Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)
Mittagspause, und vor acht komme ich hier nicht raus … Wenn ich denn wenigstens um acht rauskäme, schlimmer als ein Metallarbeiter. Ich bin ein Subalterner, und was für ein Subalterner ich bin, so behandelt man nicht einmal seinen Hund. Sag du doch mal, ob das nicht eine verdammte Abhängigkeit ist. Von wegen freie Mitarbeit.«
Ich schaue ihn verstört an. Giovannino, der ewig Lächelnde, stets Motivierte, grenzenlos Belastbare.
»Wenn das wenigstens alles wäre«, fährt er fort. »Versicherung Fehlanzeige, Vertrag Fehlanzeige, Essensmarken Fehlanzeige, Krankfeiern Fehlanzeige, garantierter Urlaub Fehlanzeige, alles Fehlanzeigen, und wenn einem Partner etwas auf den Sack geht, schickt man mich von einem Tag auf den anderen nach Hause. Sie können das tun, und ob sie das können. Vergiss den Kredit, vergiss alles.«
»Giovannino«, sage ich. »Beruhige dich.«
Meine Stimme kann eine gewisse Erregung nicht verbergen. Das Bild, das er entworfen hat, könnte auch von Eleonora stammen. Das ist alles nichts Neues, klar, aber es so unverblümt aus dem Mund eines Kollegen zu hören, erzeugt ein gewisses Unbehagen.
Und Giovannino ist noch nicht am Ende.
»In Wahrheit sind wir alle Feiglinge«, fährt er fort und drückt Nicolas Arm. »Alle. Immer bei Fuß. Dabei müssten wir uns auflehnen.«
»Sicher doch, Giovannino. Lass uns aus Gesetzbüchern Barrikaden errichten. Du fantasierst.«
»Willst du weiter deinen Kopf hinhalten?«
»Damit hat das nichts zu tun. Du musst nur begreifen, dass …«
»Es bedarf einer Geste der Rebellion gegen das System.«
»Giovannino, die rebellischste Geste deines Lebens war es, deinen Hund Klistier zu nennen.«
Giovannino lacht los, laut und plötzlich, klammert sich an ein Regal, reißt ein paar Akten herunter, bückt sich, um sie aufzuheben, und versucht, die letzten Zuckungen unter Kontrolle zu bringen. Ich bin verdattert.
»Ist das nicht total lustig? Nun sag schon«, verkündet er, bevor er sich gut gelaunt wieder auf den Weg macht. Die Revolution scheint aufgeschoben.
»Andrea.«
Nicola meldet sich wieder zu Wort.
»Es reicht«, brülle ich. »Schluss! Was ist denn jetzt noch?«
»Wie findest du Valentina?«
»Valentina?«
»Deine Sekretärin.«
»Meine Sekretärin?«
»Genau die«, bestätigt Nicola und nickt entschieden.
»Was zum Teufel hat Valentina damit zu tun?«
»Sie ist hübsch, nicht wahr?«
»Nein … Ja«, stammle ich. »Ja, sie ist hübsch. Aber wieso? Wieso?«
»Nur so, pour parler .«
»Nicola, verdammte Hacke, für pour parler habe ich heute keine Zeit, verstehst du? Ich muss einen Vertrag aufsetzen. Giuseppe schreibt mir unentwegt E-Mails. Dieser Idiot von Giovannino kommt mir mit seinen gewalttätigen Fantasien und lacht sich dann über mich armen Hund scheckig. Deine Einfälle werden von Mal zu Mal schlimmer. Versuch doch mal, mich zu verstehen. Bitte.«
»Ollallallallà. Wir sind hypernervös, was?«
»Hypernervös? Aber …«
»Brauchst du die Serviette?«
»Nein … Nein.« Ich schaue ihn verblüfft an. »Die ist vom Mittagessen, nimm sie nur.«
»Danke.«
Ich konzentriere mich wieder auf den Vertragstext und presse meine Finger gegen die Schläfen.
»An sh rea.«
Ich schaue hoch und reiße die Augen auf. Nicola hat die Backen aufgeblasen. Aus seinen Mundwinkeln schauen zwei weiße Zipfel heraus.
»Hallo. I sh bin der Pate. I sh werde dir einen Vor sh lag unterbreiten, den du unmögli sh ablehnen kann sh t.«
Er zupft die Papierfetzen aus dem Mund. Ich verschränke die Hände im Nacken und klemme meinen Kopf zwischen die Unterarme.
»Ach, ganz vergessen«, sagt Nicola und entledigt sich der Serviette. »Willst du den Namen wissen, den ich mir für das Forum gegeben habe? Das mit dem Fußballturnier?«
Ich presse meine Ellbogen an den Kopf.
»Condor.«
Auf einen Kaffee
»Sag, was du willst, aber die Farolli gefällt mir.«
»Die Farolli? Ist das die aus dem employment ? Ja, die ist hübsch.«
»Nein, schön. Und sympathisch. Mir gefällt sie. Und ich denke, dass ich ihr auch gefalle.«
»Du? Soll das ein Scherz sein?«
»Gestern habe ich ihr etwas gemailt, und sie hat sich mit einem Smiley bedankt. Einem Smiley, verstehst du?«
»Na ja, gewiss, das ist schon ein kleines Zeichen.«
»Das ist kein kleines Zeichen, das ist eine deutliche Botschaft. Smiley, Lächeln, Intimität. Gib zu, dass es eine deutliche Botschaft ist. Ich habe mir übrigens mal den timetable angeschaut, den Giorgio geschickt hat.«
»Ich habe nur
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