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Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Titel: Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Rammstedt
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Rammstedt
    Er wolle gern mal wieder eine Ausstellung besuchen, sagte
mein ehemaliger Bankberater. Andererseits, sagte er, besuchen die ihn ja auch
nie. »Ist doch wahr«, sagte er dann noch.

Sehr geehrter Herr Willis,
    los, fragen Sie. Fragen kostet ja angeblich nichts.
Deshalb machen das ja alle auch so oft. Deshalb kann ich mich vor Fragen gar
nicht mehr retten. (Wann ist das Buch fertig?, Brauchen Sie eine
Krankschreibung?, Was glauben Sie selbst, warum Sie so empfinden?, Habe ich
Ihnen das gestern nicht schon deutlich genug erklärt?, Willst du, dass ich die
Polizei rufe?, Ist Ihnen eigentlich klar, in was für große Schwierigkeiten Sie
sich damit bringen?, Warum denkst du eigentlich immer nur an dich?, Glauben
Sie, Sie sind unser einziger Autor hier?, Haben Sie kein Zuhause?, Wie viele
Finger sind das?, Wer zum Teufel ist da? Sag mal, hast du sie noch alle?)
    Aber ich habe auch gar nichts gegen Fragen. Auf Fragen kann man
immerhin antworten, zum Beispiel mit »Ich weiß es nicht.« Das passt eigentlich
immer.
    Also fragen Sie ruhig. Sie kennen ja die Antwort.
    Ihr
    Tilman Rammstedt
    Er wolle sich gerne das Rauchen wieder angewöhnen, sagte mein
ehemaliger Bankberater. Er bezweifele nur, dass er dazu gerade die Willenskraft
habe. »Es schmeckt mir einfach nicht«, sagte er. Er habe wirklich alles schon
versucht, aber da sei nichts zu machen. Seufzend kaute er auf einem Zahnstocher
herum. »Ich hätte gern etwas, das man schwer wieder los wird«, sagte er und sah
mich prüfend an. Ich wusste nicht, ob ich bestanden hatte, und wenn ja, wusste
ich nicht, was.

Sehr geehrter Herr Willis,
    ich weiß es nicht. Ich habe nicht die geringste Ahnung.
Ich weiß nur, was wir alles nicht haben. Wir haben keinen Plan, wie wir ins
Gefängnis hineinkommen. Wir haben keinen Plan, wie wir dort meinen Bankberater
finden. Wir haben keinen Plan, wie wir ihm einen Ausbruch schmackhaft machen, weil
wir dummerweise ebenfalls keinen Plan haben, wie wir mit ihm da wieder
rauskommen. Das ist mir alles klar, Herr Willis, also nerven Sie mich bitte
nicht damit. Im Gegensatz zum Rest von uns haben Sie ja zumindest einen Plan,
wie es danach weitergehen soll. Sie können dann nach Hause. Sie kennen schon
Ihr glückliches Ende. Das hier ist
für Sie doch nur so eine Art Urlaub, ein Praktikum, das in siebzehn Stunden
vorbei sein wird. Bitte behalten Sie also Ihre schlauen Einwände für sich,
seien Sie einfach mal kurz still. Ich muss mich konzentrieren. Wenn Sie sich
unbedingt nützlich machen wollen, suchen Sie nach einem handlichen spitzen
Stein, nach einer Eisenstange, nach irgendwas Schlagkräftigem, denn das können
wir wohl in jedem Fall gebrauchen, ganz gleich, wie der Plan nun aussieht.
    Sie murmeln etwas, das ich wahrscheinlich gar nicht verstehen soll,
und suchen dann tatsächlich lustlos den kleinen Grünstreifen ab, während ich
mit zusammengekniffenen Augen das Gefängnis betrachte, als würde sich dadurch
irgendwo eine Lücke auftun, als könnte mein Blick durch Stacheldraht schneiden,
durch Mauern brechen, Türschleusen umgehen, Wachmänner ausschalten. Ich weiß,
dass er das nicht kann, Herr Willis, das müssen sie mir nicht erst erklären.
Suchen Sie lieber in Ruhe weiter nach dem Stein, und wenn Sie einen gefunden
haben, suchen Sie einfach noch einen.
    Mein Blick hält sich nur noch mühsam auf den Mauern, immer wieder
schweift er ab, in den Himmel, auf den Boden, zum toten Hund, auf meine
Fingernägel. Die ganze Zuversicht der letzten Stunden ist versickert, und
nichts ist ernüchternder als das. Nichts legt sich so klebrig auf Füße, auf
Schultern, auf jeden müden Gedanken wie ein Ziel, das man schon sehen kann, von
dem man aber ahnt, dass dort nichts zu Ende sein wird.
    Und umso dringender will ich es jetzt erreichen. Ich weigere mich
einfach, ernüchtert zu werden. Nichts darf hier ungefragt versickern. Und ich
weiß, es sollte nicht überraschen, dass Gefängnisse gut verschlossen sind, aber
dennoch bin ich empört darüber, wie gewissenhaft hier Wert darauf gelegt wurde.
Ich bin empört über den fehlenden Sportsgeist. Ich bin empört darüber, dass
einem nicht einmal der Hauch einer Chance gelassen wird. »Es hilft alles
nichts«, rufe ich Ihnen zu. »Wir brauchen einen Hubschrauber.« Sie prüfen
gerade einen Stein in Ihrer Hand und werfen ihn wieder weg. »Wozu?«, fragen Sie
und haben natürlich recht, ein Hubschrauber allein bringt wenig. Man muss ihn
auch steuern können, man braucht Flugstunden oder einen

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