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ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition)

Titel: ABGEFAHREN: Auf dem Rad durch Deutschland - mit wenig Geld und viel Gepäck (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Storck
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Angst an mir, weil ich nur noch rund 70 Euro in der Reisekasse hatte. Das Geplänkel geht noch hin und her, die Jungs wollen mir eine andere, total veraltete Karte schenken, was ich dankend ablehne, bis ich die Faltkarte für Radwege in Kassel und Umgebung für 6,80 Euro dann kaufe. Ich möchte gerne noch einen Lageplan zur Documenta, die in Kassel gerade läuft. Aber der ist gerade nicht vorrätig …
    Schimpfend ziehe ich Leine – und los zum Handwerkermarkt, wo ich Maritas Bekannten Stefan Euler und seinen Stand finden will. Erst als ich bei Marita noch mal per Handy anklingle und nach optischen Merkmalen frage, werde ich fündig. Ich stelle mich Stefan vor, erzähle ihm von meiner Tour und von Marita – und er empfängt mich, als ob er mich erwartet hätte. Er und seine Freundin Petra Pütz betreiben auf dem Markt einen schönen Stand mit Edelsteinen, Schmuck und diversen Artikeln aus Filz. Klar dürfe ich im überdachten Marktstand schlafen, allerdings leckt das Dach aus Jute-Decken schon an einer Stelle. Mein Rad kann ich auf dem Markt abstellen. Wir verabreden uns für den Abend und wollen zu „Rock gegen Rechts“ gehen.
    Nun habe ich Zeit, Kassel zu entdecken. In der Innenstadt auf dem Friedrichsplatz blüht roter Klatschmohn auf riesigen Feldern. Es mutet komisch an, wie sich alle darauf stürzen und mit ihren Kameras vor den Blumen in die Knie gehen. In echt in der Natur ist das alles noch viel üppiger und schöner, möchte ich den Blumenbeet-Bummlern zurufen. Und werde doch auch heftig Mohn-süchtig, so dass ich eine Frau bitte, mich in dem Blumenmeer zu fotografieren. Es entsteht ein Foto, das für mich zu einer der schönsten Tour-Erinnerungen wird.
    Ich schlendere weiter. „Gnädige Frau, haben Sie wohl ein paar Euro für mich?“, fragt mich höflich ein Mann. „Nein, ich brauche selbst welche“, antworte ich. Allerdings fehlt mir zum Jobben inzwischen die Kraft, allmählich machen sich die über 2000 Kilometer bemerkbar. Aber bis nach Hause liegen noch rund 350 Kilometer vor mir. Während ich mich solch düsteren Gedanken hingebe, laufe ich auf die Lösung meines Problems zu. Das „Free Mobil“, ein mit Graffitis besprühter Wohnwagen, steht am Friedrichsplatz. Margret Jany und ihre Mitstreiter von der überkonfessionellen christlichen Drogeninitiative verteilen Lebensmittel und schenken Kaffee aus an Junkies, Berber und andere Menschen von der Szene. Ich halte zunächst noch Abstand, schaue zu, traue mich erst nicht, nach Lebensmitteln, die von der Kasseler Tafel sind, zu bitten. Ich bin ja nicht ernsthaft bedürftig. Doch dann gebe ich mir einen Ruck und frage. Eine Mitarbeiterin packt mir eine Tüte voll mit Baguette, verschiedenen Brötchen, Kiwis, Gurken, Äpfeln, sogar eine Papaya ist dabei. Ich zahle dafür symbolisch 50 Cent und fühle mich steinreich. Alles schmeckt köstlich, und die Vorräte reichen ein paar Tage. Meine blöden kleinlichen Geldsorgen vom Nachmittag sind verflogen, ich kriege das schon hin bis zur Heimkehr.
    Zurück zum Marktstand und zu Petra und Stefan. Weitere Regenschauer im Verlauf des Nachmittags haben dem Stand zugesetzt. Das Paar erlaubt mir deshalb, in seinem Laden „archaic-arts“ in Kassel zu übernachten. Ich bin happy. Die beiden erwägen, am nächsten Tag vor dem miesen Wetter zu kapitulieren. Also müssen alle Waren eingepackt werden. Als alles verpackt ist, fahren wir zum Geschäft der beiden in der Friedrich-Ebert-Straße, die nur wenige Kilometer entfernt liegt. Petra und Stefan tuckern vor mir her, doch kurz vorm Ziel gerate ich mit dem Vorderreifen in eine Straßenbahnschiene und stürze. Ich rapple mich auf, mein rechter Knöchel tut weh, aber sonst ist nichts passiert. Und hinein in „archaic-arts“. Das Geschäft wirkt wie ein Ort aus 1000 und einer Nacht. Ob Malachit, Aquamarin, Saphir, Onyx, Rosenquarz – Edelsteine über Edelsteine funkeln in den verschiedensten Farben in Körben und Schalen, in Vitrinen ist schöner Schmuck ausgestellt. Eine Waschmaschinentrommel ist mit Filz bespannt und dient als Tisch, auch die mit buntem Filz verkleideten Stühle sind ein Zeichen dafür, wie gut Petra dieses Handwerk beherrscht.
    Ich bin begeistert von meiner nächtlichen Bleibe – und von Petras und Stefans Vertrauen und Gastfreundschaft einer wildfremden Frau gegenüber. Das Paar lebt auf einem Bauernhof in Zierenberg in der Nähe von Kassel. Petra ist Kunsttherapeutin und Ergotherapeutin und arbeitet in einem Therapiezentrum und Wohnheim für

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