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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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Keim. Ein paar Sekunden lang hört er schweigend zu, dann wird seine Miene verdrießlich, schließlich schüttelt er den Kopf und spuckt ein Sorry ? aus, das Boraletti buchstäblich erzittern lässt.
    »U like, äh, Udine«, sagt Boraletti. »N like Napoli, F like Firenze …«
    Die Sitzung verläuft ohne große Überraschungen.
    Zeus Investments: Donato ist seit Rashids Erscheinen wie abwesend, murmelt vor sich hin und dreht am Ziffernblatt seiner Uhr, ein unheimliches Schnurren, das die gesamte Sitzung begleitet. Giuseppe verlässt ständig den Raum, weil er angeblich dringende Telefonate zu erledigen hat. Cardellini macht sich wie ein Verrückter Notizen und kaut auf seinen Lippen herum. Tiziano benimmt sich wie ein Schüler auf einem Klassenfoto und rührt sich nicht.
    Meyon & Tolsen: Boraletti gibt sich weiterhin international, benutzt komplizierte Wörter, die er dank der willkürlichen Verteilung von Betonungen entstellt, sagt yeah, yeah , sobald ihn jemand unterbricht, und hebt gelegentlich die Hände, um Gänsefüßchen in die Luft zu malen. Nathan folgt der Sitzung aufmerksam und rollt seine bordeauxfarbene Krawatte mit den grünen Streifen auf. Der Ingenieur Carugato präsentiert auf Verlangen Grafiken, Statistiken und Tortendiagramme. Emily spielt mit einem kleinen Stoffelch.
    Rashid ist es, der meine Neugierde erregt. Nachdem der gefürchtete Verhandlungspartner zunächst ein gewaltiges Aggressionspotential signalisiert hatte, sitzt er nun ruhig in der Ecke, hat die Hände unter die Achseln geschoben und hält seine lebhaften Augen unentwegt auf Boraletti gerichtet.
    »Lasst uns einen Moment zur condition precedent zurückkehren«, sagt der soeben und wechselt unvermittelt ins Italienische. »Klausel vier Punkt fünf römisch zwei klein f. Nathan hat mich richtigerweise darauf hingewiesen, dass man das Wird derart geregelt, dass durch ein Tut alles dafür, dass ersetzen müsste …«
    » Reasonable …«, fällt Nathan ihm ins Wort. » Reasonable effort .«
    »Korrekt – thank you, Nathan –, also durch ein Tut alles sinnvollerweise Erwartbare dafür, dass undsoweiterundsofort. Das erscheint mir angemessener. Es wäre ein wenig übertrieben zu denken, dass man uns eine solche Verpflichtung aufbürden könnte.«
    »Einen Augenblick mal, Franco«, sage ich und lege die Hände in einer Weise auf den Tisch, die ich für professionell halte. »So verwandeln wir aber die Verpflichtung zu einem Ergebnis in eine Verpflichtung zu bestimmten Mitteln.«
    »Korrekt. Ich sage es noch einmal: Ein anderes Vorgehen würde mir übertrieben vorkommen.«
    Ich öffne die lindgrüne Mappe und fange an zu blättern. Zwischen kommentierten Fotokopien, karierten Blättern voller Notizen und Zetteln, die aus Blöcken herausgerissen wurden, finde ich die Seite, die ich gesucht habe.
    »Nein, Franco, warte. Diese Klausel hatten wir bereits beschlossen. Die Überlegungen waren genau dieselben, daran erinnere ich mich noch gut, und am Ende haben wir die Verpflichtungen eurer Bank präzisiert. Allerdings hatten wir die Klausel als Verpflichtung zu einem Ergebnis verstanden. Das habe ich mir auch aufgeschrieben. Hier.« Ich wedle mit einer verknitterten Seite. »Uns interessiert nicht das Bemühen , uns interessiert das Resultat .«
    »Aber Nathan hat richtigerweise …«, versucht Boraletti einzuwenden.
    »Nathan«, unterbreche ich ihn, »hat zur Kenntnis zu nehmen, an welchem Punkt wir bei den Verhandlungen angekommen sind. Wenn wir uns auf so etwas einlassen, Franco, stehen wir irgendwann wieder ganz am Anfang.«
    Während ich noch rede, bemerke ich, dass sich Rashid auf seinem Stuhl windet, als würde irgendetwas in ihm nach außen drängen. Plötzlich steht er auf und kommt auf mich zu. Der Ingwergeruch wird unerträglich.
    » What? «, zischt er.
    Ich erläutere den Punkt und fasse zusammen, was Boraletti fordert, was Nathan befürchtet und was wir in Mailand beschlossen haben, und während ich noch rede, verwandelt sich Rashids Gesichtsausdruck in eine Maske der Verächtlichkeit. Lautstark zieht er durch die Nase Luft ein und setzt mühsam seine Körpermassen in Bewegung, bis er am anderen Tischende die angespannte Miene von Boraletti in den Blick bekommt.
    » You «, schreit er und zeigt mit dem Finger auf ihn. » Never, never, never. « Die Schreie hallen im Raum wider. Dann holt Rashid aus dem Stifthalter vor mir einen goldfarbenen Bleistift, klemmt ihn zwischen Zeige- und Mittelfinger, knallt mit der Hand auf die

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