kanonen auf die Häuser. Es heulte schon heran und schmetterte in die Stadt … »Laß sie angreifen!« sagte Wolzow. »Gegen ein Dutzend Maschinengewehre bergan über freies Feld! Vetter! Du führst den Zug aus der Stadt zum Gegenstoß …« Vetter kroch zurück. Wolzow brüllte Holt an: »Was ist denn mit dir los? Nimm doch das Maschinengewehr!«
Eine Rakete stieg gleißend empor … Was soll das? Wolzow drehte den Kopf zur Seite, sah nach oben, rutschte, erstarrt vor Schreck, von der Brustwehr in den Graben, und verkroch sich im sandigen Boden … Holt begriff nichts. Da brach das Gewitter los. Jagdbomber glitten über den Himmel, kippten über die Tragflächen und stießen herab, und entlang des Stadtrandes flog in Fontänen und dann in einer einzigen, zusammenhängenden Masse die Erde zum Himmel auf und schmetterte mit Stahl vermengt auf den Boden zurück, und der Boden bebte wie untervulkanischen Eruptionen … Schwarze Nacht, treibender Rauch, zum Himmel emporsteigendes Erdreich, das den Tag löschte, von rotem, rußigem Feuer und gelben Blitzen durchzuckte Nacht, Detonationen, Raketen, Bomben, dumpfes Gehämmer der Bordkanonen, verschmelzend zu einem einzigen Ton, den das Motorengeheul der niederstoßenden Maschinen überschrie … Holt lag bewegungslos, das Gesicht zum Himmel gekehrt, während rasend schnell die Bilder wechselten: vom Wahnsinn entstellte Gesichter, heranrasende Jäger, brüllende Einschläge, der Graben, der einstürzte, tonnenschwer niedergepreßtes Erdreich, bewegungslose Gestalten, und Feuer, überall Feuer … Das Grauen sickerte tiefer und tiefer in Holts Bewußtsein und löschte jede Regung. Sein Gesicht erstarrte in einer Grimasse.
Die Jagdbomber flogen ab.
Die Stille, die zurückblieb, füllte sich mit dem
Weitere Kostenlose Bücher