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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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den Grad seiner Trunkenheit aussagen als seine unbeholfenen Gesten, einen Moment lang unentschlossen. Desorientiert schaut er in der Gegend herum und starrt dann auf die Spitze der Pyramide.
    »Dieses verdammte Himmelblau«, murmelt er und krallt sich an der Tischdecke fest. »Viel zu viel Zeit hat er gebraucht, um dieses verdammte Himmelblau zu verstreichen.«
    Nach einem Zimtsorbet, einer Flasche Kürbisschnaps und einer Runde Himbeeren, die sich jeder Gast frisch vom Pflänzchen pflücken durfte, kehren wir ins Hotel zurück.
    Bevor wir die Rolltreppe zur Rezeption hochfahren, bleibt Giuseppe plötzlich stehen.
    »Wir …«, sagt er und legt Donato eine Hand auf die Schulter, »… bleiben hier draußen und rauchen eine Zigarre, um diese tausendunderste arabische Nacht ausklingen zu lassen.«
    Seine Augen funkeln, als er sich mit einer schnellen Geste verabschiedet, mir kräftig auf die Schulter klopft und Emily gegenüber nachlässig einen Handkuss andeutet.
    Die Gruppe zerstreut sich. Ich halte Emily zurück und bedeute ihr zu warten, bis die anderen fort sind.
    »Emily«, sage ich. »Du willst doch nicht wirklich jetzt schon schlafen gehen?«
    »Du wirst das sicher verstehen.« Sie schaut auf die Uhr. »Es ist zwei Uhr. Ich bin seit heute Morgen um drei auf den Beinen. Dann der Flug. Dann sofort die Sitzung, was schließlich eure Idee war. Und zu guter Letzt noch das Essen. Ich hatte schon Angst, dass gleich am Strand das Lagerfeuer angezündet wird und Giuseppe zur Gitarre greift.«
    »Zwei oder drei«, rufe ich in jugendlichem Überschwang. »Wir sind in Dubai, Emily.«
    »Ja genau«, bestätigt sie geistesabwesend. »Wir sind in Dubai. Um das Projekt abzuschließen. Morgen um acht sitzen wir schon wieder in einer Sitzung.«
    »Um … acht?«, frage ich überrascht. »Aha.«
    »Um acht.« Sie gähnt, öffnet ihre Tasche und kramt darin herum. »Also? Gehen wir schlafen?«
    »Aber nein.« Ich protestiere, während Emily auf die Aufzüge zugeht. »Du weißt doch, dass hier in Dubai jeden Tag Silvester ist? Knaller, Konfetti, Heiterkeit.«
    »Welcher Stock?«, fragt sie, als sie auf den Knopf für den Aufzug drückt und die Magnetkarte für ihr Zimmer aus der Tasche holt.
    »Sechster«, sage ich und senke den Blick.
    »Ich bin im fünften.« Sie hebt eine Hand. »Erweist du mir die Ehre, mich zu begleiten?«
    »Zur Stelle«, rufe ich, winkle den Ellbogen an und reiche ihr den Arm.
    Hinter mir räuspert sich Tiziano und schließt sich uns an.
    »Ich wusste gar nicht, dass Giuseppe raucht«, sagt er, als wir den Aufzug betreten und Donato und Giuseppe in der Ferne in ein Taxi steigen.
    Very beautiful women , denke ich.
    Madame Maîtresse.
    »Gelegentlich«, sage ich. »In Gesellschaft.«

38
    Die Loungemusik, die den Frühstücksraum erfüllt, ist dieselbe, die in den Telefonleitungen von Flacker, Grunthurst and Kropper die Wartezeiten überbrückt – ein Wohlklang, der Ruhe, Entspannung und Vertrauen in die Erholung der Märkte zum Ausdruck bringt. An den Tischen sitzen gruppenweise respektable Geschäftsmänner, speisen frisch gebackene Konditoreiware und erlesenen Käse und stellen die gelangweilte Miene von Menschen zur Schau, die mit bestimmten Formen von Luxus vertraut sind und nicht viel Aufhebens darum machen wollen. Wir – die Delegation von Zeus Investments – wurden an einen Tisch gesetzt, auf dem das Schild reserved wie ein Warnschild an einem Hochspannungsmast ins Auge springt. Donato kommt als Letzter. Seine Augen sind verkrustet, und die Krawatte schaut unten aus dem geschlossenen Jackett hervor.
    »Donato, mein Lieber«, begrüßt ihn Giuseppe. » Bonjour , bonjour .« Er lächelt und klopft auf den Stuhl neben sich. »Setz dich, Donato. Setz dich zu mir. Die alten Löwen versammeln sich zum Festmahl.«
    Donato nickt, lässt sich zu einem Lachen hinreißen und schaut dann wieder düster vor sich hin.
    » One long coffee for my friend «, ruft Giuseppe einer gestärkten weißen Schürze zu, in der sich ein Filipino verkriecht.
    »Sehr long «, nuschelt Donato, bevor er wieder ungeniert gähnt.
    Die Atmosphäre ist entspannt. Beim Duft von frisch aus dem Ofen gezogenen Brot und dem Klirren der Kaffeelöffel scheint sich niemand Gedanken über die nächste Verhandlungsrunde zu machen. Wo waren wir stehen geblieben? Bei Beschimpfungen, wenn ich mich recht entsinne. Und bei Schreien, einem Hieb auf den Tisch, einem zerbrochenen Bleistift. Ach ja, und einem ausgestreckten Zeigefinger. YOU . Niemand

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