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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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der anderen Seite knien ein paar Araber auf alten Matten und sind ins Gebet versunken. Sie verbeugen sich in Richtung der Frauen, in Richtung eines Mekka, das weit jenseits von ihnen liegt. Tiziano lässt sich nichts entgehen und beendet das Telefonat.
    »Okay«, sagt er und zeigt auf die knienden Araber. »Ich verstehe ja diesen Kult um das weibliche Geschlecht. Hier übertreiben sie es aber. Diese Gesten haben etwas Theatralisches.«
    Ich wechsle den Trolley von der rechten in die linke Hand und schlage ihm mit der flachen Hand in den Nacken.
    »Tiziano«, sage ich. »Wenigstens du. Bitte tu mir den Gefallen.«
    In der zweiten Limousine, die uns ins Hotel bringt, bereitet Donato uns darauf vor, was uns erwartet – das Dionysus’ Ivy Hotel, die Perle unter den Hotels von Zeus Investments. Dort haben unsere Delegation und jene von Meyon & Tolsen die Ehre, Gäste sein zu dürfen. Der Wagen hält vor einer riesigen Pflanzenskulptur mit den Zügen eines Riesen, aus dessen Oberschenkel ein Kind mit gewundenen Hörnern hervorschaut.
    »Da wären wir«, sagt Donato und breitet die Arme aus. »Der Gipfel dessen, was der Mensch erschaffen kann. Eine Welle in der Wüste. Gold im Sand. Luxus, der zur Natur wird.«
    »Wahnsinn«, bestätigt Giuseppe.

35
    Ich wache auf, weil aus den Lautsprechern einer in die Wand über dem Bett eingelassenen Stereoanlage eine sanfte Melodie dringt, die ich nicht kenne, die aber ständig wiederholt, dass im Lichte des Tages nichts ist wie zuvor . Mit einiger Mühe öffne ich die Augen und versuche zu begreifen, wo ich bin. Ich wälze mich in meinen Kissen herum und erkunde den Raum. In einem Metallregal stehen Kunst- und Fotobände. Der Mac auf dem elfenbeinfarbenen Schreibtisch ist angeschaltet. Dann sehe ich einen meterhohen Kaktus, einen Stapel Kissen an der Wand, drei gelbe Sesselchen, die um ein barockes Tischchen herumstehen, ein paar schwarze Würfelchen und ein Aquarium. Als ich vor dem großen Fenster im Lichte der durch die Läden eindringenden Sonnenstrahlen den Umriss einer Wasserpfeife erkenne, kehrt die Erinnerung zurück, und ich würde am liebsten wieder einschlafen. Ich strecke ein Bein aus und mache Anstalten aufzustehen. Der Fuß rutscht über die Matratze, findet aber kein Ende, also setze ich mich auf, betrachte die Kissenlandschaft und versuche zu ergründen, für wie viele Leute das Bett gedacht ist. Unter der Dusche werde ich in einer weiträumigen, mit weichem Kunstrasen ausgelegten Kabine von allen Seiten mit Wasser bespritzt. Donatos letzte Worte fallen mir wieder ein – »Jetzt sollten wir aber ins Bett gehen. Morgen um acht treffen wir uns im Foyer. Dann bringe ich euch in den Olymp« –, und ich verlasse das Zimmer.
    Im Foyer herrscht Chaos. Nadelstreifenanzüge mit feinsten Streifen schieben sich vor dunkle Kostüme, Absätze klappern auf dem edlen Steinfußboden, sportliche Jacketts halten schnurstracks auf den Golden Breakfast Room zu, Gepäckträgeruniformen schleppen kleine Taschen und große Koffer, Sonnenbrillen nehmen sich die Zeit, die mit Pflanzen zugerankte Decke zu bewundern, Handys bringen ihre raffinierten Klingeltöne zu Gehör, Blackberrys spucken die über Nacht empfangenen E-Mails aus, was an den Münzregen eines Spielautomaten erinnert, eine stets wachsende Zahl an Koffern lässt sich herbeischleppen und in Wagen mit getönten Scheiben verstauen, etliche Trolleys ruhen sich in den Ecken aus, abgelegte Halstücher leisten ihnen Gesellschaft, während ein Höschen unter einem Re-Leone-Shirt hervorschaut, verloren in den künstlichen Strom blickt und nach seiner Mama ruft. Ich nehme auf einem Sofa Platz, neben einem Mann, der in einer Zeitung blättert und vollständig von dieser verdeckt wird. Er trägt eine Leinenhose und Slipper ohne Socken, die Beine sind übereinandergeschlagen. Das Rosa der Zeitung ist unverwechselbar.
    »Giuseppe.« Ich berühre sein Knie. »Bist du es?«
    Der Mann lässt die Zeitung sinken.
    »Endru. Da sind wir ja.«
    »Mein Gott, Giuseppe«, sage ich und falte die Hände über dem Kopf. »Was für ein Hotel.«
    »Ja, nett. Hast du das gelesen? Kakà ist verletzt.«
    Der von Donato versprochene Olymp ist die Mall of the Gods : 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr geöffnet, 1 000 000 Quadratmeter auf 7 Ebenen, die mit einer Gesamtzahl von 2000 Geschäften den wichtigsten Marken der Welt Platz bieten, außerdem 1 Kino mit 18 Sälen, 3 Spielcasinos, 1 Wasserspielplatz und 9 Schwimmbecken, 1 Zoo, 3 Skipisten, 2 Moscheen,

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