Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)
ist.«
»Sag es nicht.«
Tuuut .
»Neil Foreman and Franz Kurtvoegel.«
Tuuut .
»Hi.« Die Stimmen überlagern und vermischen sich.
»Hi, everybody.«
»Hi, hi.«
Tuuut.
»Ahmed Assalat.«
Tuuut .
»Wer fehlt noch?«, fragt Donato. Seine Stimme klingt ungeduldig.
»Giuseppe. Nur Giuseppe, glaube ich.«
Lange Pause. Huster. Ein Blatt wird zusammengerollt. Irgendjemand fummelt am Apparat herum, flüstert. Gegen Viertel nach zehn erklingt das Signal, das den letzten Teilnehmer ankündigt.
Tuuut .
»Sobreroni, Giuseppe.«
Tuuut .
»Seid alle miteinander gegrüßt. Entschuldigt die Verspätung, aber hier in Rom ist fantastisches Wetter. Ich habe am Pantheon Fisch gegessen. Lasst uns beginnen. Entschlossen. Aggressiv. Einen hervorragenden Zackenbarsch.«
Dubai, Mailand, Rom, Treviso. Der conference call gewinnt sofort an Schärfe und kommt schnell zum Punkt: Details klären, Fristen festlegen, Verantwortlichkeiten zuweisen.
» We would like to know … «
»Aber hatten wir nicht gesagt, dass wir wie beim Caronte-Project vorgehen?«
»Da ist der issue mit den beiden Lizenzen, die entzogen wurden, und die schwebende Strafsache wegen des Logos, das an eine Penetration erinnert.«
» We have no time. No fucking time. «
»Die Finanzierung?«
»Ich habe hier aber eine deftige Rückzahlung.«
»Der Vertrag müsste praktisch finalized sein. Morgen wird er in Umlauf gebracht.«
» Who the fuck is this Caronte? «
»Wann werden wir einen updated draft bekommen? Tomorrow? «
»Davon hat uns nie jemand in Kenntnis gesetzt.«
»Die Dinge, die hier zur Sprache kommen, packen wir alle in eine kleine Liste und schicken sie dann intern herum. Internally auf Englisch.«
» Very bad. «
Ich schreibe mit, notiere Fristen, halte Hinweise fest. Donato gibt den aufgeklärten Herrscher, der in alte Gewohnheiten zurückverfällt, und ist wechselweise versöhnlich und vollkommen außer sich. Er brüllt Sätze wie Das hätte ich alles eher wissen müssen, okay, okay, der reine Wahnsinn . Giuseppe hält dagegen und richtet es so ein, dass allen klar ist, wer im Zweifelsfall Schuld hat, ich nämlich, was er natürlich wusste, was er ja immer schon gesagt hat. Die Wortwechsel sind schnell, die Ausfälle gnadenlos, die Diskussion unerbittlich, und jeder versucht, seinen Senf dazuzugeben, seinen Beitrag zu leisten, mit der rettenden Idee aufzuwarten. Keine Sekunde Pause ist uns vergönnt, keine Rast, kein Innehalten. Bis zu einem bestimmten Moment.
BURRRRRRP
Ein unnatürliches Schweigen verbreitet sich in den Leitungen. Zwei, drei endlose Sekunden lang wird geflüstert und gekichert, dann konzentriert sich der Streit langsam wieder auf den Punkt, an dem er unterbrochen worden war, man tut so, als wäre nichts gewesen, und der conference call nähert sich rasch dem Ende.
Ein knapper Abschied. Mit einem Seufzer der Erleichterung werden die Hörer aufgelegt. Ich warte einen Moment und erhalte den abschließenden Anruf von Giuseppe, der sich mit mir über das Gesagte verständigen möchte. Nach einer kurzen Diskussion kommen wir zur entscheidenden Frage.
»Endru, was glaubst du, wer das war?«
»Der Rülpser?«
»Was sonst?«
»Der Deutsche, würde ich sagen. Franz natürlich.«
»Der Deutsche, klar«, bestätigt er. »Das habe ich auch gedacht.«
»Klar, der Deutsche.«
»Typisch deutsch. Bis morgen.«
»Bis morgen, Giuseppe.«
Mittlerweile ist es nach elf. Ich fühle mich vollkommen erschöpft und beschließe, die Änderungen an dem Vertrag auf morgen zu verschieben. Punkt Mittag muss er raus , überlege ich. Wenn ich morgen früh um sechs hier bin, habe ich noch alle Zeit der Welt . Das rede ich mir ein, während ich das Jackett anziehe und mich darauf einstelle, nach Hause zu gehen. Ich sortiere ein paar Papiere, räume schnell den Schreibtisch auf und schaue dann Nicola an, der die Hände auf der Weste verschränkt hat und mit einem unschuldigen Lächeln zurückschaut. Mein Blick bleibt auf ihm ruhen, als ich die leere Cola-light-Dose von seinem Schreibtisch nehme, sie demonstrativ schüttele, den Mund verziehe und sie in den Papierkorb werfe.
»Du bist ein Schwachkopf.«
»Das ist mir rausgerutscht.«
»Du bist trotzdem ein Schwachkopf.«
»Aber wenn es mir doch rausgerutscht ist.«
»Geh zum Teufel. Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Andrea.«
Als sich die Fahrstuhltüren hinter mir schließen, hallt ein Satz durch die leeren Flure des dritten Stockwerks von Flacker, Grunthurst and Kropper.
»Aber es ist
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